Nr. 9
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 127
ehemaligen Glacis stand, an der heute die Wiener
Votivkirchc sich erhebt. Ein schönes Werk Wiener
Schmiedekunst aus dem 17. Jahrhundert, das Sammler
glück dem Maler zugeführt hatte. Fischer kaufte das
Häuschen nach dem gewesenen Stadtrat Krön es, der
dieses Baustück mit mehreren anderen erwarb, als
das alte Zeughaus aufgelassen und die in ihm unter
gebrachten Sammlungen zum großen Teil in das neue
städtische Museum hinübergenommen wurden. Wenn
man unter der mit dichtem Grün behängten Terrasse
und durch den Hausflur nach rückwärts in den Garten
tritt, steht man vor einem mächtigen, dunkelgrünen
Laternenpfahl, auf den eine große Gaslaterne aufge
setzt ist. Er stand einst auf dem Hof gegenüber dem
Kriegsministerium, und an ihn wurde am 6. Oktober 1848
Kriegsminister Latour gehängt, nachdem das Mini
sterium von den Revolutionären gestürmt und der
Minister ermordet worden war. Damals saß eine kleine
Öllampe auf dem Pfahl, die abends hinter fahlgelben
Gläsern brannte, die aber wurden von den Soldaten
des Bruders des ermordeten Kriegsministers zerschlagen
und in ihren einzelnen Stücken und Splittern zum
Andenken mitgenommen. Seither wollte man diesen
Laternenpfahl an den verschiedensten Orten wieder
gefunden haben, und erst kürzlich tauchte die Nach
richt auf, daß er sich in Laibach befinden soll,
Fischer aber glaubte an die historische Echtheit seines
Pfahls, wenngleich dafür keine schriftliche, sondern
nur die mündliche Überlieferung unter den Einwohnern
Neuwaldeggs zeugt.
Im Garten ist eine Madonna aufgestellt, die lange
im Zeughaus behütet wurde und von der die Sage
geht, daß sie das einzige Heiligenstandbild auf freiem
Platze war, das in den Tagen der Wiener Revolution
im Jahre 1848 vom Kugelregen verschont blieb. Steigt
man zum Wald hinauf, dann stößt man auf ein Lust
haus, das im alten Wien als Musikpavillon im ,,Para-
diesgartl“ stand. Als Fischer in den Besitz des Häuschens
gelangte, übernahm er mit diesen historischen Denk
mälern auch die alte St. Johannes von Nepomuk-
Kapelle, die früher auf der hohen Brücke stand, die
über den tiefen Graben durch die Wipplingerstraße
führte. Christian August, Herzog zu Sachsen-
Zeitz, Bischof von Raab, ließ sie im Jahre 1732 hier
errichten. Als im Jahre 1858 die baufällig gewordene
Brücke umgebaut werden sollte, entfernte man die
längst zum Verkehrshindernis gewordene Kapelle,
ohne für sie einen anderen geeigneten Standplatz zu
suchen. Damals nahm sie Stadtrat Krones an sich
und stellte sie in seinem Garten auf. Dort fand sie
Fischer bei der Hausübernahme, von Schlingpflanzen
dicht umwachsen. Da der neue Hausherr für sie keine
Verwendung wußte, trat er sie bald nachher an den
Erzherzog Eugen ab, der sie als Brunnenhaus auf
dem Hofe eines seiner Schlösser in malerischer Um
rahmung aufstellen ließ.
.Die prähistorischen Sammlungen, in Vitrinen und
in kleinen Schubfächern sorgfältig untergebracht, hat
Fischer teils auf seinen zahlreichen Reisen auf klassi
schem Boden erworben, teils durch eigene Ausgrabungen
erlangt. Mit Vielen teilte Fischer die Ansicht, daß das
für den Sammler von größtem Werte ist, was er selbst
an Ort und Stelle gefunden hat; was durch Händler
und Auktionen von einer Hand in die andere gelangt,
wird manchmal schon dadurch wertlos, daß dessen
Provenienz nicht mehr nachzuweisen ist. So kann
eine primitive Keramik an und für sich sehr inter
essant erscheinen, wenn man aber ihren Ursprung
nicht kennt, bleibt sie wertlos. Für die Wissenschaft
ist natürlich immer das das Wertvollste, was durch
systematische Ausgrabungen gewonnen wurde.
Auf dem Gebiete der Prähistorik hat Fischer
nicht nur an Ausgrabungen teilgenommen, sondern
solche auch selbständig durchgeführt. Er hatte auch
die Genugtuung, Fundstellen, wie z. B. eine paläo-
litische in Aggsbach (Niederösterreich) und eine
neolitische innerhalb der Grenzen von Wien selbst
zu entdecken, die von besonderer Bedeutung wurden.
Die Fundobjekte aus diesen Ausgrabungen wurden
dem Wiener Hofmuseum einverleibt.
Was der Künstler in seinem Besitz verwahrte,
sind hauptsächlich zwei Sammlungen: Die eine
umfaßt glasierte Gefäße aus der späteren Römer- und
aus der Völkerwanderungszeit; die andere Emails aus
diesen Zeiten. Die übrigen Objekte sind, außer einer
ziemlich reichhaltigen ägyptischen Sammlung, Ein
zelstücke, welche sich teils durch besonderen wissen
schaftlichen Wert, teils durch Schönheit auszeichnen.
Es sind griechische und römische Bronzen, Marmor
stücke und Terrakotten. Da ist unter anderem eine
griechische Bronzestatuette, die Karikatur eines alten
Mannes aus Fajoum, und aus demselben Fundort
eine Klithia, eine weibliche Büste, aus Blättern heraus
wachsend. Aus der Donau bei Preßburg wurde ein
Merkur ausgebaggert, der aus einem Schotterklumpen
mühsam herausgearbeitet werden mußte. Er dürfte
durch die Donau von Carnuntum bis Preßburg
getrieben worden sein. Aus Komorn stammt eine
Pallas Athene, eine andere griechische Büste aus
Ägypten, eine dritte aus der Umgebung von Rom
(etruskisch). Unter den Marmorstücken befindet sich
ein schöner, kleiner, römischer Torso, ein Teil eines
Sarkophages, der eine Flußgöttin darstellt. Manche
schöne Stücke, wie ein Relief mit Seetieren, sind im
Garten aufgestellt und geschickt verwendet, eines als
Einfassung eines Bassins; aridere größere Plastiken
stehen in der Wohnung als Zierde: darunter; ein
schöner Mädchenkopf, den Fischer in Rom durch
Zufall um acht Lire erwarb.
Unter den Terrakotten fallen einige Tanagra-
figürchen und eine Kollektion kleiner Köpfchen von
besonderer Schönheit mit oft ganz eigentümlicher
Frisur auf. Geradezu meisterhaft in der Charakteristik
ist der Kopf eines Negerknaben. Eine große Zahl
von griechischen und etruskischen Vasen sind da,
eine darunter eine Pallas Athene zu Pferde, eine
außerordentlich seltene Darstellung.
Nicht immer ist es der Kunstwert, welcher den
Gegenständen Interesse verleiht, auch Objekte des
täglichen Gebrauches haben großen kulturhistorischen
Wert. Schmuckgegenstände, Votivgegenstände, Kinder
spielereien und Gebrauchsgegenstände des Alltag
lebens, sind doppelt interessant, wenn sie uns erkennen
lassen, daß ihre Herstellung dieselbe geblieben ist,
wie in alten Zeiten. Ein antikes Reibeisen aus
Blech z. B. hat dieselbe Form, in der es die Rastel
binder heute noch zum Verkauf umhertragen, und
ein Fingerhut wurde schon damals so gebaut wie
heute. Ein etruskisches Rasiermesser könnte für ein
orientalisches Rasiermesser von heute genommen
werden. Spielzeuge aller Art und Nippes haben
sicherlich auch damals die Verwendung gefunden, die
sie heute haben; Amoretten, Darstellungen aller Art
von Kleintieren, oft als Verzierung von Prunkvasen
verwendet, oder als Votivgaben in den Tempeln
geopfert, wie es heute noch im Gebirge bei uns üblich
ist, oder Körperteile des Menschen, die von den
Kranken als Bitt- oder Dankopfer dargebracht wurden.
Zierlich sind zwei Schweinchen aus Terrakotta; das
eine stammt aus Griechenland, das andere ist
römisch und durch ein rotes Band um den Leib als
Opfertier gekennzeichnet. Wir werden durch solche