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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
8. Jahrgang. Wien, 1. September 1916. Nr. 17. 
Das Sammeln im Kriege. 
Voif M. 
Allem Anscheine nach hat die Sammlertätigkeit 
im Kriege keineswegs nachgelassen. Nach überein 
stimmenden Berichten aus England und Holland, aus 
Wien und Berlin haben sogar die Versteigerungen von 
modernen und alten Kunstwerken überall einen über 
raschend großen Erfolg gehabt. Das ist auch erklärlich. 
Im Kriege sind neue sehr große Vermögen entstanden, 
die beim Erwerb von Dingen dauernden Wertes mit 
den alten Sammlern in Wettbewerb getreten sind. 
Eine geheimnisvolle Macht scheint die neuen Millionen 
zu alten Kostbarkeiten zu ziehen, sich „alt einzu 
richten" wird immer mehr Mode bei den reichen Leuten, 
zumal wenn sie das Bedürfnis haben, die Quellen 
ihres neuen Reichtums zu verbergen. Aber von diesen 
Sammlern wollte ich eigentlich nicht sprechen, sondern 
von jener großen Zahl von Sammlern, die erst durch 
den Krieg entstanden sind. Von den neuen Dingen 
auch, die gesammelt werden, und von den neuen Ge 
genden, in denen diese Sammler tätig sind. 
Unter den Dingen, die im Kriege gesammelt werden, 
nehmen natürlich die Kriegsandenken den größten 
Raum ein. Zahllos sind die Sachen, die da ihre Lieb 
haber finden. Bei manchem Offizier machen sich 
ganz besondere, aus der Art schlagende Sammler 
neigungen geltend. So begegnete ich hier einem Major- 
und Bataillonskommandanten, dessen Stellung tage- 
und wochenlang von feindlicher Artillerie aller Kaliber 
beschossen wurde. Dabei gab cs eine Menge Blind 
gänger und Schrapnellausbläser. Mit diesen hat der 
Major sich in sehr dekorativer Weise den kleinen 
Garten bei seinem Unterstand umrahmen lassen. 
Aus den Führungsringen der Granaten werden von 
geschickten Soldaten in den Stellungen selbst recht 
hübsche Ringe und Armbänder gemacht, die als 
Kriegsandenken sehr eifrig gesammelt werden. 
Durch den Krieg ist ferner auf dem Gebiete der 
künstlerischen Metallarbeiten der alten Sammler- 
neigung ein neuer Ansporn gegeben worden. Durch 
die freiwilligen oder von Amts wegen durchgeführten 
Metallsammlungen sind ganz außerordentliche künst 
lerische Schätze ans Tageslicht gebracht worden. 
Zum Glück hat man gleich daran gedacht, durch 
erfahrene Fachleute die Riesenmengen des einge 
lieferten Metalls nach künstlerisch oder historisch 
wertvollen Dingen durchsuchen zu lassen. Die Aus 
beute war —- wie die von mir in der „Internationalen 
Müller. 
Isonzofront, im August. 
Sammler-Zeitung“ besprochene Ausstellung der Gegen 
stände in Wien zeigte — eine überraschend große. 
Man sah jetzt erst, welche Schätze einer alten Kultur 
in den Ländern der Monarchie noch vorhanden sind. 
Ganze Säle sind gefüllt mit wunderschönen feinen 
Dingen alter und ältester deutscher, romanischer, 
slawischer und orientalischer Handwerkskunst. Man 
sieht da erst, wie nüchtern wir geworden, welche schönen 
und edlen Formen bei den Dingen des täglichen Ge 
brauches uns verloren gegangen sind. Viele dieser 
Dinge, die in alten Schlössern und Kirchen oder im 
Gerümpel alter Bauern- und Bürgerhäuser durch 
viele Jahrzehnte, ja Jahrhunderte verborgen und 
vergessen waren, sind erst durch den Krieg und den 
Metallmangel ans Tageslicht gekommen und werden 
jetzt auf den großen Sammlermarkt gebracht werden. 
Einen weiteren Anstoß hat die Sammlerneigung 
dadurch erhalten, daß Hunderttausende von Menschen 
den Schauplatz ihrer Tätigkeit immerfort wechseln, 
von einer Ecke des ganz Europa umspannenden Kriegs 
theaters in die andere geschleudert werden und überall 
wechselnde, größtenteils neue und fremde Eindrücke 
davontragen. In den Grenzgebieten, in denen der 
Kampf tobt, sind natürlich trotzdem manche Dinge 
einer alten wervollen Kultur vorhanden, und die 
Störung der Verkehrswege, die ständige Gefahr der 
Zerstörung und die gerade hier durch den Krieg ein 
getretene Verarmung der Menschen begünstigen die 
Sammlerneigungen der dort kämpfenden Offiziere 
und Soldaten. So konnte mancher Offizier, der weit 
herum kam, sehr billig in Ostgalizien schöne alte 
Tempelleuchter, in Mazedonien ganz feine Filigran 
arbeiten oder alte byzantinische Bilder, in Albanien 
prächtige Feuersteinpistolen und Stickereien, am 
Isonzo istrianische Spitzen oder alte italienische 
Terrakotten sammeln. Es war kein besonderer Zufall, 
wenn ein Offizier alle diese drei Kriegsschauplätze 
besucht hat, es gibt viele Tausende, die während des 
Krieges dort überall gewesen sind, ln der Tat sind auch 
die Offiziere, wie ich mich jetzt wieder in Triest und 
Görz überzeugen konnte, die Hauptkunden der Kunst 
handlungen und Antiquitätengeschäfte. 
Unter den alten Zweigen der Sammlertätigkeit hat 
endlich auch die Philatelie durch die Ausgabe neuer 
zahlreicher Kriegsmarken eine bedeutende Bereicherung 
erfahren. Das Kriegsmarkengeschäft geht, wie ich
	        
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