Nr.
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 27
wiesen ist, daß die nordischen Bläser vor 3000 Jahren
denselben Ansatz hatten wie unsere Hornisten und
es sogar unwahrscheinlich ist, daß der musikalische
Geschmack jener Zeit sich mit dem unsrigen deckt.
Immerhin zeugen diese Luxen von einer hoch-
entwickelten Kultur alter Kriegsvölker des Nordens.“
Verblüffend sind Feldhaus’ Kenntnisse der alten
Handschriften und der Kupferstiche, die er mit Glück
zur Unterstützung seiner Behauptungen heranzieht.
So zeigt er uns beispielsweise in einem Kupferstich
aus dem Jahre 1588 den vom Ingenieur Ramelli
herrührenden Entwurf zu einem Schiffswagen, der im
Wasser mittels großer Schaufelräder bewegt wird; in
einem Kupferstich aus dem Jahre 1798 entdecken wir
eine auf Rädern mitgeführte Feldküche, in anderen
lernen wir die ältesten Luftballontypen kennen, sehen
eine Wasseruhr fürs Feld aus dem Jahre 1521 u. dgl. m.
Wie Feldhaus das älteste datierte Gewehr fand,
das erfahren wir aus dem instruktiven Abschnitt über
die Stangenbüchsen. Er erzählt da: „Das älteste,
mit einer Jahreszahl versehene Gewehr entdeckte ich
vor einigen Jahren auf sonderbare Weise im Museum
für Völkerkunde in Berlin. Es lag dort in einem
Schrank der chinesischen Abteilung und war als „Wall
pistole“ bezeichnet. Das aus Bronze gegossene Rohr
mißt 35 cm in der Länge und trägt in chinesischen
Zeichen die Aufschrift „.Kaiser Yunglo, im 19. Jahr,
7. Monat“. Außerdem sind noch inventarnummern
auf dem Rohr zu lesen. Das 19. Jahr der Regierung
jenes chinesischen Kaisers war unser Jahr 1421.
Als ich mir diese chinesische Inschrift hatte erklären
lassen, war ich nicht wenig erstaunt, eine Wallpistole
in der Hand zu halten, die 120 Jahre älter sein mußte,
als die früheste Nachricht von Pistolen überhaupt.
Gewiß, die Form der Waffe sprach für eine Pistole:
in der Mitte den wulstigen Teil mit einer länglichen
Zündpfanne, die ehemals durch einen Deckel geschlossen
werden konnte, als Handgriff der lange Schaft, und
als Pistolenrohr der kurze Teil.
Als ich diesen seltenen Fund zweifelnd in der Hand
hielt, kam mir der erleuchtende Gedanke zur rechten
Zeit: blase in den Lauf hinein, dann kommt die Luft
zurrt Zündloch hinaus. Schlau, nicht wahr ? Und ich
blies. Es kam aber keine Luft. Und ich blies schließlich
in den langen, wohl zur Gewichtserleichterur.g hohl
gegossenen Handgriff der Pistole, da zischte die Luft
zum Zündloch hinein. Zunächst allgemeines Staunen.
Dann hell ich mir einen Besenstiel, steckte die angeb
liche Wallpistole mit ihrem kurzen „Lauf“ darauf auf
und konnte so den erstaunten Sinologen die Ver
wendung ihrer Waffe klar machen. Es ist gar keine
Wallpistole, sondern die älteste bisher bekannt gewordene
datierte Stangenbüchse, zugleich das älteste
datierte Gewehr überhaupt. Bei näherer Unter
suchung fanden sich in der unteren, kurzen Bohrung
noch die Reste eiserner Stifte, die Rohr und Holzschaft
ehemals zusammen hielten.“
Den Vorläufer unserer Kriegsliteratur haben
wir nach Feldhaus in dem ersten Kriegsbuch zu
erblicken, das 1405 in Deutschland entstand. „Am
28. August des Jahres 1405“, so lesen wir bei Feldhaus,
„vollendete der aus Franken stammende Ingenieur
Konrad Ny es er von Eichstädt ein Prachtwerk, in
dem er alles zusammentrug, was zur technischen
Kriegführung seiner Zeit geeignet war. Über drei Jahre
lang wurde an der kostbaren, auf Pergament ge
schriebenen und mit mehreren hundert Malereien
gezierten Handschrift gearbeitet. Diese Reinschrift
war für Kaiser Rupprecht von der Pfalz bestimmt;
sie wird heute auf der Universitätsbibliothek in Göt
tingen aufbewahrt. Kyeser gibt seinem Werke den
lateinischen Titel Bellifortis, womit er andeuten will,
daß der Besitzer dieses Buches zum Kriege besonders
gestärkt sei. Zu Anfang seiner umfangreichen Ein
leitung betet Kyfeser: „O höchste Weisheit, verleihe
mir Klugheit, bis ich die scharfsinnigen Pläne zu Ende
geführt habe, durch die der ganze Erdkreis mit wilder
Tapferkeit bezwungen wird.“
Soll man nicht glauben, diese Worte wären ein
halbes Jahrtausend später für uns geschrieben ? Doch
hören wir noch weiter, was Kyeser in seiner lateinischen
Widmung des Werkes zu sagen weiß.
Soll das Buch zunächst dem Kaiser gehören, so
vergißt Kyeser doch nicht, es auch den berühmten
Herzogen, den äußerst kriegstüchtigen Landgrafen,
den glänzenden Rittern, den hochherzigen Heerführern,
den kühnen Hauptleuten, den kraftvollen Kapitänen,
den ausdauernden Soldaten und andern Ständen
zuzueignen.
Seine deutsche Heimat liebt Kyeser über alles:
„Rühmt sich Indien seiner Edelsteine, Arabien seines
Goldes, Ungarn seiner schnellen Pferde, Italien seiner
List (!), England seines Reichtums, Frankreich seiner
Vornehmheit und Freundlichkeit (?): so ist Deutsch
land wahrlich berühmt durch seinen entschlossenen,
starken und tapferen Soldätenstand. Wie der Himmel
sich mit Sternen schmückt, so leuchtet Deutschland
hervor durch seine freien Künste, wird geehrt wegen
seiner mechanischen Kenntnisse und zeichnet sich aus
durch vielerlei Gewerbe, deren wir uns billig rühmen.
Im übrigen ist unser Heer über die ganze Erde berühmt
geworden; denn als die Erhebung vieler Nationen
die Augen auf sich zog, die gesetzliche Ordnung
störte, und die Wage des Rechts aus dem Gleichgewicht
brachte; da handeln wir Deutsche nicht also;
wir sind nicht von Sinnen, und leiden nicht an jener
geistigen Schwäche, daß wir uns nicht lieber von der
Wahrheit leiten, als von der Falschheit betrügen ließen
und nicht dem Kaiserthron, der uns von höchsten
Wesen für ewige Zeiten übertragen und bestimmt war,
lieber durch Gerechtigkeit schützen, als durch Un
gerechtigkeit wanken machen."
Als Kyeser dies nieder schrieb, lebte er als Ver
bannter in den böhmischen Wäldern. Weshalb er
verbannt war, was. er sich im Wechsel des Krieges
hatte zuschulden kommen lassen, wissen wir nicht.
Nachdem er sein Buch vollendet hatte, bleibt er für
uns verschollen.
Sammler von Ansichtskarten wird interessieren,
daß auch die Ansichtskarte ein Kind des Krieges ist..
Wir lesen darüber in Feldhaus’ Büchlein, das eine
förmliche Fundgrube ist: „Die Postkarte selbst war
erst am 25. Juni 1870 zum erstenmal zur Ausgabe,
gelangt. Bald nachher kam der Krieg. Da druckte,
es war am IG. Juli, der Buchhändler August Schwartz
in Oldenburg, auf eine gewöhnliche Postkarte ein in
seiner Druckerei vorhandenes Bildchen ab, das einen
Artilleristen an seinem Geschütz zeigt. Seine Schwieger
eltern waren nämlich in Marienbad und hatten große
Not, sich durch den Truppenaufmarsch bei der Mobil
machung bis Oldenburg durchzuschlagen. Bis Magde
burg waren sie gekommen, mußten dort aber Aufenthalt
nehmen. So begrüßte der Schwiegersohn sie dort in
der Hoffnung auf baldiges Wiedersehen mit der Karte,
deren Bildchen ein Hinweis auf den Kriegszustand
sein sollte.
Im Oktober 1875 erschien diese artilleristische
Bilderkarte mit 24 ähnlichen Karten, die teils humo
ristische, teils ernste Bilder trugen, bei Schwartz im
Handel.
Alsbald nahmen . Gasthäuser. und Vergnügungsorte
die Idee der Bilderpostkarte zu Reklamezwecken auf.“