Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
8. Jahrgang. Wien, 1. Mai 1916. Nr. 9.
Neue Kriegsdenkmünzen.
Von Dr. Max Weinberg (Wien).
Die Fülle der Schöpfungen auf dem Gebiete der
Medaille, welche der Weltkrieg gezeitigt hat, wird
diesem Kunstzweig wohl die breiten Schichten des
Volkes erobern. Der Medaille wird damit eine unge
ahnte Verbreitung zuteil, namentlich, weil auch die
Kriegsfürsorge diese Denkmünzen ihren patriotischen
Zwecken dienstbar macht. Wie an dieser Stelle schon
wiederholt bemerkt wurde, "sind durchaus nicht alle
Fig. l.
Erzherzog Karl Franz Josef.
Werke, welche jetzt auf den Markt kommen und ge
kauft werden, gleichwertig, doch ist genug Schönes
dabei und der Besprechung wert.
Es ist sehr anerkennenswert, daß auch Künstler
vom Range des Kammermedailleurs Professors Rudolf
Marsch all ihre Werke der Kriegsfürsorge widmen.
Die jüngst erschienenen Medaillen auf den Erzherzog-
T.ironfolger Karl Franz Josef (Fig. 1) und die
E zherzogin Zita (Fig. 2) sind, wie dies bei Marschall
kaum gesagt zu werden braucht, nach dem Leben
modelliert und stellen die letzten und besten Bildnisse
des Thronfolgerpaares dar. Diese hervorragenden Ar
beiten sind mit großer Sauberkeit und mit meister
hafter Beherrschung der Technik ausgeführt. Für die
Medaille der Erzherzogin Zita hat der Künstler die für
ein Frauenbildnis sehr geschmackvolle ovale Form
gewählt, so daß das Stück wie eine ins Plastische
übertragene Miniatur wirkt, was dem auch im Trak
tament besonders gelungenen Werk einen ganz aparten
Reiz verleiht. Beide Medaillen sind in Bronzeprägungen
einzeln käuflich, doch wurde auch eine größere Medaille
mit dem Doppelporträt in Eisen geprägt. Letztere, im
Aufträge des Kaisers, anläßlich der Vermählung des
hohen Paares ausgeführt, zeigt auf der Rückseite die
Fig. 2.
Erzherzogin Zita,
Wappenbilder von Habsburg-Lothringen und Bourbon-
Parma.
Im Anschlüsse daran wollen wir erwähnen, daß von
Professor Marsch all auch eine neue prächtige Kaiser
medaille veröffentlicht wurde, die auf dem Revers
die inhaltsschweren Worte des kaiserlichen Manifestes
vom 28. Juli 1914 enthält: „Ich habe alles geprüft
und erwogen“.
Zuerst schrieben unsere Medaillenkünstler 1914,
dann 1914—1915 und jetzt müssen sic auf die Präge
stempel ihrer, eherne Dokumente der Zeit bildenden
Kriegsdenkmünzen die Jahreszahl 1916 setzen. So
groß auch die Reihe unserer modernen Wiener Medail
leure ist, weibliche Plastiker haben sich in dieser
Kunst doch noch sehr wenige versucht. Wir erinnern
uns nur einer Erzherzog Rainer-Medaille, von der auch