MAK
Nr. 18 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 159 
Die Kunstschätze Südtirols. 
In den ,,Mitteilungen der k. k. Zentralkommission 
für Denkmalpflege“ berichtet Josef Garber über die 
Sicherung und Bergung der Kunstdenkmäler vor 
Kriegsgefahr in Südtirol. Wir entnehmen den sehr 
interessanten Ausführungen folgende Daten: 
In Trient kamen unter den transportablen Gegen 
ständen vor allem die sieben äußerst wertvollen nieder 
ländischen Gobelins im fürstbischöflichen Diö- 
zesan-Museum in Betracht, die wahrscheinlich der 
Kardinal Bernhard von Cles (1514 bis 1539) aus 
Brüssel bezogen hatte. Da sich dem Abtransporte 
derselben große Schwierigkeiten entgegensetzten, 
wurden sie in einem geheimen, feuer- und bomben 
sicheren Doppelgewölbe, wohin sie aus dem Diözesan- 
Museum gebracht worden waren, belassen*). 
Aus dem Diözesan-Museum wurden ferner alle 
wertvolleren Gegenstände durch den Konservator Pro 
fessor V. Casagrande geborgen. Durch ihn wurde 
auch der Dom schätz in Sicherheit gebracht; ebenso 
war er es, der einige Zeit später die Abnahme der wert 
vollen Altarbilder der Konzilskirche S. Maria 
Maggiore leitete, worunter sich ein Morone „Dis 
putation der vier Kirchenväter“; ein Cignarolli: 
Ekstase der hl. Theresia; eine Anbetung der Könige 
(veronesisch, 16. Jahrhundert) befinden. 
Aus dem Presbyterium derselben Kirche wurden 
entfernt: ein vorzügliches Ölgemälde, darstellend die 
hl. Clara, in der Art des Moretto gemalt; ein Triptychon 
Christus im Leiden und zwei Bischöfe (deutsche Schule 
1536); eine Madonna mit Heiligen (spätgotische ita 
lienische Arbeit); ein Christus im Grabe (Richtung 
des Tintoretto) und noch mehrere andere Bilder. Das 
Museo civico von Trient nahm die Bergung seines 
Besitzes durch die eigenen Vertreter vor. Aus der 
Domkirche und anderen Kirchen Trients wurden 
ebenfalls die wertvollsten Bilder und Gegenstände in 
Sicherheit gebracht. 
Eine gründliche Bergungsaktion in den Städten 
Rovereto und Riva wurde vom Landesverteidigungs 
kommando in Tirol zu Beginn des Jahres 1916 an 
geordnet. 
Aus der Kirche S. Maria del Carmine wurden 
die fünf großen Ölgemälde von Baronio Cavalcabo 
(1682 bis 1759), welche in den Stuckaturrahmen des 
Presbyteriums eingelassen waren, herausgenommen, 
ferner das Altarbild des rechten ersten Seitenaltares, 
von Pieri 1738 gemalt, und ein großes Barockbild, 
Christus und die hl. Theresia, das im Kreuzgange 
gefunden wurde. 
Aus der Franziskanerkirche wurden zwei ehe 
malige Altarbilder, zwei Santa conversazione, eines 
aus dem 16., das andere aus dem 17. Jahrhundert, 
welche sich in einem Nebenraume der Kirche befanden, 
geborgen, ferner aus der Kirche selbst das große Barock 
bild der Portalwand: Madonna mit dem hl. Franziskus 
über der Kirche von Portiunkula. Aus dem Refektorium 
des Klosters wurden vier gute Ölbilder „Sterbende 
Frau mit Madonna und Kind“, barock, „Die hl. Frauen 
bei der Kreuztragung Christi“, barock, venezianisch, 
„Charitas“ und „Tod des hl. Josef", beide barock, 
herausgenommen. 
*) Das Gewölbe wurde später geöffnet und die Gobelins 
besichtigt, um sich zu überzeugen, ob sie nicht etwa unter 
Feuchtigkeit litten. Sia zeigten sich jedoch vollständig intakt, 
Daß der Ort ihrer Unterbringung tatsächlich trocken ist, zeigte 
sich daran, daß sich auf den Kisten, in denen sie eingcschlagen 
sind, sogar ein leichter Staub angesetzt hatte. 
Aus der Kapuzinerkirche wurden geborgen 
zwei spätgotische Statuen, hl. Sebastian und hl. Rochus, 
und sechs gute Barockbilder, von denen das stark 
venezianisch beeinflußte Gemälde „Christus und Mag 
dalena beim Gastmahle des Pharisäers“ das wert 
vollste ist. 
Aus dem Museo civico wurden die zahlreichen 
prähistorischen Fundgegenstände, insoweit sic mit 
festen Fundvermerken versehen waren, mehrere Ge 
mälde, darunter Ölskizzen des Baronio Cavalcabo 
und viele andere Gegenstände, geborgen. 
Der Accademia degli Agiati wurde das schöne 
Porträt der Kaiserin Maria Theresia mit seinem Rokoko 
rahmen, ein Geschenk der Kaiserin an die Akademie, 
entnommen, ferner alle anderen älteren und besseren 
Porträts der Mitglieder der Akademie, eine sehr gute 
Holzskulptur einer Pieta (um 1500) und drei große 
Kisten mit Archivalien. 
Aus der Biblioteca civica wurde das Archiv 
des Municipio di Rovereto, das Archiv der Congregation 
di caritä, das Porträt des Roveretaner Geschichts 
forschers Tartarotti (1706 bis 1761), von Constantini 
gemalt, und vier Kisten mit den wertvollsten Hand 
schriften und Frühdrucken geborgen. 
Aus der Kapelle des Gymnasiums kam ein 
vorzügliches Barockgemälde „Maria mit dem Evan 
gelisten Johannes“ in Sicherheit. 
In der Cassa di Risparmio schmückten 19 große 
Fresken zumeist Friese, die vor Jahren beim Umbau 
des alten Gebäudes mit Unterstützung des Staats 
denkmalamtes von den Mauern abgelöst und auf 
Leinwand übertragen worden waren, die Innenräume 
des Neubaues. Die zierlichen Frührenaissancemalereien 
entstammen zwei verschiedenen, jedoch nicht weit 
getrennten Arbeiten, ungefähr um das Jahr 1500, 
sind vorzüglich übertragen, gut erhalten und gehören 
zu den ältesten Kunstdenkmälern der erst spät auf 
geblühten Stadt. Da ein Rollen der großen Bilder 
wegen der Gefahr des Abbröckelns der übertragenen 
Freskofarbe auf die Leinwand gefährlich schien, mußten 
für den Abtransport der 19 Bilder äußerst große Kisten 
angefertigt und ein eigener offener Waggon bestellt 
werden. 
Viele Tage nahm die Bergung der Sammlung 
Ros mini im gleichnamigen ausgedehnten Palazzo 
in Anspruch. Der letzte Besitzer desselben, der be 
kannte Theologe und Schriftsteller Antonio Ros mini, 
hatte testamentarisch seinen Palazzo mit allen von 
ihm und seinen Ahnen gesammelten Kunstwerken der 
Stadt Rovereto vermacht mit der Bestimmung, daß 
an dem Bestände nichts verändert werden darf. So 
bildete der Palazzo Rosmini mit seinen Fluchten von 
Zimmern, angefüllt mit Gemälden, Kupferstichen und 
schönem Mobilar, ein äußerst geschmackvolles, eigen 
artiges Ensemble, dem das Zeichen der Unberührtheit 
seit dem Tode Rosminis (1855) in pietätvoller Weise 
anhaftete. War auch der Reiz des Ganzen hauptsächlich 
in der alten kunstsinnigen Ausstattung jedes einzelnen 
Raumes gelegen, so mußte doch, da es unmöglich war, 
alles zu bergen, eine Auswahl der Objekte getroffen 
werden. Von der Bergung des Mobilars mußte man 
im allgemeinen schon von vorneherein absehen, zudem 
waren die einzelnen Stücke wohl in ihrer Zusammen 
stellung, jedoch nicht immer für sich besonders wertvoll. 
Die prächtigen Rokokoöfen konnten erklärlicherweise 
ohnehin nicht in Betracht gezogen werden. Ein großer 
Saal im Parterre und die obersten Räume des Hauses
	        
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