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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 10
Zeit vertreten; es finden sich in dem Schlittschuhmuseum alle
nur erdenklichen Formen und Arten vereinigt, holländische
sowie skandinavische Formen, Schlittschuhe, wie sie zum
Schneilauf gebaut werden, wie die mannigfachen Formen, die
die verschiedenen Kunstläufer verwenden.
(Von der National - Gallery in London.) Während
die deutschen Museen auch während des Krieges ihre Samm
lungen vielfach haben vermehren können, sind der National-
Gallery in London im abgelaufenen Jahre alle Staatsmittel
zum Ankauf von Kunstwerken entzogen worden. Sie war
daher in ihrer Bewegungsfreiheit auf das äußerste beschränkt;
wenn sie trotzdem zwei Gemälde erwerben konnte, so war das
nur mit Unterstützung des National Art Collection Fund,
einer vom Staate unabhängigen Stiftung, möglich. Die beiden
Neuerwerbungen sind Gemälde von Massacio und Pieter
de Hoogh. Dieser Hauptmeister der Frührenaissance war
in der Londoner Sammlung noch nicht vertreten, die neuer
worbene thronende Madonna, das Mittelstück eines größeren
Altargemäldes, das im ganzen, vortrefflich erhalten ist, bildet
daher einen sehr schätzbaren Zuwachs ihres Besitzes. Das
Bild stammt aus englischem Besitze und gehörte früher dem
Keverand A. F. Sutten. Das Gemälde des Pieter de Hoogh
stellt einen Besuch auf dem Hof eines holländischen Hauses
dar, stammt aus der Sammlung Steengracht im Haag und
brachte auf der Versteigerung in Paris am 9. Juni 1913
Fr. 84.000. Es ist das spätest datierte Werk des Künstlers
und durchaus keine erstklassige Arbeit. Da die National-
Gallery schon drei sehr schöne und überdies auch noch das
Wallace-Museum zwei Bilder von de Hoogh besitzt, ist denn
auch der Kauf in der englischen Presse, und sogar im Parlament,
scharf kritisiert worden, wobei noch alä besonders erschwerend
hervorgehoben wurde, daß durch diese Erwerbung die Summe
von 3000 Pfund Sterling aus England ins Ausland, nämlich
nach Holland, abgewandert ist.
Vom Kunstmarkt.
(Versteigerung von Antiquitäten und alten Ge
mälden.) Anfangs Juni werden in der Galerie Helbing in
München aus dem Besitze der Aachener Museen alte
Gemälde, Skulpturen, Schnitzereien und Möbel versteigert,
die, wie Direktor Dr. Schweitzer im Vorwort zu dem Katalog
sagt, ihrer überwiegenden Zahl nach aus der bekannten ehe
maligen Sammlung des Bildhauers Moest in Köln stammen.
Ein großer Teil dieser 1907 von der Stadt Aachen erworbenen
Sammlung wurde in dortige Museen eingereiht. Die Zurück
stellung der jetzt zum Verkauf gelangenden Bestände sollte
bis zur Errichtung des alle Sammlungen der Stadt Aachen
umfassenden geplanten großen Museumsgebäudes erfolgen.
Der Krieg aber hat diesen Plan w r ohl auf unabsehbare Zeit ver
schoben. Für die ganze Sammlung, die nunmehr veräußert
werden soll, war kein Platz vorhanden. Es wäre aber ebenso
unrecht gegen die Werke selbst, wie unwirtschaftlich für die
Stadt Aachen gewesen, die' nunmehr im Katalog vereinigten
Werke viele Jahre in Speichern zu magazinieren. Der Museums
ausschuß der Stadt Aachen faßte daher den Entschluß, die
Sammlung in München in der Galerie Helbing auf dem Wege
der Versteigerung zu veräußern und so allen Sammlern und
Interessenten Gelegenheit zu bieten, ihnen begehrenswert
erscheinende Werke zu erwerben. Unter den Gemälden dürfte
das große zweiteilige Bild, das sich aus den Flügeln eines
Wandaltares, der früher in Kronach (Oberfranken) war,
zusammensetzt und den Märtyrertod des heil. Kilian zeigt,
datiert 1521, für süddeutsche Museen von Interesse sein. Das
Bild zeigt alle charakteristischen Merkmale der Donauschule,
von der Bilder nicht allzuhäufig auf dem Kunstmarktc zu
finden sind. Das Gleiche gilt von den beiden kleineren Tafeln
mit Abendmahl und. Kreuzigung, die von einem ähnlich zu-
gammengestellten Altäre, wie der bekannte Mörpelgarter
Altar in Wien stammen müssen. Auch das interessante
Porträt eines alten Mannes, das der Ulmer Schule zugewiesen
werden muß, und die Westfälische Kreuzigung, Christus
nimmt Abschied von seiner Mutter, Antwerpener Schule
um 1520, sind Stücke, die einem deutschen Museum erhalten
bleiben müßten. Unter den 230 Nummern Skulpturen sind
viele vortreffliche Stücke. Die süddeutschen Arbeiten, die
niederrheinischen und westfälischen Bildwerke sind besonders
zahlreich und in sehr charakteristischen Proben vorhanden.
Die recht guten flämischen Einzelfiguren, Gruppen und Reliefs,
stammen fast alle aus Schnitzaltären. So wie beinahe alle
deutschen Gegenden in typischen Werken vertreten sind,
so gibt diese Sammlung auch der Zeit nach rasch einen guten
Überblick über die Entwicklung der deutschen Holzskulp
turen vom 14. Jahrhundert bis zum Beginn des XIX. Sae-
culums. Die Möbel und Schnitzereien sind in ihrer über
wiegenden Zahl nach aus Rheinland und Westfalen, namentlich
viele hübsche Truhen sind darunter, wie unter den Schnitze
reien die Füllungen der Zahl nach weit überwiegen.
(Sammlungen Kaven und Dr. Naumann.) Bei der
am 22. März durch Rudolph Lepke in Berlin durchgeführten
Auktion der Sammlungen Kaven und Dr. Naumann (siehe
Nr. 9) wurden weiters folgende Preise erzielt: Nr. 109, Ant. de
Bazzi, Sodoma, Fragment, M 200; Nr. 110, Domenico Al-
fani, Madonna in rotem Gewand, M 1200; Nr. 111, Alonso
Cano, Knabe in schwarzem Gewand, M 120; Nr. 113, C. W. E.
Dietrich, Der hl. Franciscus in einer Felsenlandschaft das
Kruzifix anbetend, M 200; Nr. 114, Evert Collier, Stilleben,
M 135; Nr. 115, Jodocus de Momper, Landschaft, M 900;
Nr. 116, Jacob Jordaens, Juno sitzt frohlockend neben der
Leiche des enhaupteten Battus, M 2600; Nr. 117, Art des
Pieter Breughel d. A., Rechtsgelehrter vor einem mit Schriften
bedeckten Tische, M 1100; Nr. 118, Dan. Seghers, Art, Kranz
mit Gartenblumen. M 1050; Nr. 119, Augsburger Maler, Ende
des 17. Jahrh., Idealporträt eines deutschen Kaisers, M 380;
Nr. 120, Theodor Roos, die Verlobung, M 1730; Nr. 121,
Taddeo Gaddi, Die hl. Jungfrau, M 2000; Nr. 122, Francesco
Francia, Die hl. Jungfrau, M 3300; Florentinische Meister
des 15. Jahrh., Nr. 123, Hl. Jungfrau, M 1950; Nr. 124, Christus
setzt seiner Mutter eine Krone auf, M 265; Nr. 124 a, Madonna,
das Kind auf dem Schoße haltend, M 1000; Nr. 125, Flämische
Schule, 18. Jahrh., Kirchweih, M 440; Nr. 126, J. van Kessel,
Blumenstück, M 1550; Nr. 127, G. Donatus, Inneres einer
gotischen Kirche, M 80'- -; Nr. 128, Cornelis van Poelenburg,
Venus auf Wolken sitzend, M 400; Nr. 129, Art des Salv.
Rosa, Kopf eines alten Mannes, M 75-—; Nr. 130, Deutsche
Schule, 17. Jahrh., Christus, M 60- ; Nr. 131, Italienische
Schule, 17. Jahrh., Die hl. Jungfrau in faltigem Gewand,
M 300; "Nr. 132, Weibliches Bildnis, M 570; Nr. 133, Nach
Corregio, Engel, M 400; Nr. 134, Theodor van Tulden, Krösus
zeigt Solon seine Schätze, M 2100; Nr. 135, und Nr. 136,
K. B. A. Ruthart, Weißes Reh und weißer Rehbock, M 360;
Nr. 137, Bassano, Die Gefangennahme Christi, M 370;
Nr. 138, Spiegel in prächtigen Florentiner Rahmen, M 1100;
Nr. 139, Mappe mit 59 Blatt alten Handzeichnungen von
spanischen Meistern, M 2000.
Gesamtergebnis: M 417.730.
(Ölgemälde moderner Meister aus norddeutschem
Privatbesitz.) Die Galerie Helbing in München wurde mit
der Auflösung dieser mit besonderem Verständnis geschaffenen
intimen Sammlung betraut, deren Besitzer von dem Ge
danken ausging, die verschiedensten Schulen zur Geltung
kommen zu lassen. Fr sammelte nicht einseitig, für ihn galt nur
der künstlerische Wert, nicht der Name allein, was auch zur
Folge hatte, daß gewiße Übergänge von den siebziger Jahren
bis in unsere Zeit geschaffen wurden. Dabei wurde dem
Prinzip gehuldigt, nur gute, ausgegorene Kunst zu erwerben;
gar manches Talent wurde frühzeitig erkannt und gefördert,
so daß von einem nur nach Namen kaufen in der Tat nicht
gesprochen werden kann. Daß der Sammler auf dom rechten