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Seite 68 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. 5 
Kriegsgelder und Belagerungsmünzen. 
Hofrat Konstantin Dauhelovsky in Wien veröffentlichte 
im „Neuen Wiener Tagblatt“ ein Feuilleton über Kriegsgelder 
und Belagerungsmünzen, dem wir folgende interessante Daten 
entnehmen: 
„Schon das klassische Altertum kennt die Kriegs 
münzen, von denen die erste dem athenischen Feldherrn Timo- 
theos zugeschrieben wird, der sie um 370 v. Chr. bei der Be 
lagerung von Olynth geprägt hatte, um einer wirtschaft 
lichen Notlage seiner Truppen die Spitze zu bieten. Manch 
spätere Notmünze, die numismatisch und geschichtlich unser 
Interesse wachruft, stammt aus einer Zeit, die von Greueln 
kriegerischer Verwicklungen, Fcstungs- und Städtebelagerungen 
usw. erfüllt war. So die als Münzen geltenden Lederstück 
chen, die der Grichenkaiser Konstantin Kopronymus 
(743 n. Chr.) mit seinem Bildnisse an Zahlungsstatt emittierte 
und die, mit Zwangskurs ausgestattet, später für Gold einge 
löst wurden. Dasselbe Mittel sollen auch andere Machthaber 
angewandt haben, unter anderen der venezianische Doge Do 
menico Micheli (um 1122), dann Kaiser Friedrich II. 
während der Belagerung von Faenza (1241) für den Bedarf 
seiner Soldaten, ferner der englische König Johann ohne 
Land während der Baronenkämpfe. Auch sollen Ledergeld 
als Anweisung auf künftige Zahlungen —, wie Luschin in 
seiner allgemeinen Münzkunde erwähnt — die französischen 
Könige Ludwig XL (während seiner Gefangenschaft) und 
Johann der Gute (1360) ausgegeben haben. Wie seltsam 
dünkt uns heute, daß selbst einem so unedlen Material wie dem 
Leder verkehrsbestimmende Wertungen zugebilligt werden 
konnten. Noch im Unabhängigkeitskriege der Niederlande 
gegen die Spanier (1574) waren runde, guldenförmige Lecler- 
notgelder allgemein verbreitet und finden sich jetzt im Besitze 
einzelner Münz- oder Kuriositätensammler. 
Aus der Zeit Karls I. von England und vieler deutscher 
Fehden sind Notmünzen vorhanden, die, aus wertvollem 
Tafelgeschirr oder auch nur aus Kupfer und schlissig 
gewordener Pappe primitiv zugeschnitten, alle Merkmale 
überstürzter Herstellung an sich tragen. So trachtete man 
in der preußischen Stadt Kolberg 1806 und 1807, als die 
Franzosen die Stadt beschossen, der Geldnot durch Herausgabe 
von kartonpapierenen Appoints zu 8, 4 und 2 Groschen zu 
begegnen, auf denen nebst dem Gouvernementsstempel nur 
noch die handschriftliche Wertangabe beigesetzt -war. Inter 
essant aber ist ein Notdukaten der siebenbürgischen Stadt 
Hermannstadt vom Jahre 1605, den während der Belage 
rung durch Stephan Bocskai der zur Partei des Kaisers 
Rudolf II. haltende Judex regius Albert Hutter schlagen 
ließ. Man erblickt auf diesem Goldstück den Doppeladler mit 
dem Titel des Kaisers, das Stadtzeichen und das Wappen und 
Monogramm Hutters. Aus dem Zeitalter des Zaren Alexei 
Michailowitsch aus dem Hause Romanow (J 1676) kennen 
wir einen russischen Notrubel, der 1655 — zu Beginn des 
Russisch-schwedischen Krieges — entstand, in welchem 
Schweden einen Großteil Livlands an Rußland verlor. 
Dieser Notrubel ist eigentlich ein spanischer Philipps 
taler, der, mittels einer runden Kontermarke überstempelt, 
die Figur des reitenden Zaren und überdies die Jahreszahl 1655 
erkennen läßt. Weiter ruft uns ein Notdoppelgulden vom 
Jahre 1813 der russisch-polnischen Festung Zamosc ihre Be 
lagerung durch die Russen ins Gedächtnis. Aus dem Jahre 
1689 stammt ein Notgulden der Festung Mainz, geprägt vom 
Marquis d’Uxelles, der die Stadt besetzte und auf der Münze 
das Monogramm seines Souveräns Ludwig XIV. in gekröntem 
Schilde anbringen ließ. Auch ein einseitig geschlagener Nottaler 
der niederländischen Stadt Maastricht (1794), dann eine 
kupferne Belagerungsmünze der Stadt Luxemburg (1795) 
verdanken ihre Entstehung der Belagerung seitens französischer 
Truppen. 
Während des Dreißigjährigen Krieges entschlossen sich 
zahlreiche münzberechtigte Fürsten, Herren und Städte 
einfach zur Prägung unterwertiger Münzen, was jedoch nach 
damaliger Anschauung als ein durchaus geeignetes Mittel er 
schien, Ordnung in den verwühlten, knapp gewordenen Staats 
säckel zu bringen. Das war die sogenannte Kipper- und Wipper 
zeit (1619 bis 1623), wo die skrupellosen Münzherren die 
schweren und guthaltigen Münzstücke aus,.kippten“ und von 
der Wage „wippten“, um sie einzuschmelzen und immer 
elenderes Geld daraus zu prägen. Man münzte damals aus dem 
Silber des Talers statt der ursprünglichen 24 Groschen solche bis 
zur unglaublich scheinenden Anzahl von 360 Stück, natürlich 
durch immer stärkere Durchsetzung des edlen Metalls mit 
schlechtem, unter wertigem. Die Feldhenen zahlten damit 
den Soldaten ihre Löhnung, und diese zwangen hinwiederum 
den Bürger, das verlotterte Geld als vollwertig anzumehmen. 
Während unter diesen Verhältnissen das kurante Geld gänz 
licher Entwährung heimfiel, stiegen die guten Münzen derart 
im Wert, daß zum Beispiel ein guter Taler im Jahre 1628 
16 bis 20 Taler galt. 
Ein noch bekannteres Beispiel von Kriegsmünzen, 
deren gesetzlich festgestelltes Verhältnis zwischen Schrot 
(Rauhgewicht) und Körn (Metallfeingehalt) willkürlich ver 
ändert ward, bieten die sogenannten „Epliraimiten“ im 
Siebenjährigen Kriege. Friedrich der Große sah sich nämlich 
inmitten der furchtbaren Geldwirren, in die sein Land geriet, 
gezwungen, die Volksumsatzmittel zu vermehren. So betraute 
er nur den königlich preußischen Münzpächter Ephraim, 
metallisch geringhaltigere Münzen zu prägen. Es wurde die 
Mark Silber statt zu 14, allmählich bis zu 45 Talern, meist in 
Form von Acht- und Vier-Groschen-Stücken, im Gesamtbe 
träge von 7 Millionen Taler in Verkehr gesetzt*. Von Friedrich 
dem Großen erzählte man sich auch, er habe die durch ihre 
Liebestollheiten bekannte Zarin Elisabeth in Form eines 
nachgemachten Rubels — in seiner Umschrift — auf das 
schärfste verhöhnt**. Die Kaiserin antwortete darauf mit 
einem Spottaler, auf welchem Friedrichs Porträt durch Über 
prägung mit einem Judenbart den Gesichtszügen des Münz 
pächters Ephraim täuschend ähnlich dargestellt worden war. 
* Der Volkswitz hat auf diese Münzen den Vers verfaßt: 
,, Außen gut, innen schlimm.“ 
„Außen Friedrich, innen Ephraim.“ 
** Auf diesem Rubel wurde, wie Ferdinand Friedens- 
bu rg in seinem Werke „Die Münze in der Kulturgeschichte“ 
erwähnt, die Kaiserin statt „Imperetrix“ „Meretrix totius 
Russial“ genannt. 
Unter dem Einflüße dieser bezicliungsreichen Gepräge 
trat übrigens im Jahre 1762 Moses Mendelssohn mit dem 
\ orschlage auf, Ephraim solle auf den Ein- und Zweigroschen 
stücken die Taten Friedrichs verewigen, er selbst wolle mit 
Ramler und Nicolai die Darstellungen ausdenken, Mail 
solle sie zeichnen, Ramler die Aufschriften entwerfen. Der 
Plan scheiterte, als Les sin g eine von Mendelssohn erfundene 
Medaille als zu gelehrt verwarf, wurde aber 1801 von dem 
königlichen Münzmedailleur Abraham Abramson nochmals 
anfgenommen, um jedoch auch diesmal unausgeführt zu bleiben.
	        
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