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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 9
Maschinenteile und Besatzung dieser rollenden Festung,
deren ursprüngliche Wirklichkeit die neu gestaltigen Formen
des heutigen Krieges plastisch vor Augen treten läßt. Auch die
großen Anforderungen, die dieser Krieg an seine Jünger stellt,
läßt der moderne Kriegswagen ahnen. Der Raum im Innern
ist eng. Gewicht und Ausmaße — durch die schwere Panzerung
ohnehin übergewöhnlich — mußten auf Kosten jeder Bequem
lichkeit der Lenker und Mitfahrer beschränkt werden. Nur
durch schmale, hochklappbare Beobachtungsschlitze wird der
Besatzung die zum Atmen nötige Luft zugeführt. Ein stunden
langer Aufenthalt in diesem Wagen bei rasender Fahrt, von
Artilleriefeuer verfolgt, stellt an Körper und Nerven sicherlich
nicht geringe Anforderungen.
Neben diesem Riesen mit seinem 60 PS. 4-Zylindermotor
wirken 2 Automobilveteranen besonders zwerghaft. Ein
Peugotwagen mit 6 PS. Fanhardmotor, aus der Anfangszeit
des Automobils, etwa vom Jahre 1890, und, als Seitenstück
dazu, ein französischer Wagen mit einem 5 PS. 2-Zylinder-
F. N.-Motor, um das Jahr 1896 erbaut. Dafür zeigen diese
Wagen, ebenso wie einige andere, darunter 2 moderne Auto
mobile, ein französischer Rennwagen (Bedelia-Cycle-Car) aus
dem Jahre 1912 und ein französischer Peugot-Rennwagen
mit einem großen Einzylindermotor die verheerenden Wir
kungen des Krieges. Diese Wagen fielen unseren Truppen aui
dem westlichen Kriegsschauplatz in die Hände. Daß die Fran
zosen derart verschiedenartiges Material und besonders sc
wenig leistungsfähige alte Typen im Kriege verwendet
haben, ist für die französische Organisation recht bezeich
nend. Haben sich doch die Franzosen auf ihre angebliche
Überlegenheit auf automobilistischem Gebiete Deutsch
land gegenüber vor dem Kriege nicht wenig zugute getan,
und wir sehen nun, daß auch hier die französischen laten,
wie so oft schon, hinter den Worten zurückgeblieben
sind.
Die Amerling-Auktion in Wien.
Die Amerling-Auktion, die vom 3. bis 6. Mai im
Wiener Dorotheum stattfindet, hat die besten
Federn in Bewegung gesetzt. So widmet ihr Professor
A. F. Seligmann in der „Neuen Freien Presse“
sieben Feuilletonspalten, denen wir folgendes ent
nehmen :
Als besonders bezeichnend möchten wir, hervor
heben, daß sich unter den Gemälden —■ was eben
das feine Verständnis des Künstlers beweist -— sich
mehrere finden, die entweder keine großen Namen
tragen oder überhaupt schwer zuzuweisen sind, die
aber allererste Qualitäten zeigen. Cornelius Janson
van Ce ulen (das Bild ist voll signiert) klingt nicht
eben imponierend; das Porträt einer älteren Frau,
das dieser Meister 1646 in London gemalt hat, ist
ein wahres Prachtstück und müßte jeder großen
Galerie zur Zierde gereichen. Das Kniestück eines
Kardinals (der Katalog führt es mit dem Vermerk
„in der Art des van Dyck“) erinnert wohl im Arran
gement und in der Wirkung auf Distanz an den großen
Rubens-Schüler, zeigt aber eine ganz andere Pinsel
handschrift, erinnert z. B. in der Behandlung des
Bartes mehr an Rubens selbst als an van Dyck; die
vortrefflich durchmodellierten Hände wieder wollen
weder zu dem einen noch zu dem andern passen.
Obwohl das Bild also bei tadelloser Erhaltung die
Merkmale eines bestimmten großen Meisters nicht
trägt, ist doch derjenige, der es gemalt hat, ein großer
Meister gewesen, heiße er nun, wie er wolle. Es ist
auch bezeichnend, daß Amerling, seinen Aufzeich
nungen zufolge, für dieses Stück seinerzeit einen un
gewöhnlich hohen Preis gezahlt hat. — Ein bärtiger,
aufwärts blickender Kopf, offenbar die Studie ^ zu
irgendeinem Apostel oder Heiligen (als der neapoli
tanischen Schule des siebzehnten Jahrhunderts an
gehörig bezeichnet) ist trotz seiner Namenlosigkeit
ein wunderschönes Stück Malerei, ebenso das pracht
volle niederländische Stilleben Nr. 78 oder das in
Ausdruck höchst charakteristische kleine französische
Porträt eines Ratsherrn Nr. 73. Für das als Largilliere
bezeichnete Damenbildnis möchte ich, was die Pro
venienz betrifft, meine Hand nicht ins Feuer legen,
ich habe aber authentische Largillieres gesehen, die
weniger gut gemalt waren. Von Paudiß ist ein aus
gezeichneter Mönchskopf da; dieser Rembrandt-Schüler
hat ja gelegentlich Stücke geliefert, die denen seines
Meisters ebenbürtig waren (Kenner der Wiener Samm
lungen werden sich da an das unerhört schöne Stilleben
in der Kollektion Miller von Aichholz erinnern). Ein
figurenreiches, dem Tiepolo zugeschriebenes Bildchen
ist gleichfalls außerordentlich. Wenn Amerling, wie
das heute die meisten tun, auf Namen ausgegangen
und nur die zu seiner Zeit berühmten Meister ge
sammelt hätte, würde er gewiß keines von all den
zuerst genannten hervorragenden Kunstwerken gekauft
haben, auch den großen, damals kaum gekannten
und gar nicht geschätzten Magnasco nicht, der
eine Entdeckung der letzten Jahre ist, und um
den sich bereits ein undurchdringlicher Händlerring
gebildet hat.
Von Stücken, die gerade heute besonders inter
essieren, nennen wir noch eine byzantinische
Miniaturmalerei (süditalienisch oder orientalisch?)
im Elfenbeinrahmen aus der Zeit (vermutlich 13. oder
14. Jahrhundert); die zwei herrlichen Rötelstudien
von Greuze und eine nette kleine Zeichnung von
Pettenkofen; auch unter den Bildern von Amerling
selbst ist vieles besonders Vorzügliche; darunter die
leicht zu übersehende winzige Landschaftsstudie Nr. 4,
ein ungemein, reizvolles Bildchen. Die große Figur,
nach Amerlingscher Angabe selbst als unvollendetes
Bildnis der Wolter als Hermione bezeichnet, ist
wohl nur eine Modellstudie für ein solches geplantes
Bild. Der Kopf ist deutlich der eines Ameriingschen
Modells; er findet sich auch auf einigen anderen
Studien und zeigt keine Spur von Ähnlichkeit mit
der großen Tragödin; übrigens ist das Gemälde von
prächtiger Wirkung. Zum Schönsten gehört dann
noch das Porträt eines vorläufig leider nicht zu eruieren
den Schriftstellers mit reichem dunkeln Lockenhaar
und rötlichem Spitzbart, zwei Selbstbildnisse und so
noch verschiedenes andere.