MAK
Seite 54 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 6 
Die Sammlung der Baronin besteht jetzt aus 
ungefähr 300 Uhren, schon an und für sich eine statt 
liche Ziffer; was sie aber zu einer der hervorragendsten 
macht, ist die ganz offenbar hervortretende Liebe und 
Sorgfalt, mit welcher sie zusammengestellt wurde und 
die jedem einzelnen Stücke einen besonderen, vom 
künstlerischen, wie fachmännischen Standpunkte aus 
wichtigen Platz anweist. 
In der Sammlung sind Taschenuhren so ziemlich 
aller Arten und Zeiten seit deren Erfindung zu Beginn 
des sechzehnten Jahrhunderts vertreten; auch sehr 
hübsche, vorzüglich erhaltene vier- und sechseckige 
Tischuhren der Renaissancezeit in feuervergoldeten 
Bronzegehäusen finden sich da. Von diesen verdienen 
einige reizende Stücke besonders hervorgehoben zu 
werden. So: eine kleine, etwa 10 cm hohe Turmuhr 
in vergoldetem Bronzegehäuse mit einer kleinen Kuppel 
und Galerie mit Schlagwerk; Augsbutger Arbeit; ferner 
eine reizende kleine Tischuhr, viereckig, in vergoldetem 
Gehäuse, die Seitenwände mit facettierten Gläsern 
versehen, durch welche das vorzüglich erhaltene Werk 
sichtbar wird. Das Werk stammt von Mich. Hollmer 
in Prag, besitzt Schlagwerk und Wecker, Silber-Ziffer 
blätter und vergoldete Zeiger; das Gehäuse selbst ist 
reich ornamentiert. 
Eine andere, sehr schöne sechseckige Tischuhr ist 
ebenfalls Prager Herkunft und entstammt der Hand 
eines berühmten Meisters, Ferdinand Engelschalks. 
Das Gehäuse ist aus vergoldeter Bronze, die Kanten 
geschweift, reich graviert, mit seitlichen Facetten 
gläsern; die Ecken von silberoxydierten Masken be 
grenzt. Das Werk besitzt ebenfalls Schlagwerk und 
Wecker. 
Besondere Freude gewährte es der Ebner, in den 
Besitz einiger kleiner, tragbarer Uhren aus der ersten 
Zeit ihrer Herstellung gekommen zu sein. Das Werk 
der einen ist aus Eisen und besitzt als Regulator eine 
Löffelunruhe, das sogenannte Foliot. Es ist in eine 
hübsch gravierte feuervergoldete Messingtrommel ein 
gebaut; der Boden des Gehäuses zeigt in der alten 
Art graviert Judith mit dem Haupte des Holofernes 
und ruht auf drei niedlichen, kleine Löwen dar 
stellenden Füßchen. Eine andere sehr wertvolle Uhr 
ist dosenförmig, feuervergoldete Bronze, reich durch 
brochen gearbeitet, eine sogenannte Halsuhr, das 
Werk ganz aus Eisen, mit Schlagwerk und Wecker. 
Viel Vergnügen wird der Kenner an den Nürnberger 
Eierlein (nicht von der aus technischen Gründen ver 
wendeten Eiform, sondern von der Bezeichnung Orrlein- 
Ührlein-Eierlein abgeleitet) finden, die die Sammlung 
birgt. Unter anderem fällt uns von ovalen Uhren 
eine astronomische Uhr von Nikolaus Rugcndas in 
Augsburg um 1605, auf. Das Gehäuse besteht aus 
vergoldeter Bronze, ebenso das Zifferblatt, welches 
eine Einteilung für die Stunde, für das Datum und 
für . die Monate sowie einen Mondkalender besitzt. 
Ein sehr wertvolles Stück holländischer Herkunft 
ist eine achteckige Uhr von Hubert in La Haie, 
16. Jahrhundert; das ringsum reich ornamentierte 
Gehäuse ist aus Silber und besitzt auf dem einen 
Deckel eine Gravierung, die durch zwei jugendliche, 
leicht bekleidete Personen den Frühling darstellt, 
während eine Gravierung auf dem zweiten Deckel 
durch zwei alte Leute, die sich am Feuer des Kamins 
erwärmen, den Winter andeutet. Auch einige acht 
eckige Uhren mit Seitengläsern aus facettiertem Berg 
kristall sind erwähnenswert. 
Eine der schönsten Uhren der Sammlung ist 
aber eine Uhr von Christoph Schöner, deren 
Werk in einem lateinischen Kreuz aus Amethyst ein 
gebaut ist. 
Der Zeit Ludwig XIV. entstammen mehrere hoch 
gebaute Uhren, die Gehäuse aus vergoldeter Bronze, 
reich graviert; die Zifferblätter in Email oder Metall 
mit aufgelegten Emailziffern, teils mit einem, teils 
auch schon mit zwei Zeigern, einzelne mit Selbst 
schlagwerken oder Weckern. 
Ihnen folgen sehr hübsche, schon weniger hoch 
gebaute Uhren mit und ohne Schlagwerke aus der 
Zeit Ludwig XV.; die Gehäuse aus Gold und Silber, 
teils durchbrochen, teils graviert, zumeist mit sehr 
fein getriebenen Übergehäusen, deren Sujets mytholo 
gischen, historischen oder allegorischen Inhaltes sind. 
Eine sehr hübsche derartige Silberuhr ist von Samson, 
London, gebaut; das Übergehäuse zeigt in feinster 
Treibarbeit von D. C och in einen Krieger, welcher 
einer Gesellschaft von Frauen seine Abenteuer erzählt. 
Unter den prachtvollen, best erhaltenen Goldemail 
uhren des 17. Jahrhunderts ist eine von IIuaut 
gemalte von ganz hervorragender Schönheit. Der 
Gehäuseboden zeigt Jupiter und Juno in den Wolken 
thronend, in entzückender Farbenpracht; längs des 
Gehäuserandes, von kleineren emaillierten Ornamenten 
getrennt, vier reizende Landschaften und in kleinem 
gelben Emailmedaillon die Inschrift: ,,Lcs deux frere 
Huaut, pintre de son A. E. de Grandebouv.“ Auch der 
innere Teil des Gehäusebodens weist eine sehr hübsch 
gemalte Landschaft auf. Die Uhr besitzt ein mit 
Schlangenhaut belegtes Übergehäuse, in welchem 
mittels kleiner Goldnägelchen Ornamente sowie Wappen 
und Monogramme eingezeichnet wurden. 
Erwähnenswert als selten in ihrer Art sind auch 
zwei von Julien Le Roy, Paris, stammende Uhren 
in wunderschöner, sehr gut erhaltener Ausführung. 
Eine derselben besitzt Repetierwerk; das Goldgehäuse 
ist mit eingelegten vielfärbigen, prächtigen transluziden 
Emailblumen, champ leve, versehen. Das Goldgehäuse 
der zweiten Uhr besitzt eingelegte rosa Rosen in Email 
pasteuse. 
In weiterer Folge sehen wir Goldemailuhren der 
Zeit Ludwig XV. und XVI. mit sehr zart ausgeführten, 
von Perlen oder Edelsteinen umrahmten Emailporträts, 
ferner schon flacher gebaute, emaillierte Uhren vom 
Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Geschmacke der 
Zeit Maria Antoinettes entsprechenden Malereien: 
Schäferszenen, kleine Idyllen, Frauen, Männer und 
Kinder mit hübschen Landschaften als Hintergrund. 
Diese Uhren sowie jene aus der Zeit des Direktoires 
und aus der Empirezeit bilden durch die eigenartige 
Gestaltung und Färbung der Figuren auch einen 
interessanten Beitrag zur Kostümgeschichte. 
Der Empirezeit entstammen auch reizende Gold- 
emailuhren in Gestalt von. Petschaften, Lauten, 
Äpfelchen, Ringen, Leiern, Körbchen, Muscheln, 
Schmetterlingen und Uhren mit mechanischen Figuren. 
Unter diesen finden sich einige besonders hübsche, 
so eine goldemaillierte Uhr mit beweglichem Scheren 
schleifer und Windmühle, eine hübsche Spieluhr, die 
im Rückendeckel Zymbal- und violinspielende Figuren 
aufweist, eine reizende kleine Uhr mit hutschenden 
Figürchen in mehrfarbigem Golde auf emailliertem 
Gartenhintergrunde, eine prachtvolle Uhr mit Spring 
brunnen. und vorüberziehenden, beweglichen Figuren, 
Jägern, Eseltreibern, Trinkern usw. 
Eine Uhr stellt eine Tischlerwerkstätte dar, in 
welcher ein Geselle hobelt, ein zweiter mit der Säge 
einen Pflock bearbeitet und ein Lehrjunge einen Nagel 
einschlägt. Drückt man bei einer dieser LThren am
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.