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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
9. Jahrgang. 
Wien, 1. September 1917. Doppel-Nummer 16 17. 
Die Bilderbeilagen zu Bäuerles „Theaterzeitung“. 
Von Holrat Konstantin Danhelovsky (Wien). 
Welchem Sammler, der ein Wiener Kunstanti 
quariat oder Altertumsgeschäft betritt, sind sie nicht 
schon zu Gesichte gekommen, die farbenfroher Bilder 
beilagen zu Bäuerles „Theaterzeitung“? 
Adolf Bäuerle, der Wiener Volksdichter und 
Journalist, schrieb im Vormärz für die Vorstadt 
bühnen zahllose Stücke, deren handelnde Personen 
wegen ihres Witzes, ihrer echten Herzensheiterkeit, 
aber auch wegen ihrer Harmlosigkeit jahrzehnte 
lang als Verkörperung all dessen galten, was man 
sich seit jeher unter „Wiener Gemütlichkeit“ vorzu 
stellen pflegt. Zudem, brachte es Bäuerle fertig, die 
von ihm. im Jahre 1806 gegründete Theaterzeitung 
53 Jahre lang ohne Unterbrechung persönlich zu 
leiten. Fast wie ein Irrtum däucht es, daß Freund 
Hein dem Wiener Spaßmacher im Jahre 1859 in Basel 
wärt nd einer Reise die Schalkspeitsche aus der Hand 
schlug. Damit verschwand auch die Theaterzeitung 
nebst ihren Bilder beilagen —beide standen schon seit 
1848 nicht mehr auf der Lichthöhe ihrer einstigen 
Beliebtheit — auf Nimmer wieder kehr. Die Hiebe, die 
der Spaßmacher mit seiner Peitsche ein langes Menschen 
leben hindurch austeilte, taten übrigens niemandem 
wehe. Glich doch diese Peitsche weit eher einem Humor 
zepter mit lustig durcheinander schwirrenden Schellen. 
„Horcht auf, ihr Leute, hier naht ein Spaßmacher, 
der etwas abgeben möchte vom Überschuß seiner 
Lebenslust!“ — Das war es, was den Wienern aus 
Bäuerles Schalkspeitsche entgegenklang und letzten 
Endes auch aus den Szenen und Gestalten der „Bäuerle 
bilder", diesen naiven Wiener Farbenblättern, die 
wir in diesem Aufsatze ganz selbständig besprechen 
wollen. Sind sie doch von Text und Inhalt der Theater 
zeitung losgelöst als eigenberechtigter Sammelgegen 
stand des heutigen Kunstmarktes anzusehen. 
Die Versuchung läge zwar nahe, auch über den 
literarischen Wert oder Unwert jener famosen „Theater 
zeitung" einige Worte vorzubringen. Doch wollen 
wir uns das Für und Wider der strengen zeitgenössi 
schen und neueren Urteile über die Theaterzeitung 
hübsch vom Leibe halten und einfach zugestehen, 
daß sie für die Lokalgeschichte Wiens äußerst wert 
voll ist. Nur flüchtig sei gesagt, daß darin Beiträge 
hervorragender Schriftsteller enthalten sind, Novellen, 
Theater- und Musikkritiken, Berichte aus auswärtigen 
Städten, Notizen aus fremdländischen, insonderheit 
französischen Zeitungen, Anekdotisches, Ortshisto 
risches aus Wien, aber nichts, rein gar nichts Poli 
tisches. Die Politik war damals verpönt, Sturmzeichen 
am fernen Himmel wurden von den Lesern jener Zeit 
der holden Backhendelei nicht beachtet; „ja nur 
a Kaiserstadt, ja nur a Wien“, so lauteten die von 
Bäuerle stammenden wohlgemeinten Worte, mittels 
welcher Volksbarden und Dulliöhbrüder über die 
ernsten Seiten des Lebens hinweghalfen. Also fand 
sich, wie gesagt, von Politik nicht die Spur in Bäuerles 
Zeitungstext, dafür wohl in einzelnen Bildbeilagen, 
wo der bekannte Zeichner Cajetan die politische 
Geißel in die Ätzlauge feiner Satyre getaucht hatte. 
Um also wieder auf die Bäuerlebilder zurückzu 
kommen, so möge hier gleich festgestellt werden, daß 
sie schon recht selten geworden sind. Ihr Preis steigt 
von Tag zu Tag. Ich habe z. B. in den 1870 er Jahren, 
als ich diese Blätter zusammen zu tragen begann, beim 
seligen Antiquar Anton Einsle drei Bäuerleblätter 
um 30 Kreuzer, sage 60 Heller ö. W„ das Stück er 
worben. Es waren die interessanten „Kostüm-Bilder“ 
Nr. 16, 17 und 18, auf denen die ersten Darsteller 
aus Raimunds „Verschwender" —darunter Raimund 
selbst zweimal — dargestellt sind. Und wie stand es 
damit im Jahre 1914? Da fand ich die drei Blätter im 
Verkaufskatalog eines Wiener Antiquars mit 120 Kro 
nen ausgeboten. Der Preissprung von K l - 80 auf 
K 120 ist wohl beredt genug. Damit soll freilich nicht 
gesagt sein, daß fürderhin jedes Bäuerleblatt solche 
Preisumwertungen erfahren wird. Die erwähnten drei 
Szenenbilder gaben sich eben (frei nach Beaumar 
chais) gerade im Jahre 1834 die Mühe, geboren zu 
werden, also just zur Zeit, da Raimunds unverwüst 
licher „Verschwender“ zum ersten Male auf der Bühne 
in der Josefstadt (am 20. Februar 1834) aufgeführt 
ward, wobei Raimund die Rolle des Valentin spielte. 
Damals wären die drei Bilder in Herrn Bäuerles 
Zeitungskanzlei in der Rauhensteingasse um einige 
Groschen zu haben gewesen. 
Um aber einen Überblick über Zahl und Beschaffen 
heit der vielen Bäuerleblätter zu gewinnen, die einstens 
nach allen Weltrichtungen dahin flatterten, wollen
	        
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