MAK
Seite 76 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 5 
Man hat an die heimischen Lehranstalten geschrieben und geo 
logische Aufklärung und. Karten erbeten. Überall fanden sich 
sachverständige Leutnants, Unteroffiziere und Mannschaften, 
die Fundplätze zu entdecken, die den Sammeleifer zu beleben 
und zu organisieren verstanden. Und was tut man mit den also 
ergrabenen und ersammelten Steinen und seltsamen Gebilden ? 
Die schickt man an das jedem Schwaben bekannte und von der 
Schule her ans Herz gewachsene „Naturalienkabinett in Stutt 
gart“, allwo Meister Fraas die Sichtung und Ordnung weiter 
hin schon besorgen wird. Das hat er auch getan, und so beher 
bergt in gegenwärtiger rauher Zeit dieses altberühmte natur 
wissenschaftliche Stuttgarter Museum eine friedliche Sammlung 
von „Kriegsversteinerungen“, die namentlich für die zahl 
reichen Verwundeten eine Fülle von Belehrung und Anregung 
bietet. Hoffentlich bleibt sie auch über den Krieg hinaus als 
besonderer Teil der großen geologischen Sammlung erhalten und 
als Denkmal deutscher — Barbarei in dem Völkerkrieg. 
(Eine Kunstausstellung in Brüssel.) Aus Brüssel 
wird berichtet: Um der Not unter den nicht in das Ausland 
geflüchteten belgischen Malern und Bildhauern nach Kräften 
zu steuern, wurde der Kriegszeit zum Trotz eben hier ein Salon 
des Beaux Arts eröffnet, der durch eine Tombola, in der jedes 
Los gewinnt, das Publikum zum Besuch und zu Ankäufen 
anzuregen sucht. Unter den Ausstellern begegnen wir einer 
Reihe der bekanntesten Namen der belgischen Malerei: Laer- 
mans, Alfred Verhgeren, Paul Mathieu sind durch 
ausgezeichnete Arbeiten vertreten; auch Freddric, Khnopff, 
Frau Gilsoul-Hoppe, die die Motive für ihre Aquarelle 
sonst so gern in Dixmuiden und Nieuport suchte, von den 
Bildhauern besonders Paul Dubois und De Vreese haben 
sich beteiligt. In belgischen Künstler kreisen war man gespannt, 
zu erfahren, wie sich die „Barbaren“ zu ihrem Unternehmen 
stellen würden. Gleich am Eröffnungstag bemerkte man 
mehrere deutsche Uniformen, und das erste Bild, das ver 
kauft wurde, hatte einen deutschen Liebhaber gefunden. 
(W ertvolleAltertumsfunde) wurden in S tr aß b u r g 
und in der Gegend von Saarburg gemacht. Bei den 
Armierungsarbeiten im Festungsbereich von Straßburg wurden 
eine Reihe alter Gräber, deren Ursprung bis auf die ältesten 
Zeiten, die Tage der Merowinger zurückführt, aufgedeckt. Ein 
Grab, das wertvollste, stammt sogar aus der Steinzeit. Es 
ist ein Hockergrab. In den Gräbern waren sehr wertvolle, 
gut erhaltene Waffen und Schmuckgegenstände in großer 
Zahl enthalten. Bei Saarburg fanden Artilleristen beim Bau 
e'ner Batterie ein römisches Brandgrab mit Steinurne in 
Kugel form und tönerner Aschenurne. Die Gegenstände wurden 
sämtlich in das Straßburger Museum im Alten RohanschloS 
gebracht. 
(Die Statuette einer minoischen Schlangen 
göttin.) Das Bostoner Museum of fine arts hat die Elfenbein 
statuette einer kretischen Schlangengöttin aus der Zeit 
der minoischen Palastkultur (um 1500 vor Chr.) als Geschenk 
erhalten, eine Erwerbung von ungewöhnlichem Interesse. Die 
16(4 Zentimeter hohe, in Elfenbein geschnittene und teilweise 
mit Gold ausgelegte Figur stellt den durch die Evanssche 
Funde von Fayencefiguren bekannten Typus vor: eine my- 
kenische Dame in einer an modernste Frauentypen gemahnenden 
Toilette: Glockenrock, anliegende Jacke mit Mieder, aber ganz 
offener Brust, Simpelfransen, hinten herabwogendes Haar. 
Der Kopf ist mit einer Tiara bedeckt; das ernste aber liebliche 
Gesicht erinnert an gotische Frauenköpfe. Die beiden Hände 
halten je eine um den Unterarm gewickelte goldene Schlänge 
vor sich. Die kretische Schlangengöttin selbst oder ihre Prie 
sterin ist dargestellt. Die Arbeit an der Statuette ist voll 
Leben und Kraft. Man muß tausend Jahre vorwärts gehen, 
um eine ähnliche Vollendung in der Plastik zu finden. 
(Eine Hurra-Kitschausstellung.) Dem Berl. Tagebl“. 
wird aus Stuttgart geschrieben: Der Hurra- und Aktualitäts- 
Kitsch feiert in diesen Tagen wieder recht lebhafte Orgien. 
Abgesehen davon, daß alle möglichen und unmöglichen Gegen 
stände mit dem Eisernen Kreuz geschmückt und auch von 
solchen Leuten benutzt werden, die niemals an die Front 
kamen, müssen sich unsere Armeeführer, namentlich der 
geniale Hindenburg, die unglaublichsten „Ehrungen“ ge 
fallen lassen, zum Beispiel auf Postkälten und Schnupftüchern. 
Die Granate der zweiundvierziger Mörser leiht den verschieden 
sten Gegenständen ihre Form, auch wenn dies noch so un 
praktisch wäre, und schon bemüht sich jedes Objekt wie ein 
Unterseeboot auszusehen. Unter solchen Umständen wächst 
natürlich die Hurra-Kitsch-Abteilung im Landesgewerbe 
museum von Stuttgart dank der allgemeinen Museumsfreunde 
aus allen Teilen unseres Reiches und selbst darüber hinaus. 
Nun kommt es aber nicht selten vor, daß von verschiedenen Sei 
ten ein und derselbe abschreckende Gegenstand als freund 
liche Widmung nach Stuttgatt geschickt wird, während er 
natürlich nur einmal ausgestellt werden kann. Es dürfte sich 
daher empfehlen, daß die Mitarbeiter der Stuttgarter Samm 
lung der Geschmacksverirrungen nur jene Objekte erwerben 
und widmen, die in ihrem Umkreise auftauchen und als örtlich 
entlegene Spezialitäten der Aufmerksamkeit des Museums 
entgehen konnten. Häufig genügt auch lediglich eine Anzeige 
auf einer Postkarte mit möglichst genauer Quellenangabe. — 
Der Vorstand des Museums plant eine Zusammenfassung 
der charakteristischen Gegenstände in einer Ausstellung. 
(Die Erhaltung der Kunstschätze Chinas.) Zum 
Erwachen Chinas gehört auch der Beginn einer Pflege der alten 
nationalen Kunst des Landes. Vor kurzem ist in Peking in 
Gegenwart der Minister der Regierung Juanschikais ein 
Museum für Kunst und Altertümer feierlich eröffnet worden. 
Das Museum, dessen Hauptbestand die Schätze aus den kaiser 
lichen Palästen in Fengtien und Yehol bilden, ist in zwei 
architektonisch berühmten Hallen untergebracht. Noch bedeut 
samer ist der Erlaß, den der Präsident der chinesischen Re 
publik jetzt über die Erhaltung der nationalen Kunstdenk 
mäler hat ausgehen lassen. Es heißt darin: „Die Zivilisation 
und die Literatur Chinas sind uralt, seine Kunst und sein Kunst 
gewerbe scheuen keinen Vergleich. Aber die Denkmäler der 
Kunst und Literatur, die durch die Regierungen und dank der 
Verehrung des Volkes erhalten geblieben sind, sind nicht etwa 
nur als Quellen und Hilfsmittel für Altertumsforschungen zu 
betrachten, sie bedeuten für uns vielmehr einen nationalen 
Schatz. Wenn aber derartige Denkwürdigkeiten weiter in dem 
Maße veräußert und ins Ausland ausgeführt werden, wie es 
in letzter Zeit häufig berichtet wird, so wird eine -weitere Er 
haltung dieser Schätze bald überhaupt nicht mehr möglich 
sein. Deshalb wird hiemit angeordnet, daß das Ministerium des 
Innern der wichtigen Frage des Verkaufs und der Ausfuhr 
chinesischer Altertums- und Kunstdenkmäler nähertritt. Der 
heimlichen Verschacherung unserer nationalen Kunstwerke und 
Altertümer durch Pekinger und andere Händler aus niedrigster 
Gewinnsucht muß mit den schärfsten Strafen entgegenge 
treten werden!“ 
(Die Weltausstellung von San Francisco.) Um 
Mittag des 20. Februar ist die Panama-Pacific-Ausstellung 
in San Francisco von Präsidenten Wilson offiziell eröffnet 
worden. Er drückte im Weißen Haus von Washington auf 
einen Knopf, worauf die Tore der verschiedenen Ausstellungs 
paläste aufsprangen und mannigfache Maschinen auf der 
Ausstellung in Bewegung gesetzt wurden. Die Ausstellung 
umfaßt eine Raumfläche von 635 Acres uns ist in ihrer Aus 
dehnung und Anlage größer als jedes derartige Unternehmen 
vorher. Die Gebäude mit den Staatsausstellungen haben nach 
einer schätzungsweisen Angabe 200 Millionen Mark Kosten 
verursacht. Die Ausstellung mit ihren zum größten Teil im 
klassischen Stil gehaltenen Bauten, auf der einen Seite von 
waldbedeckten Höhen umrahmt, auf der andern von den 
blauen Wassern der Bucht von San Francisco, bietet in dem 
strahlenden Glanz der kalifornischen Sonne und eingebettet 
m eine üppige Blumenpracht einen wundervollen landschaft 
lichen Anblick dar. Der überwiegende Farbenton der Bauten 
ist ein warmes Braungelb, wodurch das grelle Licht der Sonne 
gedämpft werden soll, und viele Dächer zeigen ein sanftes
	        
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