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Inter nationale Sammler-Zeitung
Nr. 3
Eine interessante Autograptienversteigerung.
Am 11. und 12. Februar veranstaltet Karl Ernst
Henrici in Berlin eine ungewöhnlich interessante
A utc >graphen au ktion.
Der Katalog umfaßt 732 Nummern, hauptsächlich
aus Kunstgebieten, doch sind auch Politik und Ge
schichte recht gut vertreten. In erster Linie möchten
wir die vier Briefe Beethovens hervorheben. Tn
einer Harmoniestudie von ihm mit genauen theoreti
schen Erläuterungen (zwei Seiten in Quart) legt der
Tonheros ein herrliches Bekenntnis seines Genies mit
den Worten ab: ,.lhr lieben Freunde, ich gab mir
die Mühe bloß hiermit um recht beziffern zu können
und dereinst anderen anzuführen. Was Fehler angeht,
so brauchte ich wegen mir selbst beinahe dieses nie
zu lernen, ich hatte von Kindheit an ein solch zartes
Gefühl, daß ich es ausübte, ohne zu wissen, daß es
so sein müsse oder anders sein könne.“
In einem Schreiben an den Musikalienhändler
S im rock in Bonn, der Beethovens sämtliche Werk"
herausgeben wollte, beschwerte sich der Meister
darüber, daß er so an Wien gebunden sei. „Was Karl
(Beethovens Neffe) betrifft", so schreibt Beethoven
am 10. Februar 1820, „so konnte ich ihn nicht einmal
nach Landshut zu dem berühmten und würdigen
Professor Sailer bringen! Was glauben sie, wie man
schreien würde über Bonn, man würde gleich aus
dieser Bona eine Mala machen — in diesem Stücke
haben die Chinesen und Japanesen noch einen Vorzug vor
unserer Kultur, wenn sie niemanden außer Landes lassen,
da wenigstens eine andere Religion, andere Sprache
andere Sitten für sie anstößig gefunden werden können.
Was soll man aber sagen, wenn man so zu sagen aus
einer Provinz in die andere nicht darf, wo Religion usw.
alles eben so höchstens vielleicht besser ist!!!! —
Mein gnädigster Herr Erzbischof und Kardinal hat
noch nicht Geld genug, seinen ersten Kapellmeister
gehörig das Seinigc zukommen zu lassen . . Der
Brief befand sich im Besitze Johannes B hm.-,, dessen
Exlibris auch beiliegt.
Die zwei anderen Beethoven-Briefe sind an Karl
Bernhard und den Musikverleger Mechetti gerichtet.
Von dem bekannten Publizisten urd Staatsmann
Friedrich von Gentz liegt ein hochinteressantes
politisches Schreiben aus Preßburg vor mit einer
liöchst bezeichnenden Notiz über die-Belgier, die
gerade jetzt von aktuellem Wert sein dürfte. Es heißt
darin unter anderem: „Ich habe nie geglaubt, daß der
Einmarsch des Prinzen Friedrich das Ende der bel
gischen Revolution sein würde. Die Belgier sind alle
insgesamt keinen Schuß Pulver wert und doch kann
allein ein Schuß Pulver sie zur Raison bringen.“
Originell und interessant wie immer sind die Briefe
Heinrich Heines, gerichtet an seinen Freund, den
Schriftsteller Alexander Weil in Frankfurt a. M. Die
Briefe beziehen sich auf einen Artikel in der „Mainzer
Zeitung“, in dem behauptet wurde, Heine hätte auf
offener Straße von Salomon Strauß, dem Gatten
der von ihm angegriffenen Mme. Wohl-Strauß — der
Freundin Ludwig Börnes — Ohrfeigen bekommen:
„Meine Gesundheit hat leider darunter gelitten, daß
ich meine Badekur unterbrechen und schleunigst
hierher (Paris) reisen mußte wegen des kläglichen
Triumvirats. Seit der Retraktation desselben ist meine
Ehre gesichert — um so mehr, da Strauß sich in For
malitäten flüchtet, um sich nicht zu schießen. An die
Ohrfeige glaubt kein Mensch mehr.“
Bekanntlich hat das Duell doch stattgefunden,
doch ist Heine nicht verwundet worden, dank der
klingenden Münze in seiner Brieftasche, woran die
Kugel abprallte. Der „ungezogene Liebling der Grazien"
machte damals den Witz: ..Das war mal ein gut an
gelegtes Kapital!“
In demselben Briefe ist übrigens auch noch von
einem anderen intimen Feind Heines die Rede. Er
nennt Gabriel Rießer einen „Narrn“ und berichtet
weiter, daß Rießer nach Paris kommen wolle, um
sich mit ihm zu schlagen. Im Abendbriefe desselben
Tages, der nicht datiert ist, empfindet er aber
Reue darüber, was er über Rießer gesagt hat und
meint: „Der Narr bat mir wirklich ein Duell ange
tragen, und ich bin in der Notwendigkeit, cs anzu
nehmen. Es darf daher niemand wissen, was ich Ihnen
in betreff seiner geschrieben. Machen Sie nur gleich
einen Aufsatz über ihn . . . so daß er lächerlich ist.
wenn er hier.ankommt; denn er will, daß in den Zei
tungen zu lesen sey, daß der Gabriel Rießer nach Paris
reist, um sich mit H(einrich) H(eine) zu schlagen.
Frechheit und Eitelkeit.“
Andreas hinter ist durch einen schönen patrioti
schen Brief vertreten. Die Adresse lautet wörtlich:
„Am Herrn Joseph Morendcl Comendant zu Kaltem.
Durch Ordinanz. Eiligst, Eiligst. Eiligst.“
Hofer schreibt darin: „Seyad sie nur gutes Muthes
mit der Hilfe Gottes werden wir einen guten Kampf
Kempfen, der sowohl für Gott Religion und dem
Kaiser verdienstlich aus fallen wird, die Waffen sind
immer gesegnet und haben dem Feind schon grosen
schaden zugefiegt . . . Eir warer freint und Prueder
es ist eine freid die dättigkeit des folckhs anzusöhn
Andere Hofer Obercomendent zu Passeye.r der Ihnen
die wirkhlich fohlmacht ehrdeilt.“
Von Persönlichkeitswert ist ein Brief Liszts, der
eben mit der Gräfin De Ago.ult gebrochen hatte;
ein Menzel-Brief ist wegen der scherzhaften Hand
zeichnung, die das Tohuwabohu in einem Saale des
Schlosses, der unter seiner Leitung von Handwerkern
dekoriert, wird, darstellt, erwähnenswert.
Für das Verhältnis von Richard Wagner zu
Meyerbeer sind die Briefe wichtig, die sich in der
Sammlung yorfinden. Bekanntlich suchte sich Wagner
im Anfang seiner dornenvollen Laufbahn, die Gunst
des gefeierten Opernkomponisten durch „glühende
Verehrung" zu erwerben, eine Verehrung, die zu dem
Standpunkt, den er später dem Musiker Moyerbecr
gegenüber eirmahm. in grellem Gegensatz steht.
In einem Briefe aus Paris vom 18. Jänner 1840,
worin er Meverbeer als ..mein innig verehrter Herr
und Meister“ anspricht, erwähnt Wagner, daß sein
Gönner ihm gestatten wolle, ihm von Zeit zu Zeit
von seinen Pariser Angelegenheiten Nachricht zu geben.
Er bittet, ihn, nicht zu zürnen, wenn er mit seinen
vielleicht beängstigenden Hilferufen ihn sogar bis in
seine stille Zurückgezogenheit verfolge. „Ihre Abreise
von Paris! . . . Ach, von da beginnt ein Klagelied in
meiner Lebens- und Strebensgeschichte, das dereinst,
wenn ich, wie ich keineswegs zweifle, erstaunlich
berühmt geworden sein werde, gewiß von irgendeinem
großen Poeten in 24 bis 48 Gesängen gefeiert und
beweint werden wird ..."
Dann erzählt er launig von der Entstehung seiner
Ouvertüre zum ersten Teil des „Faust“ (vgl. ..Mein
Leben“, S. 211) und von seinen fruchtlosen Versuchen,
seine Oper (Umarbeitung des „Liebesverbots oder Die
Novize von Palermo“) im Renaissancetheater zur An
nahme zu bringen. („Mein Leben“, S. 208). Immer
erneut wiederholt er seine Bitte, ihm durch Emp-