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Seite 64 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. 7 
zum Verbergen von Pralines und sonstigem Zucker 
werk oder als Hülle für Ring und Armband, für echtes 
Geschmeide mit Edelsteinen geziert, die gar oft die 
Grabsteine der Tugend werden! Hie kostbarsten, in 
Eiform gebundenen Blumenarrangements bergen in 
ihrer Tiefe die teuersten Parfümerien, unter denen 
Beelzebub für die Suchende seinen Pferdefuß heraus 
streckt in Gestalt des Billetdoux, das die Beschenkte 
zum verbotenen Stelldichein lädt. Und wie verhalten 
sich zu all den schönen alten Osterbräuchen mit ihrem 
Eimythus und Reimsprüchen jetzt die breiten Schichten 
der Großstadtbevölkerung ? Man hat sich die Sache 
sehr vereinfacht. Unter Verwandten und Bekannten 
schickt man sich eine „Künstlerpostkarte zu mit der 
Inschrift: „Fröhliche Ostern“ und die Sache ist ab 
getan. 
Der letzte Rest der echten Osterpoesie ist in die 
weitabgelegene Bauernstube, die Kinderreiche des 
Kleinbürgers und Proletariers geflüchtet. Der Himmel 
möge sie uns wenigstens dort noch lange erhalten! 
Verkauf der Halsey-Bibliothefc. 
Wie „Publishers Weekly“ meldet, hat eine der 
hervorragendsten Büchereien der Vereinigten Staaten, 
die des Sammlers Frederic R. Halsey, New-York 
City, kürzlich den Besitzer gewechselt. Sie wurde durch 
Vermittlung von George D. Smith von dem bekannten 
Bücherliebhaber Henry E. Huntington gekauft. 
Über den gezahlten Preis gelangte nichts in die Öffent 
lichkeit, er soll aber niedriger sein, als der Wert der 
Werke einzeln genommen ergeben hätte, da Halsey 
größtes Gewicht darauf legte, seine Sammlung an 
jemanden zu verkaufen, der sie als Ganzes behalten 
würde. Sie findet in Huntington allerdings einen sehr 
würdigen Besitzer, denn dessen eigene Bibliothek 
enthält schon viele der größten Seltenheiten. Ihr wurden 
seinerzeit die besten Stücke der berühmten Robert 
Hoe-Bibliothek zugeführt und sic weist unter anderem 
auch die hervorragende Sammlung von Caxton- 
Drucken und Shakespeares Quartos des Herzogs von 
Devonshire auf. Huntington ist durch den Ankauf 
in den Besitz von kostbaren Dubletten gelangt, die 
er allerdings nach und nach veräußern will. Sonst aber 
hat er erklärt, daß er seine Bücherei nie verkaufen 
werde und daß sie nach. seinem Tode in öffentlichen 
Besitz übergehen soll. 
In der neu erworbenen Sammlung sind fast alle 
Erstausgaben der alten und neuen Größen der eng 
lischen und amerikanischen Literatur vertreten. Be 
sonders möge hervorgehoben werden, daß alle vier 
Shakespeare-Folios (1623, 1632, 1663 und 1635) vor 
handen sind, die kürzlich in London mit M 205.000 
bezahlt wurden. Fast noch seltener als diese ist das 
vorkommende vollständige Shakespeares Sonnets, wo 
von überhaupt nur 4 fehlerfreie Exemplare bekannt 
sind. Man berechnet den Wert eines solchen mit un 
gefähr M 102.500. Die Erstausgabe von Robinson 
Crusoe ist ebenfalls vorhanden und wohl mit M 0000 
bis M 10.000 einzuschätzen. Die Dickens und die 
Goldsmith-Sammlungen enthalten viele sehr gesuchte 
Sachen und stellen einen Wert von M 300.000 dar. 
Die Zahl der amerikanischen Seltenheiten ist selbst 
verständlich ebenfalls bedeutend. Welchen Sammler 
würde es z. B. nicht reizen, das einzige bekannte un- 
aufgeschnittene Exemplar vom ersten Jahrgange (1786) 
des New-Yorker Adreßbuches zu besitzen? Von 
Poe besaß Halsey den einzigen vollständigen Satz 
der ersten Auflage und die von Benjamin 
Franklin gedruckten Bücher sind auch stark ver 
treten. 
Vom Standpunkte der Erhaltung literarischer 
Schätzeist es ja nur zu begrüßen, wenn hervorragende 
Sammlungen vereinigt werden, um später einmal in 
den Besitz des Volkes überzugehen, vorläufig aber 
werden es die Althändler und Versteigerungsfirmen 
beklagen, daß ein Bücherliebhaber weniger da ist, 
der sich bei Erwerbung von Seltenheiten keine Schranken 
auferlegen mußte. 
Aus der Geschichte des Fälschertums. 
Vor kurzem ging, von englischen Zeitungen geflissentlich 
verbreitet, das Gerücht, Deutschland, habe englische Bank 
noten hersteilen lassen, um dadurch den Gegner zu schädigen. 
Von amtlicher deutscher Seite wurde solcher Mißbrauch 
sofort in Abrede gestellt. Wenn jedoch England, um Deutsch 
land in der öffentlichen Meinung zu diskreditieren, sich in 
dieser Beziehung wieder einmal unter gewohnter Augen 
verdrehung recht sittlich und tugendhaft zeigen will, so ist e - 
niemand anderer, als gerade Napoleon I., der Albion eines 
ähnlichen Vorganges ihm gegenüber beschuldigt, dessen es 
die Deutschen anklagt. Napoleon beruft sich direkt darauf,' 
daß England ihm als Muster dafür gegolten habe, wie man 
falsche Banknoten zum Nachteile fremder Staaten fabrizieren 
lassen könne. Diese fremden Länder, deren Banknoten der 
Kaiser der Franzosen nach berühmten englischen Vorbild 
nachahmen ließ, waren Österreich und Kußland. 
Diese Sache, die jetzt wieder durch Englands Anschuldi 
gung an Aktualität gewinnt, verhält sich folgendermaßen: 
Unmittelbar vor Beginn des Feldzuges gegen Rußland im 
Jahre 1812 kamen die mit der Überwachung der Druckereien 
betrauten Polizeiorgane zu Pasquier, dem damaligen Polizei - 
präfekten von Paris, dem sie eine Mitteilung machten, die ihn 
in höchstes Erstaunen versetzte. Nach ihrer Angabe hätten 
sie eine Druckerei entdeckt, wo Arbeiter tätig seien, die sich 
gegen höhen Lohn und unter dem Versprechen tiefster Ver 
schwiegenheit zur Nachtarbeit verpflichtet hätten. Eine ein 
gehende Prüfung des Hauses selbst ergab, daß die Fenster 
des Erdgeschoßes mit mächtigen Eisengittern versehen und 
die lüren von einer Stärke waren, die einen etwa geplanten 
Einbruch fast unmöglich erscheinen ließen. Als Pasquier 
diese Meldung entgegengenommen, erteilte er den Befehl, das 
verdächtige Gebäude um Mitternacht zu umzingeln und int
	        
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