MAK
Nr. 5 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 65 
Dem Jahre 1489 gehören folgende Erstlingsdrucke 
an: 1. das Gebetbuch des David Abudrahim, der um 
1341 in Sevilla mit der Erklärung der Gebete auch 
eine Beschreibung und Feststellung des Rituals ver 
bunden und dessen Werk sich lange großer Beliebtheit 
erfreut hat (Nr. 8). — 2. Die von Jehuda ihn Tibbon 
verfaßte hebräische Übersetzung des arabischen Ori 
ginals von Choboth ha-Lebaboth (Herzenspflichten), 
eines der beliebtesten und gelesensten Volksbücher 
des j üdischen Mittelalters (Nr. 52). ■— Verfasser dieser 
„Anleitung zu den Pflichten des Herzens“ ist der tief 
religiöse Dajjan (Richter) zu Saragossa Bachja ben 
Joseph ibn Pakuda, der in dieser populären, auf reli- 
gionsphilosophischer Grundlage aufgebauten Ethik zu 
dem Ergebnis gelangt, daß die Liebe zu Gott der Aus 
gangs- und Zielpunkt des sittlichen Lebens sein müsse. 
— 3. Das satyrische Gedicht „Eben Bochan“ des Kalo- 
nymos ben Kalony mos aus Arles (1307), in welchem 
der Dichter seinem Volke einen Sittenspiegel vorhält, 
in dem alle, Hohe und Niedrige, Rabbinen und Ärzte, 
Poeten und Gelehrte ihre Schwäche und Sünden wieder 
erkennen sollen (Nr. 211). 
Im Jahre 1490 erschien in Soncino der ganze 
Gesetzeskodex (Turim) des R. Jakob ben Ascher 
(Nr. 183). Auch David Kimchi’s grammatische Schrift 
(„.Die Wurzeln der hebräischen Sprache", gedruckt in 
Neapel bei Josef aus Gunzhauscn) gehört als Inkunabel 
diesem Jahre an (Nr. 221). 
Einen wunderschönen Druck bietet das in Ixar 
zwischen 1490 und 1495 gedruckte Pentateuch 
exemplar mit den fünf Rollen. Neben den pracht 
vollen Typen fesseln die mit exotischen Tier- (Pelikan, 
Einhorn, Lindwurm, Elche) und Pflanzenmotiven aus 
gestatteten Ornamente, die einzelne Blätter umrahmen, 
unsere Aufmerksamkeit. Das Feuer, welches zwei Lind 
würmer auf dem abgebildeten Holzschnitt ausspeien, 
wird zu Blattgeranke stilisiert (Nr. 70). 
Die in der Sammlung enthaltenen Inkunabeln des 
Jahres 1491 sind folgende: 1. Das in Neapel gedruckte 
Kompendium der gesamten Heilkunde („Der große 
Kanon“ genannt) des Avicenna in der hebräischen 
Übertragung von Josef Lorki und Nathan Hamathi 
(Nr. 48). •—• 2. Imanuel de Romis Makamen (Mecha- 
beroth), gedruckt in Brescia bei Gerschom ben Moses 
Soncino (Nr. 161). Dieser würdigste Vertreter der 
Familie der Soncinatcn hat sich durch die Anlage vieler 
Offizinen um die Förderung der Bildung große Verdienste 
erworben. Aus seinen Werkstätten gingen nicht nur 
hebräische, sondern auch die hervorragendsten griechi 
schen und italienischen Werke hervor. Ja, die schönsten 
Ausgaben Petrarcas sind ihm, der in der christlichen Welt 
unter dem Namen Hieronymus Soncino berühmt 
war, zu danken. Aus dem Jahre der Entdeckung Ameri 
kas (1492) stammt der Pentateuchkommentar des 
Bachja ben Ascher. In der vorliegenden, in Neapel 
gedruckten Editio princeps bilden einige Holzschnitt 
verzierungen, von denen die Anfangsseiten der einzelnen 
Bücher umrahmt sind, einen recht hübschen Buch 
schmuck (Nr. 50). Wir sehen da sorgfältig gezeichnete 
Hirsche, Windhunde, Rehe, so daß diese Ornament 
rahmen ihre Motive meistens dem Jagdleben entlehnt 
zu haben scheinen. 
Von nicht geringerem künstlerischen und buch- 
geschichtlichen Wert sind mehrere Werke aus der Zeit 
zwischen 1500 und 1520. So bietet uns das Titelblatt 
eines Werkes, das in Konstantinopcl 1515 gedruckt 
wurde, hübsch gemalte Blattmotive in ansprechender 
Umrankung, in welcher wir unter anderem einen Centaur, 
der mit der Armbrust schießt, zu sehen bekommen 
(Nr. 51). In einem Drucke aus Pesaro vom Jahre 
1519 (Nr. 276) finden wir in geschmackvoller Umrah 
mung eine Vase mit Blattgerank darstellenden Holz 
schnitt, in welchem der Kopf in ornamentaler Ver 
wendung ist. Endlich enthält das bei dem oben erwähn 
ten Gerschom Soncino gedruckte Tierfabelbuch eine 
große Menge dem Tierleben entlehnter Szenen, die uns, 
soweit wir aus den von Wachstein gebotenen Proben 
(Nr. 343) schließen können, eine klare, ruhige Zeichnung 
verraten. Sehr stilisiert ist das Titelbild: Im Hinter 
grund eine Stadtmauer mit geschlossenem Tor, im 
Vordergrund zwei Gestalten (vielleicht die Erzengel 
Michael und Gabriel), welche vor den Toren der Stadt 
stehen und dem Feinde den Eintritt wehren. 
So sind diese aus den ersten Anfängen der Typo 
graphie stammenden Bücher auch in kunstgeschicht 
licher Beziehung von großem Interesse. Unbeschadet 
der Hinweise auf die bekannten Kataloge, wie Proctor, 
Roest, de Rossi,Wiener, Zedner, hat Wachstein besonders 
bei solchen Werken, die anderswo nur mangelhaft 
verzeichnet sind, mit großer Sorgfalt und souveräner 
Beherrschung des Riesenstoffes alle notwendigen An 
gaben registriert. Neben dem edlen Spender dieser 
kostbaren Bibliothek, Herrn Salo Cohn, gebührt daher 
vor allem dem gelehrten Herausgeber Dr. Wachstein 
unser wärmster Dank und unsere vollste Anerkennung. 
Kriegsautographen. 
Eine Aufstellung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. 
Im Schausaal der Autographensammlung Darm- 
staedter in der Königlichen Bibliothek zu Berlin ist, wie 
uns von dort geschrieben wird, jetzt eine interessante 
Ausstellung von Kriegsautographen zu sehen. Professor 
Dr. Ludwig Darmstaedter wählte hier nämlich 
seltene historische Stücke aus der wissenschaftlichen 
Kollektion aus, die er vor einigen Jahren der König 
lichen Bibliothek gestiftet hatte, und trug dazu noch 
in der jüngsten Zeit eine hübsche Reihe von Stücken 
zusammen, die sich auf den Weltkrieg, respektive 
Persönlichkeiten beziehen, die in die Ereignisse mächtig 
eingreifen. 
Kaiser Wilhelm II. eröffnet die Reihe mit einem 
kräftigen „Gott mit uns!“ „Durchhalten!“, ruft uns 
sein ältester Sproß, Kronprinz Wilhelm zu. Zu ihm 
gesellen sich Kronprinz Rupprecht von Bayern, 
Prinz Heinrich von Preußen, Herzog Albrecht 
von Württemberg. Reichskanzler Beethmann- 
Hollweg schreibt: „Äußerlich erstarkt, innerlich von 
allen Schwächen und Schlacken befreit, so soll das 
deutsche Volk aus diesem schwersten aller Kämpfe 
hervorgehen.“ Minister von Breitenbach, der mit 
seinen unermüdlichen Eisenbahnern ein gut Teil zu 
unseren Erfolgen beigetragen hat, erklärt: „Dem 
kämpfenden Fteere jedes Mittel zur Verfügung zu 
stellen und bereit zu halten, welches den kriegerischen 
Erfolg sichert, ist aller Berufenen Pflicht. Die deutschen 
Eisenbahnen, deren Aufgabe es ist, das wirtschaftliche
	        
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