Nr. 6
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 55
Bügelknopfc, so setzt sich der ganze kunstvolle Me
chanismus in Bewegung.
Ein technisch sehr interessantes Stück ist auch
eine Uhr in Goldgehäuse mit weißem Emailzifferblatte.
In der Mitte des Emailzifferblattes ist eine vergoldete
Figur in arabischer Tracht, mit herabhängenden,
beweglichen Händen angebracht. Links und rechts
von dieser Figur ist je eine Ziffernskala im Halbkreis
gezeichnet, deren Mittelpunkte sich in den Befestigungs
punkten der Arme befinden. Der Kopf des Mannes
bewegt sich während des Ganges der Uhr ständig
von einer Seite nach der andern langsam hin und her.
Drückt man am Bügelknopfe, so breitet die Figur
beide Arme aus und zeigt rechts die Stunden, links
die verflossenen Minuten an. Läßt man. den Knopf
aus, so sinken die Arme wieder herab.
Neben diesen dekorativ herrlichen Stücken eine
Reihe von Uhren in schlichten, einfach aussehenden
Gehäusen, wohl noch älterer Form, aber welche
Perspektiven eröffnen sich dem Kenner bei Betrachtung
dieser anscheinbar nüchternen Formen, welche den
Übergang zu unseren jetzigen, in ihrer Ganggenauig
keit fast unübertreffbaren Zeitmessern bedeuten.
Namen wie Graham, Lepine, Berthoud, Breguet klären
uns wohl genügend über die Bedeutung dieser Gruppe
auf, ihnen folgen dann alle jene, welche sich in neuester
Zeit Namen und Ruf erworben haben in erstklassiger
Vertretung. Einfach und nüchtern in der Ausschmük-
kung, auf höchster Stufe stehend an Präzisionswert.
Und so langen wir aus dem schönen Reiche der Träume,
inmitten einer vergoldeten Vergangenheit wieder bei
der nüchternen Gegenwart mit ihren erhöhten An
forderungen an Arbeitsleistung und Zeiteinteilung an.
Wir konnten eine Sammlung kennen lernen, die
in ihrer Zusammenstellung den schärfsten Kennerblick,
die innigste Liebe für alles, für jeden einzelnen Gegen
stand offenbart. Gesprächsweise sagte mir einst unsere
verehrte Dichterin, indem sie mit liebevoller Zärtlich
keit, bald diese, bald jene ihrer Uhren streichelte:
„Meine hebe Uhren, sie machen mir das Sterben
schwer. Wer wird sie nach mir wohl noch so gut
behandeln ?“
Wer solche Liebe für jedes Einzelne an den Tag
legt, der gibt jedem ein wenig seines eigenen Ichs,
seines Herzblutes. Der stirbt nicht; er lebt ewig in
allen, in seiner Liebe, die allen gehörte. Und diese
ihre allumfassende Liebe kennzeichnete sich auch
in. dem Wunsche, der in der letzten Zeit bei ihr auf
keimte, nämlich die Sammlung, die ihr ans Herz
gewachsen war, ohne die ich mir Baronin Ebner gar
nicht mehr vorstellen konnte, zu verkaufen, um aus
dem Erlöse zum Wohle der leidenden Menschheit ein
Kranken- und Versorgungsheim gründen zu können.
Die Ausführung dieses Gedankens blieb der Dich
terin versagt; es wäre aber wirklich wünschenswert,
wenn durch Gesamtankauf diese so prachtvolle Samm
lung ihren Platz endgültig in einem unserer herrlichen
Museen finden würde: der Allgemeinheit zur An
schauung und Belehrung und zur Erinnerung an unsere
unvergeßliche Marie von Ebner-Eschenbach.
Kriegsausstellung Wien 1916.
Aus Wien wird uns geschrieben:
Unter dem Ehrenpräsidium des Kriegsministers Feldzeug
meisters Freiherrn von Krobatin hat sich ein Komitee zu
sammengefunden, dem cs gelungen ist, die Vorarbeiten für
ein großzügiges patriotisches Werk zum Abschluß zu bringen:
Die Veranstaltung einer Kriegsausstellung in Wien.
Es mag im ersten Augenblick vielleicht etwas befremden,
daß die Wahl just auf das heurige Kriegsjahr fiel, aber eine
ruhige Würdigung der Beweggründe, die für die Urheber des
Projektes maßgebend waren, sowie die Tatsache des gleich
zeitigen Stattfindens gleicher Veranstaltungen in Berlin
und im feindlichen Ausland wird die Öffentlichkeit davon
überzeugen, daß der Plan mit weiser Bedachtnahme auf die
gegenwärtig herrschenden Verhältnisse gefaßt wurde und,
abgesehen von seiner hervorragenden volkswirtschaftlichen
Bedeutung vor allem darauf angelegterscheint, unseren Feinden
in augenfälliger Weise darzutun, daß das Vaterland auf Grund
der epochalen Waffenerfolge unserer unvergleichlichen Armeen
von den felsenfesten und unerschütterlichsten Zuversicht
auf einen glorreichen Endsieg durchdrungen ist.
Dem Grundgedanken der Ausstellung entsprechend wird
das Hauptgewicht auf die Schaustellung von Objekten gelegt
werden, die geeignet erscheinen, inmitten des friedlichen
Rahmens ein wenn auch nur flüchtiges Bild der wichtigen,
entscheidenden Ereignisse zu ergeben, wie sie der Weltkrieg
in so reichem Maß gebracht hat. Der Beschauer soll durch die
Zusammenstellung von Siegestrophäen und Beutestücken,
der Behelfe aus dem Arsenal unserer brillanten technischen
Truppen, der Requisiten der Sanitätsmannschaft und der
Verproviantierungskolonnen, der Flieger und Militärautomo
bilisten Einblick in das ungeheuere Räderwerk gewinnen,
das unsere Heerführer in zweckentsprechendem Betriebe
erhalten. Auch die Großtaten unserer bewunderungswürdigen
Flotte werden die verdiente Verherrlichung finden, und eine
eigene Marineausstellung wird im Wege der Schaustellung
von Schiffsmodellen, Torpedo- und Marinegeschossen sowie
durch eine Flaggenschau dem Städter ein Bild des Seemanns
lebens in Kriegszeiten vor Augen führen. Die Durchführung
der Kriegsausstellung erscheint durch das Entgegenkommen
unserer Kriegsverwaltung gesichert, die zum erstenmal seit
dem Bestehen von Ausstellungen sozusagen als Aussteller
auftreten wird. Das Heeresmuseum wird einen Teil seiner
Schätze zur Verfügung stellen, die Zeugs- undjMunitions-
depots, die Heeres- und Marinearsenale werden ihre sorgsam
behüteten Schätze beistellen, und kunst- und sachverständige
Offiziere des Kriegsministeriums werden sich der Aufgabe
unterziehen, den militärischen Teil der Kriegsausstellung
fachmännisch zu arrangieren.
Die Ausstellung der Erzeugnisse unserer Industrie und
unseres Gewerbes wird dem neutralen Ausland dartun, welcher
Anpassungsfähigkeit unsere heimische Produktion fähig ist,
der ein großer Teil des Verdienstes für die glänzenden Erfolge
unserer Heere zukommt.
Keine Schaustellung von industriellen Kunstwerken, die
jahrelanger Vorarbeit bedürfen, sondern eine Zusammenfassung
aller jener Artikel, deren unsere Truppen für ihr schwieriges
Handwerk bedürfen. Auch die zahlreichen Beziehungen der
Kunst und des Kunstgewerbes zum Kriege werden in der
Ausstellung zur vollen Geltung gelangen, und es erscheint
Vorsorge dafür getroffen, daß die Vertreter der bildenden
Kunst in der Exposition entsprechend zum Worte
kommen.
Die Kriegsausstellung wird auf den Gründen des Kaiser
gartens im Prater erstehen. Als Architekt wurde Professor