Nr. 8
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 71
daß es so nicht weiter fortgehe und daß er was rechtes
lernen müsse. In, Prag lebte ihm ein Vatersbruder,
der dort als Stabsauditor fungierte. In elftägigem
Fußmarsch gings nach Prag, wo der Oheim den Jungen
liebreich aufnahm; die Kunstschule, der damals Josef
Bergler Vorstand, tat sich ihm auch auf und die
Fortschritte, die er machte, gaben ihm nach zwei
jährigem Studium den Mut, nach London zu reisen
und seinen Abgott Lawrence aufzusuchen.
Man hat heute an Lawrence allerhand auszusetzen,
weil er andere Qualitäten besitzt, als man sie momentan
im allgemeinen als die für einen guten Bildnismaler
entscheidenden proklamiert. In Wahrheit aber ist
seine Eleganz, Leichtigkeit und Liebenswürdigkeit
heute nicht weniger offenbar als in der Wiener Kongreß
zeit, da er unbeschadet der Meisterschaft Isabeys
In Wien. begann nun aus kleinen Anfängen sein
glänzender Aufstieg. Um an der Preisverteilung der
Akademie teilnehmen zu können, ließ Amerling sich
wieder bei St. Anna einschreiben. Die Lösung der
Aufgabe ..Dido auf dem Scheiterhaufen“ brachte ihm
nicht nur die angestrebte Prämiierung, sondern auch
den Beginn von Beziehungen, die ihn bald zu einem
der bekanntesten und gesuchtesten Porträtmaler Wiens
machten. Die Schwester von Fanny Elßler, Therese
— später die Gattin des Prinzen Al brecht von
Preußen — stand ihm zur Dido Modell. In der Folge
malte er ihr Porträt, das wieder solchen Anklang fand,
daß die Porträtbestellungen immer zahlreicher wurden.
Das Porträt einer Fürstin Auersperg machte dessen
Bestellerin solche Freude, daß die Ausstellung des
.Meisterwerkes gelegentlich eines Gesellschaftsabends
Fig. 3.
Magnaseo, CkarfreitagsproZession.
als der vornehmste Porträtist halt; und. als das gilt
er noch heute jedem Kunstfreund, der sein Urteil
nicht durch Gesetze der jeweiligen Mode bestimmen
läßt. Wir haben heute die ausreichende Distanz, um
zu erkennen, wie viel Amerling von Lawrence gelernt
hat, der den jungen Wiener mit der größten Freund
lichkeit aufnahm und ihn nach einem Jahr, während
dessen Amerling fleißig im Burlingtonhouse gearbeitet
hatte, mit einer Umarmung und hoffnungsvollem
Zuspruch entließ. Die darauffolgende Reise nach
Paris zu Horace Vernet verlief nahezu ergebnislos,
so liebenswürdig der französische Meister Amerling
empfing, dem er angesichts seiner Probeleistung sagte:
„Sie können ja schon malen, was wollen Sie bei mir
lernen?" Amerling war in Paris fast unausgesetzt
krank und erlangte seine Gesundheit erst auf der
Heimreise wieder.
im Palais Auersperg erfolgte; Amerling erhielt die
Erlaubnis, gleichzeitig seinen eben vollendeten „Fischer
knaben“ a.uszustellen, der a.ueh sehr gelobt wurde,
aber zu dem geförderten Preise von 40 Gulden keinen
Käufer fand. Der Diener im Kunst verein, wohin jetzt
das Bild zur Ausstellung kam, fand diesen Preisansatz
völlig standeswidrig, und auf sein Geheiß forderte
Amerling nun nicht Gulden, sondern Dukaten. Und
für 40 Dukaten kaufte die Kaiserin das Bild, das heute
dem Kunsthistorischen Museum gehört. Auch Erz
herzog Rudolf, der Freund und Schüler Beethovens,
saß ihm zu einem Porträt, das in die Galerie des Laxen-
burger Schlosses kam und dort entscheidend für den
ganzen künstlerischen Lebensgang Amerlings wurde.
Der zufällige Umstand, daß Amerling 1831 sein
Atelier räumen mußte, weil das ganze Haus als Cholera
spital requiriert wurde, bestimmte ihn, alle weiteren