MAK
Nr. 7 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 63 
rot oder wenigstens mit Kräutern und Zwiebel bunt 
gefärbten Eier umlagern das in die Mitte gestellte aus 
Zuckerteig oder Butter geformte Osterlamm, von 
dessen Postament die papierene Kreuzesfahne an einem 
biegsamen Stäbchen flattert. In zierlichem Salzgefäß 
glitzert das zur Weihe bestimmte Salz und eine braun 
rindige Meerrettig-(Kren-)Wurzel liegt daneben. Im 
vollen Feiertagsstaat trägt in aller Frühe die Haus 
tochter oder Oberdirne am Ostertage den Korb mit 
seinem verlockenden Inhalt zur Weihe in die Pfarr 
kirche, damit jeder der Hausgenossen beim Frühstück 
bereits seinen Teil am Platze findet. 
Auf dem Lande muß jeder Wirt, will er nicht in 
Verruf kommen, zumindest allen Stammgästen nach 
dem „Amte“ mit „Geweihtem“ aufwarten. Fällt 
Ostern spät genug, so wird der Korb meist auch noch 
mit den ersten Frühlings-Wiesenblumen und einigen 
knospenden Zweigen extra geschmückt. Der Nach 
mittag wird dann, wo Kinder noch im Hause anwesend 
sind, dem „Eiersuchen“ gewidmet; bei gutem Wetter 
und Gelegenheit hierzu im Garten, andernfalls im Haus. 
Die Hauptrolle spielt dabei immer noch das rote 
Osterei, obwohl es als Ergänzung und Zugabe auch 
noch kleine aus Zucker oder Schokolade hergestellte 
Konditorware gab. 
Der großstädtische, blasierte Sextaner und sein 
Pendant, die Musikgöre oder das Skirhäschen rümpfen 
über solch kindisches Getue einer überwundenen 
Zeitperiode die Nase. 
Am Charfreitag, wenn eine schwarze Henne in dem 
Moment, während die „Glocken fortfliegen“, ein Ei legt, 
so ist das ein sogenanntes „Ontlasei“, dem Volksmedizin 
und Aberglaube geheime Kräfte zuschreiben. 
In meiner Jugendzeit vor mehr als 30 Jahren, 
war das Osterei auch vielfach ein Postillon d’amour. Auf 
seine färbige Fläche wurden mittels Scheidewasser 
und der Kielfeder beziehungsreiche Verse geschrieben, 
brennende Herzen, Rosen, Vergißmeinnicht und die 
symbolische Zahl 3 eingezeichnet und das also prä 
parierte Hühnerprodukt der heimlich Angebeteten zu 
geschickt oder durch eine gefällige Frau Schwertlein 
in die Hände gespielt. 
Für gute Bekannte ließ man die Schale des roten 
Eies mit Tierfiguren in der Art des Reinecke Fuchs 
schmücken und zwang den damit Bedachten zum 
Mitlachen. Wenn kleine Bissigkeiten dabei mit unter 
liefen, so wirkten diese ganz wohltätig, denn der Be 
schenkte wußte, daß es nicht bös gemeint war. Der 
Hausfrau oder den befreundeten Damen der Familie 
schenkte man ein verziertes, hölzernes oder gläsernes 
Ei, wie es zum Strümpfestopfen gebräuchlich war. 
Die Holzeier waren in der Regel zum Aufschrauben 
und enthielten Nadel und Faden oder auch „Zuckerl“ 
und andere Siissigkeiten. Welche Pracht entfalteten 
aber erst die großen und kleinen Zuckerbäcker! Da 
gab es ganze Reihen von aufklappbaren Eiern aus 
Kristallzucker, in deren Inneren sich der auferstandene 
Heiland oder das Osterlamm mit Fahne aus bemaltem 
Tragantzucker präsentierten oder man konnte durch 
eine an der Spitze des Eies eingesetzte Glaslinse im 
Innern eine Landschaft mit dem Osterwunder, dem 
„heiligen Grab“ und der „.Auferstehung“ sehen. 
Die Schnitzschulen in Tirol, Salzburg und Ober 
bayern lieferten in der ersten Hälfte des XIX. Jahr 
hunderts besonders hübsche Ostereier, die nicht nur 
zum Auf klappe, i waren und heilige oder profane 
Figürchen enthielten, sondern auch als Bekrönung 
vollrund geschnitzt und fein bemalt den auferstandenen 
Erlöser oder das Osterlamm mit Fahne auf einem 
Buche stehend, zeigten. Diese Holzcier waren voll 
Geschick und Farbensinn mit Lackfarben bunt ge 
schmückt, sie entstammten einer volkstümlichen Hand 
werkskunst. Leider hat sich von all diesen Schätzen 
nicht allzuviel auf unsere Tage gerettet. Weniges 
davon nur hat in Ortsmuseen und Privatsammlungen 
ein liebevolles Heim gefunden. 
Was uns die. alten Ostereier in Form und Wort 
erzählen, ist sehr verschieden. Im Märkischen 
Museum z. B. ist eine reiche Sammlung von Kriegs 
ostereiern aus den Befreiungskriegen verwahrt. Hier 
spiegelt sich in Sprüchen und Bildern Heldenmut und 
Waffenklang, Vaterlandsliebe, sowie Haß und Spott 
gegen den Feind. Anderseits ist das Osterei, wie schon 
erwähnt, in manchen Gegenden ein Liebesbote zwischen 
Männlein und Weiblein. Ludwig von Hör mann hat 
in, seinem „Tiroler Volksleben“ die verschiedenen 
Sprüchlein, die er auf Osteiern fand, erwähnt, ja, einen 
ganzen Liebesroman in bäuerlichen Ostereierversen 
abgeschrieben. So lauten Verse, die eine Annäherung 
des Burschen an das heimlich geliebte Mädchen her 
beiführen sollen, folgendermaßen: 
„Ich wünsch gute Ostern und viel der guten Zeiten, 
Ein rein's Gemüt, ein frisch Geblüt und Glück 
von allen Seiten.“ 
„Rosen, Tulpen, Nelken 
Und alle Blumen welken, 
Nur Dein Glück allein 
Soll stets blühend sein.“ 
Oder: 
„Ich gebe Dir ein Osterei 
Zu einem Angedenken 
Und wenn Du es nicht willst, 
So kannst Du es verschenken.“ 
Oder: 
„Hier geb ich Dir ein Osterei 
Unsere Henn hat zweierlei: 
Ein solches für den guten Freund, 
Eins dem, der es nicht redlich meint.“ 
Liebespaare machen sich auf dem Osterei zuweilen 
allerhand Geständnisse: 
Er: 
„Freundschaft hab ich Dir versprochen 
Und noch nie mein Wort gebrochen. 
Zum Zeichen meiner Treu 
Schenk ich Dir ein Osterei.“ 
Sie: 
„Was ich hab, das geb ich Dir 
Vieles hab ich nicht. 
Nimm dies als kleine Gabe hin 
Als ein Vergißmeinnicht.“ 
Auf einem anderen Ei frägt ein vorwitziger Bua: 
„Mein Herz, das brend wie eine Glud 
Möcht wissen, was das Deine thut.“ 
Worauf das Dirndl erwidert: 
„Flig hin, du schönes Ey 
Zu meinem Schatz ins Haus! 
Frag, was er hat im Sinn, 
Richte den Gruß fein aus.“ 
Oder: 
„Bleib heimlich Du der Meine, 
Genug, daß ich es weiß. 
Ich bleibe stets die Deine 
So wahr ich Rosa heiß.“ 
Liebe, Treue, Spott und Zorn, alle möglichen 
Gefühle kann man aus den schlichten Reimen auf den 
Ostereiern entnehmen. Wir wollen es hier an den Paar 
Proben genug sein lassen. Die ländliche Poesie ist 
ebenso wie die kleinbürgerliche Beschaulichkeit von 
der Schale des roten Eies verschwunden. Gewiß haben 
wir heute in den Schaufenstern prunkvoller Läden 
viel raffinierter ausgestattete Osterattrapen in Eiform
	        
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