Internationale
^ammfer^rffung
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
8. Jahrgang. Wien, 15. Juli 1916. Nr. 14.
Qriginal-Kupferplatten Rembrandts.
Aus Paris kommt eine bedeutsame Nachricht. Dar
nach hat der Kupferstecher Coppier der dortigen
Akademie der schönen Künste 31 Original-Kupfer
platten von Rem br an dt vorgelegt, die in sehr gutem
Zustande erhalten sind. Entdeckt wurde dieser Schatz
in der Privatsammlung eines Herrn de Beaumont.
Coppicr selbst hat die Platten auf ihre Echtheit ge
prüft und er versichert, daß es sich zweifellos um
Originale handelt, auf denen der große niederländische
Meister seine unsterblichen Visionen festgehalten hat.
Abzüge, die mit einer besonderen Tinte und auf einem
Papier, ähnlich dem, dessen sich Rembranclt bediente,
hergestellt wurden, zeigten sich angeblich gut erhaltenen
Radierungen Rembrandts durchaus ebenbürtig.
Unter diesen Originalplatten befinden sich die zu
folgenden Radierungen: „Die Kreuzabnahme mit den
Fackeln“, „Die Taufe des Kämmerers“, die sogenannte
„Ruhende Negerin“ und die große Platte von „Christus
und die Jünger in Emaus“.
Die Zahl der von Rembrandt selbst radierten Blätter
wurde von Dezallier d’Argcnsvi Ile in seinem Werke
„Leben der berühmtesten Maler“ (Leipzig, 1768) mit
280 angegeben, neuere Forscher beziffern sie je nach
Anzahl der als unecht ausgeschiedenen Blätter höchst
verschieden. So zählt Bartsch 375, Legros höchstens
113, Singer höchstens 236, Michel, Seidlitz, wie
Woermann an 270 Blätter.
Dezallier weist darauf hin, daß ein genaues Ver
zeichnis „aller von Rembrandt selbst radierten Blätter
mit ihren Abänderungen in gleichen der nach ihm und
in seinem Geschmack herausgekommenen Stücke der
Cataloguc Raisonne de toutes les pieces, qui forment
l’oeuvre de Rembrancl par Gersaint augmente par Helle
et Glorny, Paris 1761“ liefere; er selbst hebt folgende
Blätter als die merkwürdigsten hervor: „Das soge
nannte Hundcrtguldenblatt, welches Christum vor-
stcllt, wie er verschiedene Kranken heilt, und den
Namen erhalten, weil der Künstler es nicht anders
verkaufte, eine Abnehmung vom Kreuze, eine Anbetung
der Könige, die Auferstehung des Lazarus, der Tod
der Maria, alles große Blätter. Die Verkündigung der
Hirten, Jason und Medea im Tempel der Juno, der
Samariter vor der Tür eines Wirtshauses, das Blatt
heißt gemeiniglich das Pferd mit dem weißen Schwänze,
eine Darstellung im Tempel, eine Abnehmung vom
Kreuze, viel anders und kleiner als die vorige. Mardo-
chai und Hamann, Petrus, der einen Lahmen an der
Türe des Tempels heilt, Christus, der in der Synagoge
predigt, die Taufe des Verschnittenen von Candace,
alles Blätter von mittelmäßiger Größe. Josef mit seinen
Brüdern, Josef und Potiphars Frau, zwei Figuren Von
nackenden Weibern, eine Magd mit einem Blumen
strauß, Vertumnus und Pomona, Christus, der die Ver
käufer aus dem Tempel treibt, die kleine Kuchen
bäckerin, ein Hirte, der bei seiner Hirtin liegt und die
Flöte bläset, die Enthauptung des Johannes, sechs sehr
schwarze Blätter, welche Nachtstücke vorstellcn, und
das Licht von Lampen erhalten, die Jünger zu Emaus,
zwei Kreuzungen im kleinen, davon eine oval, die kleine
Auferweckung Lazarus, die Anbetung der Könige, der
Kaufmann mit Mithridat, Abraham, der das Holz zum
Opfer auf Isacks Schultern ladet, die Aufnahme des
verlorenen Sohnes von dem Vater, eine Versammlung
von Rabbinen, die Samariterin, die Steinigung des
Stephanus, eine Flucht nach Ägypten, ein heiliger
Hieronymus, Abraham, der die Hagar mit ihrem Sohne
Ismael vertreibt, Christi Grablegung, eine heilige
Familie, Josef, der von seinen Brüdern erkannt wird,
Daniel in der Löwengrube, zweimal auf verschiedene Art,
Christus, der im Tempel lehrt, seine Darstellung da
selbst, Tobias, der das Gesicht wieder erhält, mit dem
Engel, der gegen Himmel fährt, Jakob, dem seine Kinder
den Tod ihres Bruders Josef ankündigen. Gegen
dreißig Blätter Studien, Einfälle und Kaprizen, davon
einige sehr frei sind. Diese angeführten Blätter sind
klein.“
Weiters bemerkt der alte französische Kunstschrift
steller: „Unter Rembrandts radierten Bildnissen ist
sein eigenes auf dreierlei verschiedene Art, seine Frau,
und der Bürgermeister Six sehr rar. Copenool zweimal.
Ein Mann mit einem spitzigen Hute, der sich auf dem
Tische stützt, ein sitzender Alter, Clement de Jonghe,
Johann Cornelius Silvius, gemeiniglich der Rabbi ge
nannt, ein Jude, der die Treppe hinabsteigt, Vyten-
bogard., Ephraim Bonus, Abraham Fransen, ein
Kunstliebhaber, der vor einem Tische sitzt, Anslord,
der Prediger von den Wiedertäufern, der alte Häring,
der Advokat Tolling, der seltenste unter allen, ein
Bankier in Holland, der Goldwäger genannt, ein Stern
seher. Verschiedene große und kleine Köpfe von alten
Männern und Weibern. Fünfzig verschiedene kleine
Köpfe. Seine Landschaften tun eine vortreffliche Wir
kung: man zählt deren fünfunddreißig.“
Soweit Dezallier, dessen Aufzählung insofernc inter
essant ist, als sie Anhaltspunkte für jene Radierungen
bietet, die im 18. Jahrhundert als echt angesehen
wurden. Bezüglich der Preise enthält das Werk außer
dem Hinweise auf das Hundertguldenblatt, das „den
Namen erhalten, weil der. Künstler es nicht anders ver
kauft“ die Bemerkung, daß die Radierung des Bürger-