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Internationale Sammler-Zeitung
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seinerzeit von dem Marquis meist auf der berühmten Bernal-
Versteigerung des Jahres 1855 billig erworben worden; so eine
1855 mit nur 4-5 Guineen (M 950) bezahlte,- dem bekannten
Nürnberger Waffenschmied Conrad Lechner zugeschriebene
Halbrüstung aus dem Jahre 1545, die bei Christie jetzt 720 Gui
neen (M 15.120) brachte. Zwei deutsche Vollrustungen von 1512
-erzielten M 28.300, ein Rundschild des italienischen Meisters
Lucio Picinino M 22.760.
Verschiedenes.
(Die Lutherausstellung in Eisenach.) Aus Eisen
ach wird berichtet: Anläßlich des Jubeljahres der Refor
mation eröffnete das „Thüringer Museum“ zu Eisenach eine
Lutherausstellung, deren Hauptzierde die.von dem 1886
verstorbenen Leipziger Kommissionsrat H. Klemm gesam
melten Original-Lutherdrucke aus der vom Großherzog
Alexander errichteten Wartburg-Bibliothek bilden. Von
-den 600 Drucken sind gegen 200 ausgestellt, darunter Selten
heiten von unschätzbarem Werte. So u. a. die erste in Witten
berg im Druck erschienene, jetzt nur noch in sechs Exem
plaren vorhandene Arbeit Luthers (damals noch Schreibweise
Luder) aus dem Jahre 1516: „Eyn geystlich edles Büchleyn
von rechter underscheyd und verstand, was der ald und new
mensch sey." (F. Martinus Luder subscripsit.) Ferner als
Erstling seiner Bibelübersetzung „Die 7 Pußpsalm“ aus
dem Jahre 1517, die später vielfach nachgedruckt und seiner
großen Bibelübersetzung eingereiht wurden. Von 1519 die
berühmte „Disputatio“ zwischen Luther und Eck. Die älteste
Form Katechismus vom Jahre 1520 mit schönem und
fein koloriertem Titelholzschnitt. Weiter die berüchtigte
päpstliche „Bulla contra errores Martini Lutheri et sequatium“
(sequentium) aus der päpstlichen Geheimdruckerei in Rom
1520. Endlich das nur noch im Britischen Museum existierende
Lutherbuch „Ein Sermon von den siben broten“. Fast alle
Lutherdrucke sind mit schönen Titelblättern versehen,
■die handgemalte ornamentierte Zierleisten oder allgorische
und andere Figuren in Holzschnitten aufweisen, an denen
namhafte Künstler der Zeit beteiligt sind. An die Lutherdrucke
schließen sich allgemeine Reformationsschriften von Freunden
und Gegnern der Reformation, Spottbilder auf das Papsttum
von Cr an ach und mit Versen von Luther (1545). — Aus der
Reihe der Lutherbibeln ragen zwei wertvolle bei Hans
Lufft in Wittenberg im Jahre 1541 gedruckte Exemplare
hervor und aus derselben Druckerei ein Neues Testament
(1576) mit prachtvollen Holzschnitten von Lucas C-r an ach
d. J. Es folgen dann Lutherporträts aus der Cranachschen
Schule sowie Holzschnitte und Kupferstiche gleichzeitiger
Künstler. — Der zweite Teil der Lutherausstellung umfaßt
Münzen und Medaillen auf Luther und seine Zeit. Sie sind
zum großen Teil aus der Sammlung des Apothekers Bohlen
{Salzdetfurth) und weisen ebenfalls prachtvolle und einzig
artige Stücke auf.
(Wilhelm Gumprecht.) Der Nestor der Berliner Kunst
sammler, Wilhelm Gumprecht, ist am 20. August gestorben.
Er gehörte zu den seltenen Sammlertypen, die ganz selb
ständig ohne Beratung von Fachleuten kaufen und ihrem
Besitz dadurch eine persönliche Note verleihen. Als Kunst
liebhaber dieser Art besaß er auch die viel seltenere Gabe eines
unfehlbaren. Oualitätssinnes, der ihn nur das Erlesenste kaufen
ließ und seine Sammlung trotz einem verhältnismäßig geringen
Aufwand von Mitteln unter die ersten der deutschen Reichs
hauptstadt stellte.
(Eine Ausstellung schweizerischer Plakate) findet
zurzeit im königl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart
statt. Ein Bericht im „Stuttgarter N. Tgbl.“ weist auf das
Bodenständige dieser Plakate hin; zum Wesen des Plakates
gehöre ja, daß es sich in erster Linie an die Eigenart eines
bestimmten Volksteils oder einer Nation wendet. Bei den
Schweizer Plakaten spüre man das „an der vielfach hervor-
tretenden derb-knorrigen Linienführung, an der Neigung zur
Stilisierung, dem Zug ins Monumentale, die an Ilodler und
Buri erinnern, oder der Vorliebe für die mehr farbliche Aus
wertung nach westschweizerisch-französischem Muster“. Ar
beiten von Schiatter, Gardinaux, Rengali und Urech
werden besonders herausgehoben, dann aber noch mit Nach
druck hingewiesen auf drei „die kubistisch-futuristische
Manier andeutende“ Plakate, die mit B. gezeichnet sind.
Es handelt sich um Arbeiten Otto Baumbergers, eines
originellen jungen Züricher Künstlers.
(Zwei hundertjährige Byron-Reliquien.) In
Privatbesitz befinden sich, wie der Schriftsteller Paul Tausig
in der „N. Fr. Pr.“ mitteilt, zwei mit wundervoller Feinheit
ausgeführte Aquarelle von Meisterhand, Pendants, und wie
sich kürzlich lierausstellte, handelt es sich bei diesen Ansichts
blättern um zwei Reliquien aus der Zeit, da Lord Byron
in Venedig weilte, aus den Jahren um 1817. Im Sommer dieses
Jahres nämlich war der Dichter, um der heißen Stadt zu ent
fliehen, an der Mündung der Brenta gezogen und hatte dort
ein der Familie Foscarini gehöriges Landhaus, die Villa
„La Mira", gemietet, die er dann auch vom Juni bis August
1819 neuerdings bewohnte, und wo er ziemlich viel mit der von
ihm besungenen jungen Gräfin Guiccioli verkehrte. So wie
der berühmte Landsitz von Strä an der Brenta, bildete auch
„La Mira“ einen Brennpunkt venezianischer Patrizierge-
selligkeit, wenngleich der Dichter-Lord hier nur seine intimsten
Freunde empfing; hier übergab Byron das Manuskript seiner
Unsterblichkeit dem ihn besuchenden Thomas Moore, der
es aber später, wie man weiß, nicht veröffentlichte, sondern
verbrannte. Unsterblichkeit erlangte das schlichte zweistöckige
Gebäude, in dem Byron mit seiner natürlichen Tochter Allegra
wohnte, dadurch, daß in seinen Räumen der vierte Gesang
des „Childe Harold“ entstand und ein Teil des epischen
Gedichtes „Bcppo“ gedichtet wurde. Nun ist es auch jüngst
geglückt, festzustellen, wer diese beiden entzückenden Aquarelle
mit den zahlreichen Miniaturfiguren malte. Eines der Bilder
zeigt die Ankunft des unsteten Poeten in einer britischen
Kriegsschaluppe, und in der Mitte der Flagge verrät ein mikro
skopisches Monogramm den Künstler: es ist Sir Augustus
W. Callcott (1779 bis 1844), der englische Claude Lorrain
und Schüler Happners, ein namentlich durch seine virtuose
Behandlung der Wasserreflexe, Seevögel und Boote bekannter
Landschafter, von dem auch in der „National Gallery“ in
London mehrere ähnliche Gemälde aus Italien und Holland
hängen. Die subtile Darstellung aller Details auf den beiden
Aquarellen gemalmt an die beste Zeit Rudolf Alts. Das Ent-
stehungsdatum läßt sich um so leichter genau angeben, als an
einem Hause ein Schild mit dem österreichischen Doppel
adler sichtbar ist.
(Slevogts Don Juan.) Professor Max Slevogt, dessen
Bilder d’Andrades als Don Juan zu seinen Hauptwerken
zählen, hat jetzt das ganze Opernwerk Mozarts mit Holz
schnitten zu illustrieren unternommen. Diese I)on-Juan-
Ausgabe Slevogts wird in der Folge der Gurlittschen „Neuen
Bilderbücher“ im Herbst erscheinen.
(Ein Schicksalsring des Hauses Hohenzollern.)
Ins Hohenzollern-Museum in Berlin ist jetzt ein inter
essantes und erinnerungsreiches Stück gelangt, ein Schicksals
ring des Hohenzollernschen Hauses. Der Ring hat seine Ge
schichte, die Geh. Archivrat Dr. Schuster im neuesten
„Hohenzollern-Jahrbuch“ erzählt. In Himmelskron bei Bay
reuth, wo die Gruftkirche des markgräflichen Hauses Bayreuth
stellt, hielt sich im Jahre 1756 Markgraf Friedrich von
Bayreuth auf und in seinem Gefolge der Kammerherr und
Rittmeister von Bose. Sie besuchten zusammen die Ahnen
gruft. Ein paar Tage später hatte Bose einen Traum. Darin
erblickte er den geöffneten Sarg des 1705 verstorbenen Mark
grafen Christian Heinrich von Bayreuth und an dem Finger
des markgräflichen Leichnams einen Ring. Eine Stimme