Nr. 8
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Internationale Sammler- Zeitung
Schön gedruckte Bücher werden in Deutschland viel billiger
erzeugt und verkauft als in England. Die künstlerische Druck
schrift wird von den Deutschen in jeder Form der Reklame weit
besser und eindrucksvoller verwendet als in England. Man
konnte auf deutschen Zigarettenschachteln die präch-
tigstcnDrucktypen sehen in wahrhaft künstlerischer Anordnung.
Waren wir in dieser Kunst die Anreger, so haben die Deutschen
erst den rechten Gebrauch davon gemacht und den Handels
wert einer guten Drucktype voll erkannt. Sie gehen von dem
Grundsatz aus, daß man dem Publikum stets etwas Besseres
bieten muß, als es bisher hatte; sie fürchten nicht, daß es über
rascht und verwirrt werden könnte, und das deutsche Publikum
läßt sich gern überraschen und hängt nicht am Alten. Ein Zug
des regsten Lebens und Strebens offenbart sich in der ganzen
Ausstellung.“
Der Engländer hebt dann besonders die Packungen einer
deutschen Kaksfabrik hervor, deren Waren in jedem Speise
wagen der Eisenbahn zu haben seien, und die ihre lustige und
geschmackvolle Ornamentik zu einer Zier auf jedem Eßtisch
mache. ,,In England sind alle Schachteln und Packungen ge
wöhnlich so häßlich und unansehnlich in Farbe, Zeichnung und
Druck, daß man sie höchstens in einem Laden ertragen kann,
und auch dort hält man ihren Anblick nur aus, weil man sich
an die Häßlichkeit dieser Dinge gewöhnt hat. Wenn wir diese
Anwendung der Kunst in den täglichen Dingen des Handels
nicht lernen, dann werden die Deutschen im Handel immer
besser abschneiden als wir, ob wir oder sie den Krieg gewinnen,
so wie ein Mann mit guten Manieren und angenehmem Äußeren
überall besser durchkommt, als einer, dem beides fehlt. Doch
mit dem Nachmachen der deutschen Art ist es nicht getan.
Die Deutschen haben uns überholt, nicht, weil sie ihre Augen
auf uns richteten, sondern weil sie sie auf der Sache selbst
hatten. Und was uns nottut, ist nun, nicht ihre Erzeugnisse
nachzuahmen, sondern ihre Geistesart. Wenn der Künstler
und der Kaufmann beide die feste Absicht haben, ihr Bestes
zu geben, dann werden sie Zusammenkommen; will der Künstler
nur künstlerisch sein und der Kaufmann nur kaufmännisch,
werden sie stets getrennt bleiben.“
Chronik.
Autographen.
(Ein Blatt von Paul Luther.) Dcrncueste Katalog von
Richard Bertling (Dresden) verzeichnet ein eigenhändiges Wid
mungsblatt von Paul Luthermit vollerUnterschrift. PaulLuther
ist der dritte Sohn des Reformators. Geboren 1533 zu Witten
berg, promovierte er im Jahre 1557 zum Doktor, war Leibarzt
des Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg, nach dessen
Tod des Kurfürsten August von Sachsen und dessen Nach
folgers Christian I. und privatisierte schließlich in Leipzig, wo
er 1593 starb. Das Widmungsblatt lautet:
„Carole mortales dubitant
Homo sis’ne deus’ne
Sunt tua Sceptra Dei
Sunt tua Facta Viri.
Paulus Lutherus
Doctor scripsit
in patria a° 1580
die 30 Maij.“
Bibliophilie.
(Die Silberbibliothek Herzog Albrechts von
Preußen.) Als im Beginn des Krieges eine Belagerung Königs
bergs drohte, ist die berühmte Silberbibliothek Herzog Al
brechts von Preußen nach Berlin gebracht und der Königl.
Bibliothek in Gewahrsam gegeben worden, in der sich nun
diese kostbaren Silberbände befinden. Vielleicht läßt es sich
ermöglichen, daß die künstlerisch hervorragenden Arbeiten
der Frührenaissance zur öffentlichen Ausstellung kommen,
denn dieser Schatz ist wenig bekannt. Vor den Russen hat er
schon einmal flüchten müssen, im Siebenjährigen Kriege, und
dabei rechten Schaden genommen, 1806 wurde er vor den
Franzosen nach Memel gebracht. Es sind 20 Silberbände in
Folio, Quart und Oktav, die dicken Buchenbretter der Deckel
sind mit Silberplatten belegt, die von Nürnberger und Königs
berger Goldschmieden aufs reichste mit gravierten und plastisch
reliefhaften Darstellungen bedeckt sind. Paul Schwenke, der
jetzige erste Direktor der Königl. Bibliothek, und der Kunst
historiker Prof. Konrad Lange haben den Nachweis geführt,
daß Herzog Albrecht die Silberbände um 1540—60 für seine
Gemahlin Anna Marie hat schaffen lassen, deren unnötiger,
über ihre Mittel hinausgehender Aufwand bekannt ist. So hat
die Herzogin auch schon 1563 einen Silberband als Pfand einer
Bürgersfrau geben müssen, die sie trotz mehrfachen Verbotes
in ihren Verkehr zog und die ihrerseits die Fürstin in allerlei,
natürlich nur zu ihrem eigenen Vorteil ausschlagende Kauf
geschäfte verwickelte. Gebunden sind in die Silberbände
reformatorische Schriften; Luthers Bibel, Hauspostille, Predigt
bücher und dergleichen. Dementsprechend sind die Darstel
lungen der Deckel religiösen Inhalts, aber auch die Bilder der
Tugenden und die Porträts des Ilerzogspaares fehlen nicht
innerhalb des üppigsten Ornamentschmuckes. Die künstlerisch
ausgeglichenste Arbeit lieferte der Nürnberger Goldschmied
Christoph Ritter, während die Königsberger Silberarbeiter
mehr auf Reichtum der Dekoration als auf Originalität sahen.
Die Vorbilder haben sic sich von überall her zusammengesucht.
Von einem dieser Königsberger Goldschmiede ist übrigens
auch das preußische Reichsschwert im Berliner Krontresor,
das gleichfalls von Herzog Albrecht stammt und an Griff
und Scheide mit ähnlichen Silberreliefs geziert ist; es kam
unter dem Großen Kurfürsten nach Berlin. Diese zufällig aus
dem allgemeinen Ruin gerettete Silberbibliothek zeigt die
dekorative Kunst, der Renaissance im Dienste des Protestan
tismus auf achtunggebietender Höhe.
(Eine neue Kriegsausstellung in der Berliner
Kgl. Bibliothek.) Eine neue kleine Kriegsausstellung, außer
der Handschriftensammlung Darmstädter, ist jetzt in der
Berliner Kgl. Bibliothek eingerichtet worden. Es ist eine Aus
lage von Karten und Abbildungen zum Kriege im Vorraum der
Kartensammlung der Bibliothek.
(Spinozas Bibliothek.) In dem kleinen bescheidenen
Häuschen in einem Hintergäßchen in Rynsburg bei Leiden,
wo Spinoza in friedlicher Abgeschiedenheit und ländlicher
Stille von 1661 bis 1663 gewohnt hat, ist seit 1899 ein kleines
Museum eingerichtet, daß außer Werken von ihm und über ihn
die Bibliothek des großen Philosophen zum größten Teile be
herbergt. Der Verein „Het Spinozahuis“, dem Haus und Samm
lungen gehören, hat jetzt einen sehr sorgfältig gearbeiteten
Katalog dieser Sammlung herausgegeben, über den M. D. v.
Henkel einen interessanten Bericht gibt. Die Bücher, die im
Spinozahause vereinigt sind, sind nicht die Exemplare, die er
selbst benützt hat, denn seine Bibliothek wurde nach seinem
Tode im Jahre 1679 öffentlich versteigert und so in alle vier
Winde zerstreut. Glücklicherweise hat sich aber das vom
Notar Willem van den Hove für die Versteigerung aufgestellte
Bücherverzeichnis erhalten, das 1888 veröffentlicht worden
ist, und aus den Angaben dieses Verzeichnisses hat man den