MAK
Seite 38 
Internationale Sammler Zeitung 
Nr. 4 
der schönen litauischen Wehmuster in ihren fein 
zusammengestellten Farben erübrigt sich schon voll 
kommen. Als echte Volkskunst sind die Leinen 
stickereien zu nennen mit einer ganz unglaublichen 
Fülle der verschiedensten Motive. Hemden, Hand-, 
Taschentücher, Schürzen und Tabakbeutel werden 
bestickt, meist zweifarbig in schwarz und rot oder 
auch einfarbig in diesen Farben. Als dritte Farbe tritt 
häufig ein Orangegelb hinzu. Fesselnd wäre eine Ver 
gleichung mit deutscher Volkskunst dieser Art, manches 
Seitenstück ließe sich da finden. 
Wie herrlich ist ferner die Arbeit der feinen schmiede 
eisernen litauischen Kreuze, an Filigran gemahnend, 
aber nie in das Zufeinverästelte sich verlierend, stets 
großzügig unter Betonung des Kreuzmotivs dasselbe 
Thema in immer neuer Form behandelnd. 
Eine Brücke zur orientalisch-asiatischen Kunst 
schlagen die alten byzantinischen Heiligenbilder und 
Auch an Holzschnitzereien in alten Synagogen 
gehe man nicht achtlos vorüber. Große, aus dem 
vollen Holz geschnitzte Tierfiguren habe ich gesehen, 
die mich an alte, lebensgroße Tiermodelle der Meißner 
Porzellanmanufaktur erinnerten, durchbrochene Säulen 
mit dem immer wiederkehrenden Traubenmotiv, in 
ihrer Fülle an die Kunst der Renaissance gemahnend. 
An jüdischer Kleinkunst finden sich noch Riechbüchsen 
aus Silber und anderen Metallen in gotischer Form 
oder auch als stilisierte Blumen, oft auch mit ein 
gelegtem Email, oder der handgeschnitzte Holzgriff 
einer alten Thora. Gute russische Silbera.rbeiten sind 
auf dem Lande in diesen Zeiten kaum zu sehen. 
Die Architektur bietet nicht allzu viel. Die griechisch- 
katholischen Kirchen sind meist neuerer Herkunft 
und sind alle nach einer Schablone gebaut.’ Schön 
wirken sie freilich aus der Ferne durch ihrejhellen, 
freundlichen Farben und die eigenartige Form ihrer 
Fig. J.O. 
Brüsseler 
Messing-Emailarbeiten, wie sie in den griechisch- 
katholischen Kirchen und Kapellen, besonders der 
altgläubigen Sekte, angetroffen werden. Man spürt an 
ihnen den Weltgeist der Kunst. Persische Miniaturen, 
die Illuminationen der Mönche.des Mittelalters, japani 
sche Lackarbeiten, Limoger Emaillen, sie alle sind mit 
ihnen verwandt. Der Goldton ist wie flüssig und sammet 
weich, die Farben sprühen und funkeln wie Geschmeide 
dank ihrer Durchsichtigkeit (Eiweißfarben). Rührend 
wirkt in ihnen der starke, naive, gläubige Aus 
druck. _ 
Ein reizvolles Studium der Formen bieten die hier 
so allgemein verbreiteten Samoware, von denen ja 
jeder schon einmal gehört hatte und die, ein so wich 
tiger, (unentbehrlicher Gegenstand des russischen 
Lebens sind. Da findet sich neben der meist vor 
kommenden neueren Tonnenform die gedrungene Form 
mit geperltem Rand, eine andere gefälligere nach oben 
breiter werdende Form mit schönen Henkeln oder 
eine achteckige Form auf richtigen Louis XV-Füßen 
ruhend. Ein Studium für sich bieten dann noch die 
mannigfachen Formen der dazugehörigen Schlüssel. 
Spitzenfächer. 
Kuppeln mit den vergoldeten Doppelkreuzen. Alle 
neuen katholischen Kirchen zeichnen sich durch ihre 
Größe und Geschmacklosigkeit aus. Um so seltener 
und schöner sind aber die alten, noch ganz aus Holz 
erbauten Kirchen und Kapellen, wie z. B. die in Laie 
bei Kielmy stehende. Die schönste alte Synagoge mit 
einem übereinander gebauten Schirmdach, ganz chi 
nesisch wirkend, sah ich in Rogowo, sie ist aus Holz 
erbaut und weist auch noch, wenn ich mich recht 
erinnere, hübsche durchbrochene Außenfriese und 
Fensterumrahmungen auf, wie sie auch Bauernhäuser 
in der dortigen Gegend zeigen. 
Schließlich will ich noch die Schönheit der primi 
tiven handgefertigten Haus- und Ackergeräte nennen, 
die durch ihre Einfachheit und Zweckmäßigkeit auf- 
fallen, und den Reichtum der Farben und die Fülle 
der Formen der einfachen Töpferwaren. 
Bunt und wahllos, wie sich mir die Gegenstände 
darboten, habe ich diese kleine Aufzählung gemacht, 
vielleicht ist sie für manchen ein Hinweis zum künst 
lerischen Genuß in einer Umgebung, die nicht viel 
erwarten läßt. („Zeitung der 10. deutschen Armee“.)
	        
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