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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 7
Handschriften.
(Ein Archiv für chemische Nachlaßschriften.)
Der Vorstand der Deutschen Chemischen Gesellschaft beschloß
in seiner letzten Sitzung auf Antrag von K. A. von Martius,
im Hofmannhaus ein Archiv für wissenschaftliche Nachlaß
schriften einzurichten, verbunden mit einer Sammlung künst
lerischer Andenken an berühmte Chemiker. Zur Überwachung
des Archivs wird eine Kommission, bestehend aus den Herren
Lepsius, von Martius und Mylius, eingesetzt.
Numismatik.
(Deutsches Lagergeld.) Wie in Österreich-Ungarn
haben auch zahlreiche Kriegsgefangenenlager in
Deutschland Lagergeld ausgegeben. So liegen uns vor:
Cassel: 5 und 10 Pfennige in Zink und Scheine von 1 bis
10 Mark; Neisse: Offiziersgefangenenlager 1, 2, 5, 10 Pfennig
in Zink; Bayreuth: 1 und 2 Pfennig vermessingtes Zink,
5, 10, 50, 100 und 200 Pfennig in Zink, die 50- und 100-Stücke
sind achteckig, die übrigen rund; ,Di Hingen: 5, 10 Pfennig
in Zink, 50, 100, 500 Pfennig in vermessingtem Zink; Chem
nitz: Scheine zu 5, 10, 20, 50 Pfennig, 1, 2, 5, lOMark; Truppen
platz Königsbrück (Sachsen): Sparscheine zu 1, 2, 5 und
10 Pfennig.
Philatelie.
(Okkupationsmarken von Serbien.) Als erste Werte
der österreichischen Okkupationswertzeichen für Serbien
liegen uns die Marken zu 5 und 10 Hellern vor. Hiezu wurden
die Marken von Bosnien der Emission 1912 verwendet und
mit einem schwarzen Aufdruck „Serbien“ diagonal über die
rechte untere Ecke versehen.
(Marken als Zahlmittel.) Infolge des Mangels an
ldeinen Münzsorten wurden in Rußland die Wechselmarken
zu 1, 2, 3, 10, 15 und 20 Kopeken als Zahlmittel in Umlauf
gesetzt.
(Ein spanischer Fehldruck.) Die erste Auflage der
kursierenden Brief marken-Ausgabe von Spanisch-Marokko
mit Aufdruck PROTECTORADO ESPANOL EN MAR-
RUECOS weist bei der 4. Marke im Bogen von 100 Stück
insoferne eine interessante Abart auf, als das erste R von
PROTECTORADO umgestürzt, also kopfstehend ist. Der
Aufdruck präsentiert sich daher so: PROTECTORADO,
Dieser Fehldruck soll bei sämtlichen Werten von 10 Cent, bis
1 Peseta festgestellt worden sein. Da nun die Ziffern der ersten
Auflage bekannt sind, so würde dieser P'ehldruck in außer
ordentlich geringer Zahl existieren, nämlich:
10 Cent. = 300 Exemplare
15 „ = 100
20 „ = 100
25 „ = 150
30 „ = 60
40 „ = 50
50 „ = 50
1 Peseta =10
Mit der zweiten Auflage ist diese Markenserie durch die
Werte zu 2 und 5 Centimos, 4 und 10 Pesetas ergänzt worden.
Ebenso ist die Kilbriefmarke zu 20 Centimos zur Ausgabe
gelangt.
Uhren.
(Interessante Stücke.) Aus Be rli n wird uns geschrieben:
Bei Jakob Hecht in der Tauentzienstraße kann man wert
volle Uhren sehen. Eine große Stutzuhr aus Polysander mit
Rosenholzfumier, französische Arbeit mit deutschen Figuren
aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, fällt besonders
auf. Daneben interessiert als sehr originell eine Empire-Uhr,
die das Modell eines Schloßbrunnens sein dürfte. Aus einem
beckenartigen Untergestell erhebt sich das Gehäuse in Vasen
form. Vier Löwenköpfe sprühen je einen imaginären Wasser
strahl in Gestalt von gcwumdenen Glasstäben in das Becken,
die durch das Uhrwerk in Bewegung gesetzt werden. Die
eigenartig angeordneten mythologischen Figuren machen
einen künstlerischen Eindruck.
Verschiedenes.
(Die Kunstsammlung des Invalidenfonds.) Das
Kriegsfürsorgeamt in Wien hat bald nach Beginn des Krieges
schon seine Aufmerksamkeit der Gründung des Invaliden
fonds zugewendet und dabei wurde die Idee angeregt, nicht
nur Geld, sondern auch Kunstwerke zu sammeln. Der Erfolg
blieb nicht aus. Ein Philantrop, Herr A. Bachwitz, stellte
für die Ausstellung der gespendeten Objekte mehrere Säle in
seinem Hause, III., Löwengasse Nr. 47, zur Verfügung und trug
auch Sorge für Beleuchtung und Beheizung. Der Restaurator
Hermann Ritschl, als Oberleutnant eingerückt, wurde,
mit der Sichtung und Aufstellung betraut, und nun ist diese
Sammlung vor einigen Tagen der allgemeinen Besichtigung
zugänglich gemacht worden und präsentiert sich wirklich
sehr hübsch. Im obersten Stockwerk sind zwei lichte, große
Säle mit Scherwänden für die modernen Gemälde und Plastiken
eingerichtet worden. Im zweiten Stockwerk finden sich eben
falls Werke der Malerei und Bildhauerei, daneben auch zahl
reiche Vitrinen mit kunstgewerblichen Gegenständen, des
gleichen im ersten Stock, wo nach Gruppen geordnet altes
Porzellan, indische, chinesische, japanische Kunstgegenstände,
Kirchenparamente, Zinn- und Kupfergeräte, spanisch-mau
rische Keramik und dergleichen zu sehen sind. Einige gotische
Schränke, Truhen, eine bemalte Holzgruppe, Luster, Möbel,
dann Spitzen, Handarbeiten und Textilien, Gläser, Bronzen —•
kurz ein ganzes Museum von zum Teil wirklich wertvollen
Sachen. Der Katalog, enthält vorläufig 1500 Nummern und
ist ein stattlicher Band. Die ganze Sammlung soll zu gelegener
Zeit versteigert werden und wird sicherlich dem wohltätigen
Zweck bedeutende Summen zuführen.
(Tod bekannter Sammler.) Wie die „Frankfurter
Zeitung" berichtet, hat der vor kurzem verstorbene Dr. Albert
Linel die Stadt Frankfurt als Erbin seines Vermögens und
seiner Kunstsammlungen eingesetzt. Die Linel-Sammlung soll
geschlossen im Historischen Museum aufgestellt werden.
Die Sammlung besteht aus Gemälden, Porzellanen, Bronzen
und Dokumenten von kunsthistorischem Werte, darunter
alte Handschriften und Stammbücher.
(Norwegens größte Privatsammlung.) Durch das
jüngst erfolgte Ableben des zu Bergen in Norwegen ansässigen
Großkaufmanns Rasmus Meyer geht die bedeutendste private
Kunstsammlung von ganz Norwegen in öffentlichen Besitz
über. Rasmus Meyer hat in seinem schlicht-vornehmen Privat
hause in Bergen mit großer Liebe und feinem Geschmack
eine etwa 600 Nummern umfassende Sammlung von Gemälden
der modernen norwegischen Schule zusammengebracht.
Hervorragend ist darin Edvard Munch vertreten, den man
wohl kaum in einer anderen Sammlung so gut kennen lernen
kann wie hier. Überhaupt aber wird man in der Meyerschen
Galerie kaum einen bedeutenderen Vertreter der neueren
norwegischen Malerei vermissen; auch mit Aquarellen, Zeich
nungen und Werken der Griffelkunst sind hervorragende
Meister, wie z. B. Werenskiold und Munt he, trefflich
vertreten. Eine schöne Ergänzung findet die Gemäldesamm
lung in einigen von Rasmus Meyer vollständig erworbenen
alten Zimmereinrichtungen, die aus Patrizierhäusern in Bergen
stammen. Schon bei Lebzeiten hat der Sammler den Entschluß
zu erkennen gegeben, daß seine Kunstschätze ungeteilt in den
Besitz der Stadt Bergen übergehen sollen, und dieser Wunsch
wird nun nach seinem Ableben zur Ausführung gelangen.