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Nr. 9
Internationale Sammler- Zeitung
mit der Steuer die Kunst und die Künstler nicht getroffen
werden sollen.
(Eine Sammlung kriegspathologi'seher Präparate.)
Aus Frei bürg i. B. wird uns berichtet: Geheimer Rat Pro
fessor Aschoff wurde vom Ministerium zwecks Übernahme
der Oberleitung über die militärischen Profekturen der Armee
beurlaubt. Aschoff wird im Aufträge des Feldsanitätschefs
der Armee an der Kaiser Wilhelm-Akademie in Berlin eine
alle Gebiete der Kriegspathologie umfassende Sammlung
anatomischer Präparate einrichten.
(Die erste neutrale Kriegskunstausstellung.) Man
schreibt uns aus Genf: In Genf ist jetzt eine Kriegskunst
ausstellung eröffnet worden. Es ist die erste in neutralen
Ländern und sie bietet Gelegenheit, den Krieg durch das
Auge der Kunst ein wenig gemildert und ein wenig verklärt
zu sehen. Daß die Ausstellung starke künstlerische Eindrücke
hinterläßt, kann aber nicht behauptet werden. Allerdings
fehlen auch die Kriegswerke führender deutscher Künstler,
die man in der Schweiz bisher nur vom Hörensagen kennt.
Was einstweilen (aus allen kriegführenden Ländern) gezeigt
wird, geht wenig über die übliche Illustrationskunst von
1870/71 hinaus. Am meisten interessieren kunstgewerbliche
Handarbeiten, die gefangene Franzosen in deutschen Gefan
genenlagern gemacht haben. Dabei offenbart sich gelegentlich
der alte liebenswürdige französische Humor.
Museen.
(Die Dresdner Kunstsammlungen.) Dem sächsischen
Landtag ist soeben der übliche Bericht über die Verwaltung
und Vermehrung der königlichen Sammlungen in den Jahren
1912/13 nebst einen Vorbericht über die Jahre 1914/15 zur
Kenntnisnahme zugegangen. Der Bericht zählt zunächst die
Neuerwerbungen und Neubauten in den einzelnen Sammlungen
auf. Der Krieg hat natürlich auch auf diesem Gebiet seine
Wirkung nicht verfehlt. Zwar soll nun endlich der Neubau der
Galerie für moderne Gemälde in Angriff genommen werden,
aber dafür müssen zwei andere Sammlungen ihre Wünsche
zurückstellen. Die Pläne für das in Dresden in Aussicht ge
nommene Museumsgebäude für die naturwissenschaftlichen
Sammlungen sind durch Geheimrat Bestelmeyer bearbeitet
worden und ihre Fertigstellung steht bevor. Mit Rücksicht
auf die Finanzlage hat jedoch die Gcneraldirektion der könig
lichen Sammlungen davon abselien müssen, im neuen Staats
haushaltsplan eine Bausumme für diesen an sich dringend
notwendigen Neubau einzustellen. Dasselbe gilt für die schon
seit langer Zeit zu einem unabweisbaren Bedürfnis gewordene
Erweiterung der Räume der altberühmten Skulpturensammlung.
Durch die jetzt erfolgte Verlegung des Hauptstaatsarchivs
in ein eigenes Gebäude sind Räume für die Skulpturensammlung
verfügbar geworden. Es sind jedoch kostspielige Umbauten
erforderlich, die aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen
nicht angefordert werden können. Die Neubauten müssen
also verschoben werden. — Im übrigen haben die Einnahmen
der Sammlungen schon in der vorigen Finanzperiode eine
erhebliche Minderung erfahren; sie betrugen nicht ganz
M 200.000, immerhin M 83.000 weniger als in der vorigen Periode
und fast M 21.000 weniger als veranschlagt worden war. Die
Sammlungen wurden erfreulich vermehrt: für die Gemälde
galerie wurden M 141.000, fürs Kupferstichkabinett M 50.000,
für die Skulpturensammlung M 20.000, für die Porzellansamm
lung M 27.000, für die Bibliothek fast M 90.000 ausgegeben.
(Das ägyptische Museum des Vatikans), das 1839
von Papst Gregor XVI. gegründet wurde, gehört zu den
ersten Museen dieser Art, die nach der großen Entdeckung
Cliapollions, des Entzifferers der Hieroglyphen und des
Begründers der Agyptiologie, ins Leben gerufen wurde.
Wie der Osservatore Romano mitteilt, wurde unter der
künstlerischen Beihilfe von Professor Galli, General
direktors der päpstlichen Museen, gegen Ende des Pontifikates
Pius X. eine gründliche Neuordnung des Museums begonnen,
das namentlich unter Leo XIII. eine erhebliche Bereicherung
erfahren hatte. Bei Ausbruch des Krieges mußten diese Ar
beiten eingestellt werden und das Museum blieb einige Monate
lang geschlossen. Papst Benedikt XV. aber ordnete an, daß
die Arbeiten ungestört ihren Fortgang nehmen sollten, und in
verhältnismäßig kurzer Zeit sind sie nun vollendet worden.
Vom Kunstmarkt.
(Antiquitäten-Auktion in München.) Die am 9. und
10. Mai stattfindende Auktion in der Galerie Helbing in
München bringt in reicher Auswahl vornehmlich ältere kunst
gewerbliche Arbeiten. Namentlich altes Mobiliar aus dem
Nachlaß des Hauptlehrers Reiner (München) sowie aus
anderem Privatbesitz ist in allen Stilgattungen vertreten.
Die keramische Abteilung weist interessantes Steinzeug,
darunter einige Kreußner-Krüge, auf, mehrere seltene Fayencen
neben dekorativ prachtvoller ländlicher Gebrauchsware vor
züglich österreichischer Herkunft, ferner jüngeres Porzellan,
besonders der Wiener Manufaktur. Verschiedene aparte
Goldschmiedearbeiten und eine Sammlung von Taschen-
und Wanduhren kommen zur Auktion. Der Interessent für
Taschenuhrfabrikation in der ersten Hälfte des 19. Jahr
hunderts wird eine ebenso reichhaltige als mannigfaltige
Zusammenstellung von Typen dieser Zeit, Schweizer, deutsche,
französische und englische Fabrikate mit Tombackgehäusen,
Emaildekor u. a. finden. Unter den Standuhren ist namentlich
eine große Stockuhr mit Flötenwerk und dem Bilde der Fürstin
von Fürstenberg aus der Zeit um 1830 für die Geschichte
der Musikuhren von hohem Interesse. Mehrere künstlerisch
reich ausgeführte Doppelschränke des 17. Jahrhunderts
bilden den Mittelpunkt einer erlesenen Möbelausstellung,
die in die süddeutsche Arbeit der Spätrenaissance und des
frühen Barocks einen ebenso anschaulichen als vielseitigen
Einblick gewährt. Eine Ergänzung des Kulturbildes vom
Hausrat des 17. und 18. Jahrhunderts bilden allerlei Metall
arbeiten, viel Zinngeräte mit Markenstempeln, Klein
gerät in verschiedenem Material u. a. Die Abteilung der figür
lichen Holzplastik, namentlich reizvolle Rokokoschnitzereien,
Madonnenfigürchen, Reliquiare, Dosen usw., allerlei kultur
geschichtlich merkwürdiges Kleingerät, Lampions, Dosen in
Horn, ein Zunftstock, verschiedene Waffen und ostasiatische
Ausstattungsstücke kommen hinzu. Eine größere Gruppe
von alten Lederarbeiten, Textilien und schönen asiati
schen Teppichen, endlich Bilder, besonders Werke des
18. Jahrhunderts beschließen die Kollektion. Der Katalog
umfaßt über 600 Nummern mit zahlreichen Abbildungen auf
Lichtdrucktafeln und ist durch die Galerie Helbing zum
Preise von M 2.—■ zu beziehen.
(Besitzveränderung.) Die Kunsthandlung F. A. C.
Prestel in Frankfurt a. M. hat die durch das Ableben des
Herrn Wilhelm Gaiser freigewordene Firma H. G. Gute
kunst in Stuttgart mit dem gesamten Lager und mit allen
Interessen erworben. Die Firma H. G. Gutekunst wird im
Geschäftshause der Kunsthandlung F. A. C. Prestel zu Frank
furt a. M., getreu den Grundsätzen ihres Begründers, des
im Jahre 1914 verstorbenen Kommerzienrats II. G. Gutekunst,
so-wie seines Mitarbeiters und Nachfolgers, des jüngst ver
storbenen Herrn Wilhelm Gaiser weitergeführt werden.
(Moderne Graphik.) Auf der Auktion moderner
Graphik, die die Galerie Helbing in München am 11. und
12. April abgehalten hat, erreichte den höchsten Preis von
den verkauften Blättern die Evokation von Klinger in einem
ersten Druck des zweiten Zustandes mit öl 1600; Klingers
Opus III „Eva und die Zukunft“ brachte in der ersten Aus
gabe von 1880 M 1500, in der zweiten von 1882 M 1450. Von
einzelnen Blättern Klingers nennen wir noch die Radierung
„Sommernachmittag“ mit M 330 und den lithographierten
Titel „Arion" zu den Brahms-Liedern mit M 90.—. Von
Stauffer-Bern brachte das Porträt Menzels nach rechts
M 265, Gustav Frey tag. in Siebleben, dritter Zustand, M 230.
Die sehr seltene Radierung von Max Liebermann, ein Meines
Mädchen mit einer kleinen Schwester auf dem Arm, ging
für M 51.-—fort. Von sonstigen Preisen wären noch zu nennen:
die Dcsastres von Goya (Madrid 1863) M 700; Greiner,
Herkules, handschriftlich bezeichnete Radierung von 1892,