Nr. 5
Internationale Sammler-Zeitung
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Rot in Nachahmung der alten Ziegeldächer. Das gewaltige
Unternehmen ist ein Beweis für die gesunde Kraftfülle San
Franciscos, das nach dem großen Erdbeben unter einem Auf
wand von 1400 Millionen Mark erst wieder aufgebaut werden
mußte und doch bei dem Auftauchen des Ausstellungsge-
dankens in wenigen Tagen für diesen Zweck die Summe von
80 Millionen aufbrachte.
(Diebstahl an einem Kunstdenkmal.) Aus Steyr
wird uns berichtet: Der prächtige Taufstein der Stadtpfarr
kirche in Steyr wurde trotz vorsichtiger Absperrung der Turm-
kapellc, in deren Mitte er steht, das Opfer von Kunsträubern,
indem bis jetzt unbekannte Täter ihn eines Teiles seines bild
nerischen Schmuckes beraubten. Der aus Holz verfertigte
Taufstein besitzt die Ziborienform und ist vollends mit relie-
fierten Platten aus Blei bedeckt. Diese bezeugen in ihrer
Charakteristik die Entstehungszeit um 1.569. Nur der morsch-
gewordene Knauf, welcher den edelgeformten Deckel beschließt,
zeigt das gotisierende Akanthusblatt. Der in seinem Innern
kupfergewandete Taufkessel besitzt im Durchschnitt die Form
des Vierzehneckes, welche durch Renaissancebänder betont
ist. Die Wandlungsfelder sind mit reizendem Szenenschmuck
belebt, umgeben von phantasiereichen Architekturen, Masken
und Hermen. Die Reliefs der Wandungen erzählen in ab
wechselnder Reihe alttestamentliche Episoden, sowie Szenen
aus Christi Leben. Außerdem schildern zwei Reliefs die rituelle
Aufnahme in die jüdische Gemeinde durch die Beschneidung
und das Taufsakrament. Andere Reliefplatten verbildlichen
allegorische Gestalten in antikisierender Art. In gleicher Weise
sind die Reliefs des Deckels und Fußes angeordnet, deren
geschweifte Leibungen mit Pfeifen, Ornamentbändern, Putten
köpfchen und Rosetten geschmückt sind, welche Spuren von
Vergoldungen und Polychromie verraten. Gestohlen wurde
eine Reihe von Gurtreliefs, sowie ein großes Relief, dessen
Darstellung nicht ermittelt werden konnte, ferner ein Teil
eines großen Reliefs.
Museen.
(Bayerisches Nationalmuseum.) Aus München
wird uns geschrieben: Am Eingang des Saales 8 fand die Sand
steinfigur einer Madonna der lothringischen Schule aus
der Mitte des 15. Jahrhunderts Aufstellung, die als ein Ge
schenk von Offizieren der Ersatzabteilung des 1. bayer. Feld
artillerie-Regiments dem Museum übermittelt wurde. Die
anmutige Figur charakterisiert in trefflicher Weise den loth
ringischen Stil unter burgundischem Einfluß und bildet ein
vorzügliches Vergleichsobjekt für unsere heimische Plastik,
zugleich aber auch ein glänzendes Beispiel der idealen Ge
sinnung und heimatlichen Interessen der Geschenkgeber,
die die Figur in Feindesland aus Privatbesitz in dem loth
ringischen Dorfe Hageville käuflich erworben haben. Über
den Ankauf ließen sie sich vom Bürgermeisteramt des Ortes
eine Urkunde ausfertigen, die in einem Rahmen unter der
Plastik angebracht wurde.
(Ein Museum zur Erinnerung an die Russenzeit.)
In der „Königsberger Hartungschen Zeitung“ wird der gewiß
sehr dankenswerte Vorschlag gemacht, in Königsberg ein
Museum zu begründen, in dem alles das gesammelt und aufge-
stcllt werden soll, was an den Einbruch der Russen in Ost
preußen erinnert. Als die Russenzeit im vorigen Jahr ihren
Anfang nahm, regte bereits Geheimrat Bezzenberger eine
solche Sammlung an, und das Königsberger Prussia-Museum
übernahm es; die Vorarbeiten zu leiten. Jetzt, nachdem die
Russen hoffentlich endgültig aus Ostpreußen vertrieben sind,
ist die Zeit gekommen, an alle Städte und Gemeinden Ost
preußens die Bitte zu richten, zu dieser Sammlung beizusteuern
und sie in einem besonderen Museum aufzustellen.
(Leipziger Museum der bildenden Künste.) Von
den Neuerwerbungen ist besonders eine Plastik des Dresdners
Peter Pöppelmann hervorzuheben, die dem Museum vom
Ministerium des Innern in Dresden überwiesen wurde. Der
zarte, liebevoll modellierte Jungmädchenakt paßt gut in den
Kreis der Prellerschen Antike. Das Bewegungsmotiv des
kauernden Körpers ist fesselnd erdacht und technisch trefflich
gemeistert. Von Adam Elsheimer kam eine sehr schöne
römische Landschaft ins Museum. Es ist ein Geschenk des
Konsuls Erich Schulz in Leipzig.
(Galerie der Selbstbildnisse in den Ufficien.)
Der Galerie der Selbstbildnisse in den Uffizien von Florenz
soll jetzt auch eine solche von plastischen Selbstbildnissen
der Bildhauer angegliedert werden, Die berühmtesten Bild
hauer Italiens^ und der anderen Länder sind aufgefordert
worden, sich zu modellieren, und zwar in Form einer Bronze
büste. Natürlich haben alle Aufgeforderten zugesagt. Einge-
liefertTsind bisher erst zwei italienische Arbeiten. Die Galerie
der gemalten Bildnisse erhielt jetzt die Selbstbildnisse von
Leon Lhermitte, dem Pariser Maler, und von dem Italiener
Gaetano Chierici.
(Der Umzug der Londoner Parthenon-Skulp
turen.) Die von dem Athener Parthenon nach London ent
führten Wunderwerke der griechischen Plastik haben nicht
100 Jahre ruhig an der Stelle stehen können, an die sie einst
der Kunstraub des Lord Eigin gebracht hat. Seit 1816 waren
diese Arbeiten aus der Blütezeit der attischen Kunst das
Fntzücken aller Besucher des Britischen Museums und nur
die Trauer mischte sich in die Bewunderung, daß die rück
sichtslose Gewalttätigkeit eines Engländers diese Standbilder
von ihrer ursprünglichen Stätte fortgerissen hatte. Jetz müßen,
die Eigin Marbles wieder auf die Wanderschaft gehen, wenn
auch ihr Weg freilich nicht so lang ist, als die Schiffsreise von
Athen her, nach der der Lord seine Beute für 720.000 Mark
der englischen Regierung verkaufte. Es handelt sich nur um
einen. Umzug in das untere Geschoß des Britischen Museums:
man will die „Götter Griechenlands“ vor den Angriffen der
Deutschen schützen. Die Entfernung der Skulpturen von
ihrem bisherigen Standort, an dem sie zum Teil fest in die
Mauer eingebettet waren, ist mit größter Heimlichkeit betrieben
worden. Man erfährt erst jetzt, daß die Überführung der
Kunstwerke in die Galerie im Erdgeschoß vollendet ist und
daß die Marbles sich nun in einem Gewölbe befinden, das
sehr starke Bogen hat und gegen alle Bomben als gesichert
gelten kann. Auch viele andere Kunstschätze des Museums
sind in diese untere Galerie gebracht worden und gähnende
Lücken klaffen nun in den sonst so überfüllten Räumen des
Oberstockes. Bei dem Umzug der Parthenon-Skulpturen
standen der Fortbringung große Schwierigkeiten entgegen
und in der englischen Presse wird die Besorgnis geäußert,
daß vielleicht Schädigungen der unersetzlichen Kunstwerke
bei dem Herauslösen aus der Mauer vorgekommen seien. Der
Saal, wo sie bisher aufgestellt waren, sowie das Gewölbe, in
dem sie jetzt untergebracht sein sollen, sind beide fest ver
schlossen und die Direktoren haben sich noch nicht darüber
geäußert, wann und ob die Parthenon-Skulpturen der Öffent
lichkeit wieder zugänglich sein werden. Die englischen Blätter
dringen auf eine vollständige und befriedigende Erklärung
über diese Angelegenheit, um die so viel Heimlichkeit ge
breitet wird.
Vom Kunstmarkt.
(Kunstversteigerung bei Lepke.) Die Antiqui
täten- und Bilder-Auktion aus dem Nachlaß des Kunsthändlers
Hermann Hecht in Berlin bei Rudolph Lepke fand unter
starker Beteiligung der Sammler und Händler Berlins statt.
Unter den Möbeln ging ein großer norddeutscher Barock
schrank aus Eichenholz mit reichen Intarsien für 660 Mark,
ein Nußholz-Salonschrank mit Bronzebeschlägen für 450 Mark,
eine große Dielenuhr in Mahagoni mit Säulen und Bronze
zierarten, bezeichnet,, Jacobus Willems Mechlin“ für 390 Mark,