Nr. 1
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 11
(„Der Friede" in New-York gestohlen.) Das für
den Friedenspalast im Haag bestimmte große Deckengemälde
„Der Friede“ von Albert Besnard ist in New-York, wo es
ausgestellt war, gestohlen worden. Wie das Pariser „Journal“
schreibt, hat man bis jetzt aus leicht erklärlichen Gründen
von der Beförderung des Gemäldes an seinen Bestimmungsort
abgesehen. Der Maler hatte im Einverständnis mit der fran-
zösichen Regierung beschlossen, das Bild in New-York aus
zustellen. Dort ist es auf unerklärliche Weise entwendet
worden. Das Kunstwerk war mit M 80.000 versichert. Es war
am 1.5. Dezember in New-York eingetroffen und sollte das
Hauptzugstück der am 2. Jänner zu eröffnenden Kunstaus
stellung bilden.
Handschriften.
(Johann Sebastian Bachs schriftlicher Nachlaß.)
Das Verkaufsangebot von Joh. Sebastian Bachs „Wohl
temperiertem Clavier" in einem kürzlich zur Ausgabe gelangten
Antiquariatskatalog legt die Frage nahe, was überhaupt aus
den hinterlassenen Musikmanuskripten des Altmeisters ge
worden ist. Auf diese Frage hat der ehemalige Archivar des
Pariser Konservatoriums, Charles Malherbe, vor längerer
Zeit einen interessanten Aufsatz veröffentlicht, in dem er
sagt, daß sich nach dem Tode Bachs seine beiden Söhne
Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann in den
schriftlichen Nachlaß des Vaters teilten. Der erste, der die
Erinnerungen an seinen großen Vater sorgsam hütete, be
wahrte die ihm zugefallenen Handschriften bis zu seinem im
Jahre 1788 erfolgten Tode in dem gleichen Schrank, in dem
sie zu Lebzeiten Bachs geruht hatten; dann wurde sie in
Hamburg, wo Philipp Emanuel Kirchenmusikdirektor ge
wesen war, öffentlich versteigert und von der Königlichen
Bibliothek in Berlin erworben; der andere, Wilhelm Friede
mann dagegen, in seiner Verkommenheit das unglücklichste
der vielen Kinder des Thomas-Kantors, betrachtete die ihm
zugefallenen Handschriften als eine ebenso einfache wie
billige Quelle, seiner Trunksucht zu fröhnen. Um ein Glas
Wein gab er Fugen und Kantaten hin, und so ist es gekommen,
daß ein großer Teil der Bachsclien Hinterlassenschaft an
Musikmanuskripten in alle Winde zerstreut und, soweit sie
nicht durch Einzelkauf von Bibliotheken und Archiven er
worben wurden oder gelegentlich im Handel auftauchen, als
verloren betrachtet werden müssen.
Numismatik.
(Vom Ledergeld zum Papiergeld.) Die „Nord
deutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt: Rasch und leicht hat
das deutsche Volk sich in dieser so schweren Zeit an das Papier
geld gewöhnt, obwohl die kleinen Scheine zu 1 und 2 Mark
zunächst etwas Neues und Ungewöhnliches waren. Das Papier
geld an sich ist zwar für Europa etwas recht Altes. Schon vor
zwei Jahren hat es sein 250. Jubiläum feiern können. Er
funden wurde es dagegen schon vor 2000 Jahren in China,
und zwar zu einer Zeit, wo die Staatseinnahmen mit den Aus
gaben nicht Schritt hielten. Allerdings bestand der erste Er
satz für das Metallgeld nicht aus Papier, sondern aus Hirsch
leder. In faustgroßen, bemalten Stücken kam es als eine Art
von Schatzscheinen in Zahlung. Aber dieses Ledergeld, das
heute zu den größten Seltenheiten gehört, hatte verschiedene
Nachteile. Die Farbe hielt auf ihm nicht fest genug, es konnte
leicht nachgemacht werden und schließlich war der Stoff nicht
in genügender Menge vorhanden. Um das Jahr 1000 n. Chr.
entschied sich deshalb das Reich der Mitte zur Einführung von
Papiergeld. Es waren Holztafeldrucke, die sogenanntenTschi-tsi.
Sie hatten unbegrenzte Umlaufszeit. Später ging man zu den
Kao-tsu über, das beißt zu Scheinen, die nur drei Jahre im
Kurs waren und dann eingezogen wurden. Aber das chine
sische Volk weigerte sich zunächst, die neuen Zahlungsmittel
anzunehmen. Die Regierung wußte sich zu helfen. Ein Auf
druck auf den Scheinen bestimmte: „Papiergeld mit kaiser
lichem Siegel ist so gut wie Metallgeld. Wer nicht gehorcht,
wird geköpft." Das wirkte. China genießt somit nicht nur den
Ruhm, das erste Papiergeld, sondern auch den ersten Zwangs
kurs eingeführt zu haben. Auch in Europa verlief die Ent
wicklung in gleicher Weise, wenn auch bedeutend später.
Bei der Belagerung der italienischen Stadt Faenza im Jahre
1241 griff Kaiser Friedrich Barbarossa zum erstenmal zu dem
Mittel, seine murrenden Söldner mit Ledergeld abzulöhnen.
Gulden von Pappe finden sich in der belagerten Stadt Leiden
im Jahre 1574 im Umlauf, und ebenso hatte Rußland in Kriegs
zeiten wiederholt Lederrubel in Verkehr gebracht, aber nur
immer als vorübergehenden Notbehelf, um den Mangel an
Metallgeld zu ersetzen. Das erste eigentliche Papiergeld aber
kam für Europa in Schweden zur Ausgabe. Dort erhielt im
Jahre 1633 der Bankier, wie wir heute sagen würden, Johann
Palmstruck von der Regierung die Erlaubnis zur Ausgabe von
Banknoten, die aber erst viel später von der Stockholmer
Bank unter dem Namen von „Transportzetteln" ausgegeben
wurden. Sie waren auf einfachste Weise im Buchdruckver
fahren hergestellt und nur Nummern und Namen handschrift
lich eingetragen. Dem Vorgang Schwedens folgte 1694 die
Bank von England, 1695 Norwegen, 1713 Dänemark, 1718
Frankreich. In Frankreich zeigte sich zum ersten Male das
Unheil übertriebener Papiergeldwirtschaft, als die Schwindel
bank des Schotten Law zusammenbrach und Frankreich
an den Rand des Verderbens brachte. Auch die übrigen euro
päischen Staaten ließen sich die Vorteile nicht entgehen,
die die Geidproduktion durch die Druckerpresse mit sich bringt-.
Und so gab Rußland vom Jahre 1768 an ebenfalls Papiergeld
aus. Österreich hatte schon 1762 damit begonnen, Sachsen
folgte gegen Ende des 18. Jahrhunderts und in Preußen ließ
Freiherr von Stein 1805 das erste Papiergeld ausgeben.
(Jüdische Münzen.) Aus Berlin wird berichtet: In
der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Juden
tums hielt Professor Dr. Pick (Gotha), einen Vortrag über:
„Die jüdischen Münzen“. Die jüdischen Münzen sind künst
lerisch nicht hervorragend schön, aber eigenartig und haben
daher stets den Altertumsforscher und Sammler beschäftigt.
Daher erklärt es sich, daß über die jüdischen Münzen eine große
Literatur vorhanden ist, zahlreiche Hand- und Lehrbücher
die meistens in englischer Sprache erschienen sind. Die größte
Sammlung jüdischer Münzen befindet sich in London. Sie
ist vor wenigen Jahren aus dem Nachlaß des Sammlers Leo
pold Hamburger aus Frankfurt a. M. nach London ge
kommen, und Lord Rothschild hat die Mittel zum Erwerb
der Sammlung bereitgestellt. Eine bedeutende Sammlung
jüdischer Münzen besitzt ferner Paris, das Berliner könig
liche Münzkabinett und das Münzkabinett in München.
Daneben sind noch zu nennen die Sammlung von Karl Meier
in Offenbach und die Sammlung der Berliner jüdischen Ge
meinde. Es sind heute noch mehrere tausend jüdische Münzen
der verschiedensten Arten und Formen vorhanden, Sie er
strecken sich auf die kurze Zeit von etwa 200 Jahren. Die
ersten jüdischen Münzen, die sogenannten Shehel, entstanden
zur Zeit der Makkabäer. Vorher benutzten die Juden die Münzen
der Völker, mit und unter denen sie lebten. Wer zuerst jüdische
Münzen geprägt hat, ist bis heute wissenschaftlich einwand
frei noch nicht festgestellt. Die jüdischen Münzen, sowohl
Silber- wie Kupfermünzen, zeigen einen Kelch und auf den
Kult bezügliche Darstellungen, oder Blumen und Pflanzen.
Nach dem Jahre 63 v. Chr. wurden ausschließlich Kupfer
münzen geprägt, weil die Römer das Prägen von Münzen in
Edelmetallen allein ausübten. Nur während der Aufstände
66 bis 70 und 132 bis 135 n. Chr. erscheinen noch jüdische
Silbermünzen. Außer diesen echten jüdischen Münzen sind
endlich noch die erfundenen Münzen zu erwähnen, die zum
Teil aus dem XVI. Jahrhundert stammen und nach mißver
standenen Beschreibungen des Talmud angefertigt wurden.
Sie sind indessen von den echten Münzen dadurch zu unter
scheiden, daß sie die quadratische Schrift aufweisen.