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Internationale Sammler - Zeitung
Nr. 6
Bezüglich der Auffassung des Nebeneinander- und
Auseinanderseins der Ideen erinnerte ein Historiker an die
geometrisch-bildnerischen Vorstellungsformeln in den
Aufsätzen: „Die Geschichtslinie als Unterrichtsmittel“,
Seite 67, Monatsblätter des wissenschaftlichen Klubs in
Wien, 2. Jahrgang, und „Über die Benützung der Inhalts
verzeichnisse der Lehrbücher“, Seite 23, ebendaselbst.
Ohne Vorführung der Geschichtslinie* bleiben die
Versuche, das „Wann“ der Dinge durch Bilder bei
spielsweise: In der Nacht; am Tage; im Winter; im
Sommer; im Herbst oder wie dies in dem Werk von
Heinrich Kolar „Das erste Schuljahr in Wochenbildern“
beabsichtigt ist, dem Verständnis näher zu bringen,
wohl immer fragmentarisch. Im Anschluß erwähnte
der Vortragende, daß er einmal Gelegenheit hatte,
in einem Schlosse an den Wänden der Korridore eine
große Anzahl von historischen Illustrationen unter
Glas und Rahmen aufgehängt zu sehen, die als Lehrmittel
für den Geschichtsunterricht bestimmt waren. Die Illu
strationen waren nach dem Repetitorium der Universal
geschichte von Dr. H. M. Richter angeordnet. Die auf
bedeutsame historische Ergebnisse einheitlich bezug
nehmenden Bilder sollten überdies durch farbige
Passepartouts gekennzeichnet und von den folgenden
zu andersfarbig gekennzeichneten Ergebnissen gehörigen
Bildern äußerlich unterschieden werden. Er bemerkte
weiters, daß für den Zusammensteller der Bilder der
Ansatz für die Permutation in der 22. Komplexion
zu suchen sei.
Dasselbe gilt von den Illustrationen für den Lebens
gang Schillers, welche anläßlich der Schiller-Ausstel
lung in Wien als Staffage der allgemeinen geschichtlichen
Ereignisse zusammengestellt waren. Siehe „Neue Freie
Presse“ vom 16. April 1905. „Eine Wiener Schiller-
Ausstellung“ von Hugo Breitner.
Mit Bezugnahme auf die Illustrationen auf Seite 5
des ersten Rechenbuches für österreichische allgemeine
Volksschulen, Ausgabe B, von K. Kraus und M. Ha-
bernal, 2. Auflage, Wien 1910, gab ein Familienvater
der Gesellschaft folgende Geschichte zum Besten.
Auf dieser Seite finden sich auch unter anderen
Bildern auch vier Fischlein abgebildet. Eine Lehr
kraft fragte nach Hindeutung auf die Abbildung der
Fischgruppe ein sechsjähriges Mädchen in Gegenwart
seiner Mutter, wie viele Fische übrigbleiben, wenn von
vier Fischen einer wegschwimmt. Das Mädchen gab
die Antwort: vier. Auf die wiederholte eindringliche
Frage seitens der Mutter kam dieselbe Antwort. Das
Mädchen wurde von der Mutter, welche sich auch an dem
Rechenunterricht beteiligt hatte und sich in ihrem
Ehrgeiz gekränkt fühlte, empfindlich gestraft.
Die Lehrkraft, die Mutter, das Mädchen und der
Zeichner des Bildes sind als vier Beobachter aufzu
fassen, die der Grundkomplexion gegenüberstehen.
Stellt sich das Kind im Gedanken an den Teich, in
welchem nur vier Fische vorhanden sind, so hat es
ohne Zweifel recht. Von der abgebildeten Fischgruppe
bleiben aber auch vier Fischbilder. Bleibt nun der Fall
zu erwägen, daß die Lehrkraft und die Mutter sich in
Gedanken an einen Fischbehälter stellen, in welchem
vier Fische sind, aus welchem einer herausgefangen,
getötet, gebraten und aufgegessen wird. Die Lehrkraft
und die Mutter könnten nun für die Rechnung auch die
Probe verlangen. Die Substraktion spielt eben nur in
der Vorstellung eine Rolle. Der Ansatz kann also
nur in der 13. bis 18. Komplexion gesucht werden.
Der folgende Redner besprach die bildnerischen
Vorstellungsformeln für die Auffassung von über
geordneten Begriffen. Zu vergleichen „changer“, dann
„Abdruck“, „Beeinträchtigung“ und „Waldjagdbezirk“.
„Internationale Sammler-Zeitung“, 1. Jahrgang, auf
Seite 37, I. Spalte, und 2. Jahrgang, auf Seite 162,
1. Spalte.
Hierauf erzählte er von einer Lehrerin, welche mit
Päcken von Aufgabenheften aus der Schule gekommen
war. Auf die Anfrage, wie viele Arten von orthographi
schen Fehlern** in den Heften enthalten sein können,
erhielt er die Antwort: Wohl über hundert. Er erbat
sich nun die Hefte für einige Zeit und gab nunmehr
seine Zusammenstellung der Fehler mit Analogien für
den Erfahrungskreis der Kinder zum Besten.
Verstellung von Buchstaben: Der Schütten wurde
von zwei Pferden gezogen; Es war ein Riesekrob im
Wagen; Neben dem Kutscher saß ein Kanbe.
Weglassung eines Buchstabens, eines Umlaut-
zeichens, eines Wortes im Satze: Schummere süß!
Das Perd frißt Gras; Der Stoch klapperte mit dem
Schnabel; Der Schurhart war gewachst; Die Buchducker
presse; Der Mann scheit um Hilfe; Die Mädchen spielten
auf der Wiese; Das Kind schlaft; Der Knabe wollte
mit dem das Reifchen schlagen. Analogie: Vom Eß
besteck des Kindes fehlt der Löffel.
Überflüssige Hinzufügung eines Buchstabens,
eines Buchstabenbildungszeichens: Kirrschen; einn-
tropfen; Sthiefel; Die Suppe wurde auf dem Offen
gewärmt; Die Soldatten; Der Papaggei; Das Lamm
ist sauft. Analogien: Das Kind soll über die Kappe einen
Hut aufsetzen; Das Kind soll im warmen Zimmer den
Pelz anbehalten; Beim Eßbesteck des Kindes hegt eine
Schere.
Verwechslung eines Buchstabens, eines Artikels,
einer Endung, einer Bildungsart der Mitvergangenheit:
Es rägnet; Er hatte den Hud auf dem Kopfe; Der Docht
der Lambe; Briefmarge; Der Pferd ist angehängt; Der
Krüppel stutzt sich auf einer Krücke; Der Mann schicsste
auf das Raubtier. Analogien: Das Kind findet bei dem
Eßbesteck anstatt der Gabel eine Kleiderbürste; das
Kind soll mit der linken Hand schreiben.
Unrichtige Abteilung von Wörtern: Ein-
friedungsg-itter; Nähmasch-ine.
Chronik.
Ansichtskarten.
(Neue offizielle Postkarten des Bayerischen
Roten Kreuzes.) Aus München wird uns berichtet: Die
Reihe schöner amtlicher Postkarten mit guten Bildnissen
hervorragender Zeitgenossen, welche das Bayerische Rote
Kreuz bisher herausgegeben bat, wurde wieder um vier ver-
* Zu vergleichen der Weg, welcher von der Spitze des
Uhrzeigers am Zifferblatt beschrieben wird.
mehrt. Zu den Bildnissen des Kaisers Wilhelm, König Lud
wigs, des Kronprinzen Rupprecht, des Prinzen Franz von
Bayern mit Familie, Bismarcks und Moltkes kommen nun
je ein prächtiges Bildnis unseres Kaisers mit seinen 6 Söhnen,
des Prinzen Heinrich von Preußen, des Reichskanzlers
und des Grafen Zeppelin. Die letzteren drei Karten tragen je
.. ** Als bildnerische Analogien für die orthographischen Fehler
"eiten 1 W ° hl dle logischen Fe hler in den Kinderzeichnungen