Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
8. Jahrgang. Wien, 1. März 1916. Nr. 5.
Zwei Ausstellungen.
Von M. Müller (Wien).
Der Krieg erst bat mit voller Deutlichkeit gezeigt,
von wie überragender Bedeutung für die Staaten ein
möglichst großer Besitz von Metallen aller Art ist.
Gold und Silber müssen auf gehäuft werden, um den
ungeheuren Ausgaben für Heer, Heeresbedarf und
zum' Teil auch für die Ernährung der Völker die Wert
grundlage zu geben, fast alle anderen Metalle dienen
zur Herstellung der Munition, die in diesem Kriege
in einer früher nie geahnten Menge verbraucht wird.
Unsere Geschütze sind zum größten Teil aus Stahl
bronze, die Gewehrpatronen und sämtliche Geschoß
zünder des Artillerieschießbedarfes-sind aus Messing,
aber auch Blei, Zinn und vor allem Kupfer werden in
der Geschoßfabrikation in riesigen Mengen verbraucht.
Eine der stärksten Hoffnungen unserer Kriegsgegner,
die Zentralmächtc endlich doch auf die Knie zu
zwingen, ist ja, daß uns einmal das Kupfer ausgehen
werde, das früher in großen Mengen aus Amerika
und Rußland eingeführt wurde. Diese Hoffnung ist
ebenso trügerisch wie die auf das Verhungern Mittel
europas, allerdings aus einem ganz anderen Grunde,
Wir werden nicht verhungern, weil der erhöhte Anbau
des Brotgetreides und eine zielbewußte Sparsamkeit
uns davor schützen, wir werden aber auch bis ans
Ende dieses mörderischen Krieges schießen können,
so viel uns notwendig erscheint, weil unerschöpfliche
Mengen aller Metalle —- vom Eisen, das wir im Über
flüsse täglich neu aus der Erde fördern, ganz abgesehen
■—■ im Volksbesitz und dadurch auch im Besitze der
kriegführenden Staaten sind.
Seit Jahrhunderten hat man in allen Kulturstaaten
aus den Metallen, die man jetzt zum Kriegführen
braucht; tausende und abertausende Dinge des täg
lichen Gebrauchs, des Handwerks, der Kunst und der
Religionsübung hergestellt. Erst die neuere Zeit setzte
zum großen Teil das in allen Formen verarbeitete
Eisen an die Stelle dieser Metalle. Jetzt aber in den
Zeiten des Bedarfs kommen die Metalle wieder massen
haft zum Vorschein, um den kriegerischen Zwecken
des Vaterlandes zu dienen. Es wird sich darum in
unserem Leben nichts ändern, nur das Eisen wird
eine noch vielfachere Verwendung erfahren, und bald
werden die meisten Staatsbürger sagen können: Gold
gab ich für Eisen, aber auch Kupfer, Messing, Zinn,
Blei und Nickel.
I.
In zwei Fällen hat man diesen Metallumwandiungs-
prozeß der Kriegsfürsorge dienstbar gemacht. Die
„Patriotische Kriegsmetallsammlung" und die Aktion
„Gold gab ich für Eisen“ haben aus der freiwilligen
Hingabe von Metallen für die wirtschaftliche und
kriegerische Bewaffnung des Vaterlandes große Werte
gezogen. Beide haben auch Ausstellungen veranstaltet,
die in vielfacher Beziehung außerordentlich lehrreich
sind und gerade in der „Internationalen Sammler-
Zeitung" eine ausführlichere Besprechung-verdienen.
In beiden Ausstellungen sind nur jene Gegenstände
gesammelt worden, die von rein künstlerischem oder
geschichtlichem Interesse sind. Die Ausstellung der
Patriotischen Kriegsmetallsammlung ist naturgemäß
viel reichhaltiger ausgefallen, als die Edelmetallsamm-
lung. Sie umfaßt nicht weniger als 4470 Stücke, die
nach bestimmten Gesichtspunkten in zwanzig ver
schiedenen Abteilungen untergebracht sind. Ein Gang
durch die Ausstellung ist ein lehrreicher Kursus in
österreichischer Kulturgeschichte der vier letzten Jahr
hunderte. Sie zeigt erst deutlich, wie zahlreich die
alten Schätze sind, die der Allgemeinheit verborgen
bleiben, solange sie in alten Schlössern, in kleinen
Dorfkirchen, im Bodenkram von Stadt und Land ihr
unbeachtetes Dasein führen. Das Glück und die Findig
keit des Sammlers kann da und dort ein seltenes Stück
zum Vorschein bringen, aber um diese Gegenstände
in solchen Massen ans Licht kommen zu lassen, be
durfte es eines gewaltigen Anstoßes, der erst die Leute
auf ihren oft von ihnen selbst gering geachteten Besitz
aufmerksam machte. In vielen Fällen mögen sich ja
auch die Menschen mit Bedauern von uraltem Hausrat
getrennt haben, der ihnen vielleicht um Geld nicht
feil gewesen Wäre, den sie aber willig auf dem Altar
der Vaterlandsliebe niederiegten. Manche Geber
machten denn auch den ausdrücklichen Vorbehalt,
daß es ihnen zustehe, die Gegenstände zurückzukaufen,
wenn sie nicht zur Einschmelzung gelangten. Sie
wollten durch die Hingabe ihrer Schätze sagen, daß
sie- auch geliebte Dinge opfern wollten, wenn es die
Sache erfordere.
An der Sammlung, die etwa zwei Millionen Kilo
gramm Metalle ergab, sind alle Kronländer beteiligt.
Zur Ausstellung, die aus dieser großen Metallmenge
herausgesucht wurde, haben naturgemäß jene . Länder