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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 6
worden. Die vorzüglich gelungenen Kunstblätter gelangen
zugunsten des Witwen- und Waiscnhilfsfonds zum Verkauf.
Ein Blatt mit Biedenneierrahmen kostet 20 Kronen.
(Der Einbruch bei Dr. Kranz.) Wir haben in
unserer vorigen Nummer von dem Einbruchsdiebstahl be
richtet, der im Palais des Advokaten Dr. JoSef Kranz in
W i e n verübt wurde. Die gestohlenen sieben Gemälde sind
rasch zustande gebracht worden. Ein ehemaliger Diener des
Dr. Kranz hatte sie entwendet und in einem Keller ver
borgen, wo sie, allerdings durch einen Zufall aufgefunden
wurden.
(Ein Porträt des Petrarca). Tn der Märzsitzung
der Berliner Bibliophilen Gesellschaft berichtete Dr. von der
Schulenburg über „Ein neues Bild des Petrarca“. Er führte
aus, daß das weit bekannte, den Dichter im Alter von etwa
45 bis 50 Jahren im Profil mit gebogener Nase und starkem
Kinn darstellende Bildnis (Original in der Handschrift F. lat.
6069 f der Bibliothek national in Paris) erst vier Jahre nach
dem im 70. Lebensjahre erfolgten Tode Petrarcas entstanden
sei. Man habe darin ein idealisierendes Porträt zu sehen, wobei
dem Antlitze des Dargcstcllten diejenigen Merkmale gegeben
worden seien, die es einem Römerkopfe anähnelten, weil
Petrarca selbst sich als nachgeborenen Römer gefühlt und
geschildert habe. Die wahren Züge des Dichters werden in.
anderen, zu seinen Lebzeiten entstandenen Bildnissen offen
bar, am zuverlässigsten in einem Porträt, das sich in einer
aus Petrarcas Besitz stammenden Handschrift der Markus
bibliothek in Venedig findet; hier zeigt sich, daß das Antlitz
des Dichters in Wirklichkeit eine gerade Nase, kein starkes
Kinn und statt römischer Merkmale eher faunische Züge auf
gewiesen hat, auf die der Vortragende den Beinamen Petrarcas
„Silvanus“ zurückführte. Ein neues Bild Petrarcas hat nun
Dr. von der Schulenburg in einer Vergilhandsclirift der Ambro-
siana in Mailand entdeckt, ln dieser findet sich eine Miniatur,
die schon vielfach Gegenstand von Untersuchungen der Kunst-
gelehrten und Philologen gewesen ist, eine befriedigende Er
klärung jedoch bislang nicht gefunden hat. Es handelt sich um
eine Szene, in der Vcrgil mit zwei männlichen Figuren darge
stellt ist, von denen die eine als römischer Hauptmann, die
andere als. .Scipio Africanus bezeichnet worden ist. Der Vor
tragende wies nach, daß die Gestalt des Hauptmannes als ein
Selbstporträt des Sieneser Malers Simone Martini anzusehen
ist; eine ganz ähnliche Figur enthält ein im Berliner Kaiser
Friedrich-Museum befindlicher Altarflügel des Meisters aus
seiner Avianonescr Zeit, der nicht nur signiert ist, sondern
auch die Gestalt des Hauptmanns als Selbstbildnis Martinis
kenntlich macht. Der Scipio Africanus der Martinischen Minia
tur ist nach Dr. von der Schulenburg eine Porträtdarstellung
des Petrarca. In äußerst scharfsinniger Weise begründete der
Vortragende seine Annahme mit der Übereinstimmung des
Gesichts- und Schädelbaues dieses Kopfes mit dem des authen
tischen Petrarcabildes der Markusbibliothek, mit dem Zu
sammentreffen des Dichters mit Martini zur in Betracht
kommenden Zeit in Avignon, mit dem Umstande, daß sich
Petrarca Selbst öfter als Scipio Africanus personifiziert, und
schließlich mit den Eriäuterungsversen, die Petrarca eigen
händig in die Vergilhandsclirift eingetragen hat, und die,
ebenso wie die ganze in der Miniatur dargestellte Szene, durch
die Idcntizität. des Dichters mit Scipio Africanus erst einleuch
tend erklärbar werden.
(Großer Bilderdiebstahl in Belgien.) Aus
Brüssel wird uns gemeldet: Das Schloß der Prinzessin
Pauline von Arenberg in Marches-les-Dames bei Namur
wurde von unbekannten Ilieben völlig ausgeplündert. Die
Räuber entwendeten unter anderm 37 wertvolle Gemälde
alter Meister, meistens Heiligenbilder. Von den Missetätern
fehlt bisher jede Spur. Die Prinzessin hatte ihr Schloß
anfangs August, als der Krieg ausbrach, in aller Eile ver
lassen und keine Zeit gefunden, die Kunstschätze in Sicher
heit zu bringen.
Handschriften.
(Bedeutende Papyrusfunde.) ln einer Sitzung der
„Accademia dei Eincei“ machte kürzlich G. Lumbroso Mit
teilung von bedeutenden Papyrusfunden. Bei der Ausgrabung
der Trümmer einer Ortschaft in Mittelägypten kamen acht
Papyrusrollen zum Vorschein, die aus der Kaiserzeit stammen
und alle sehr gut erhalten und lesbar sind. Jede der Rollen ist
von Bedeutung, doch ist eine von besonderem Interesse. Sie
enthält in mehr als hundert Paragraphen gesetzliche Grund
sätze und Verfügungen aus der Zeit von Caesar Augustus
bis Antonius Pius und bedeutet so einen unschätzbaren
Beitrag für die Geschichte des römischen Rechts vor Justinian
und für die Regierungskunst der Römer.
Numismatik.
(Münzen des Mahdi -R eiches.) Tn der letzten Sitzung
der Berliner Numismatischen Gesellschaft sprach Herr Friedrich
Marschner über die im Mahdi-Aufstand im Sudan von den
Mahdisten ausgegangenen Münzen. Vom Mahdi Mohammed
Ahmed selbst sind nur wenige Prägungen bekannt geworden.
Es gibt solche aus gutem Golde, Nachprägungen der ägyp
tischen 100-Piaster-Stücke mit Angabe der Münzstätte Kairo
und des zweiten Regierungsjahres des türkischen Sultans Ab
dul Medjid (1840/41), fast genau wie das Vorbild. Sodann
silberne 20-Piaster-Stücke nach Art des türkischen Medjidie-
Talers, mit der Tughra des Mahdi, in der Inschrift der Rück
seite (in türkischen Ziffern) 5 und 1302, das ist 1885 n. dir.,
das fünfte Regierungsjahr des Mahdi, sein Sterbejahr. Diese
seltenen Prägungen konnten nicht vorgezeigt werden. Dagegen
lag eine große Reihe von Münzen des vom Mahdi als sein Nach
folger proklamierten Kalifen Abd allah el Taischi vor, Stücke zu
20, 10 und 5 Piastern, aus der Münze in Omdurman, außer
denen noch andere Werte ausgemünzt sein dürften. Die Münz
bilder der ersten Regierungsjahre ähneln etwas denen gleich
zeitiger türkischer Regierungsmünzen und sind in guthaltigem
Münzsilber ausgebracht; in den späteren Jahren jedoch ver
schlechterte sich die Legierung. Das Herabgehen des Münz
metalls war eine Folge der schlechten Finanzlage durch Hungers
not und die beständigen, schließlich nicht mehr siegreichen
Kriegszüge, auch trieben die Münzarbeiter nebenbei Falschmün
zerei. Mit dem Jahre 1315 d. TT. (1898), Flucht des Kalifen aus
seiner Residenz Omdurman, scheint die Ausprägung eigener
Münzen des Mahdi - Reiches im Sudan zu Ende gekommen
zu sein.
(Eine Josef Scholz-Medaille'.) Die Numis
matische Gesellschaft in Wien beabsichtigt die Erinnerung
an den 80. Geburtstag ihres verdienstvollen Bibliothekars
Dr. Josef Scholz durch eine Medaille festzuhaltcn, für
die Professor Rudolf Marse hall einen besonders glück
lichen Entwurf geliefert hat. Die Medaille soll aus Bronze
im Durchmesser von 80 mm ausgeführt werden.
(Die Preismünze der Stadt Leipzig für die
Bugra 1914). Das Preisgericht zur Beurteilung der 23 recht
zeitig eingegangenen Entwürfe zu einer Preis münze
der Stadt Leipzig für die Internationale Ausstellung für
Buchgewerbe und Graphik, Leipzig 1914, hat je einen Preis
in gleicher Höhe zuerkannt: dem Entwürfe mit dem Kenn
wort: „Kultur und Volk‘ c (Verfasser: Paul Fleischhack
in Leipzig-Reudnitz), dem Entwürfe mit dem Kennwort:
„T.ipsia (\ ei fasscr: Professor Felix Pfeifer in Leipzig)
und dem Entwürfe mit dem Kennwort: „Mit wenig Mitteln“
(Verfasser: Bildhauer Felix Kunze in Leipzig-SchleuBig).
Philatelie.
(Neue österreichische Kriegsmarken.) Wie wir er
fahren, sollen nach Aufbrauch der jetzt im Kurs befindlichen
österreichischen Kriegsmarken zu 5 und 10 Hellern auf