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Internationale Sämtnler-Zeitung
Nr. 20
nimmt, durch verschiedene Kuriere an Alamanni nach
Mailand gesendet, eine von Lorenzo oft geübte Vor
sichtsmaßnahme, damit, wenn ein Brief verloren ginge,
der andere an den Empfänger gelange. Dieser Brief
behandelt die schwierigen politischen Verhältnisse
jener Zeit, in die vor allem der .König von Neapel und
der Papst verwickelt waren. Ein Brief Lorenzos an
Alamanni war bestimmt, Lodovico II. Moro vorge
lesen zu werden, und enthielt auf der zweiten Hälfte
des Briefbogens bestimmte, geheime Vorschriften, teil
weise in Chiffren. Am 15. Jänner 1490 schreibt Lorenzo,
er sei froh, daß Alamanni ein willige, einige Wochen in
Rom zu bleiben, denn es sei gut, daß er Rom und Rom
ihn kennen lerne; Alamanni werde sehen, daß die
Menschen dort jenen an anderen Höfen ziemlich ähnlich
seien und daß die Kardinale ihm dort auch keine
größeren Unannehmlichkeiten bereiten würden. Einige
Briefe Lorenzos an Alamanni geben davon Kunde,
daß der Papst eine Sendung von Vernacciawein erhielt,
eine Weinsorte, die nach Dante andere Päpste ins Fege
feuer brachte, so den Papst Martin IV. (der außerdem
noch eine große Schwäche für Bier besaß). In einem
Brief vom 17. Mai 1491 kündet Lorenzo zwei Flaschen
Casentinowein an, die der Papst dringend verlangt
hatte, und stellt weitere Sendungen in Aussicht, wenn
sich der Papst zu einer Lieblingssorte bekannt haben
werde.
Lorenzo hatte zu jenem Zeitpunkt keinen sehn
licheren Wunsch, als Alamanni in guter Stimmung zu
erhalten. Denn im Sommer 1491 gebar Lorenzos Tochter
Maddalena, die Gattin des Franceschetto Cibo, einen
Knaben, und Lorenzo drängte den Papst, für seinen
Schwiegersohn einen Staat zu gründen und zu be
willigen; außerdem sollte für die Familie eine ansehn
liche Summe beiseite gelegt werden. Diese Frage wird
nach längerem Briefwechsel in befriedigender Weise für
Franceschetto gelöst. Lorenzos letzter Brief ist vom
20. März 1491 datiert, am 9. April 1492 ist er gestorben;
aber den Verlauf der weiteren Geschehnisse erfährt
man aus den vielen Briefentwürfen des Alamanni
an Piero de Medici bis zur Besetzung Italiens durch
Karl VII. von Frankreich und den Sturz des Piero
de Medici.
Unter den Briefen einer späteren Epoche ist ein
Brief von Lorenzino di Pier an Francesco de Medici
aus Venedig, 5. Februar 1536 datiert, in dem der
Schreiber sich zu rechtfertigen sucht, daß er mit Hilfe
eines gedungenen Mörders namens Scoronconcolo
den Herzog Alexander von Florenz einen Monat
vorher ermordete. Zahlreiche Briefe sind von der Hand
der Bianca Capello an Raffaello de Medici vor
handen, deren tragisches Schicksal der florentinischen
Geschichte angehört. Einen der Briefe hatte sie 15 Tage
vor ihrem Tode geschrieben. In der Sammlung befindet
sich ferner ein Brief des Kardinals Richelieu an den
Erzbischof von Pisa (Giuliano de Medici) gerichtet,
vom 24. April 1629; außerdem sind zahlreiche Doku
mente mit der Unterschrift Ambrosio Spinolas, des
berühmten Generals, der Breda eroberte und von
Velasquez und anderen berühmten Künstlern gemalt
wurde, vorhanden.
Das . Medici-Archiv umfaßt außerdem noch achtzig
Hauptbücher, Kassenbücher und Memoranden von
Bankiers und Kaufleuten aus der Familie Medici.
Die Antiquitätensammlung Hering, München.
Die am 29. und 30. Oktober in der Galerie Hclbing
in München zur Versteigerung gelangende Anti
quitätensammlung des verstorbenen Kunstmalers
Hering ist Sammlern und Liebhabern seit langem
bekannt. Einige Glanzstücke der Eisenabteilung,
wie die reich ornamentierte Armbrustwinde oder
verschiedene seiner schönen Zunft Werkzeuge, gehörten
zu den besten Stücken der Eisenausstellung, die der
Bayerische Kunstgewerbeverein im Herbst des Jahres
1916 veranstaltete. Das -war aber nur eine kleine
Auslese aus dem außerordentlich reichen Material,
das der Sammler systematisch auf diesem Gebiete
zusammenbrachte.
Die Sammlung Hering ist die typische Münchner
Sammlung der letzten Jahrzehnte des vorigen Jahr
hunderts. Nicht so umfangreich, so w r eit und groß
gestellt in ihren Zielen, wie die; vor kurzem versteigerte
Sammlung Georg Hirths, ist sie ihr doch durch die
Tendenz verwandt. Hier und dort die große und inten
sive Liebe für den Formenschätz der letztvergangenen
Jahrhunderte. In manchem ist die Sammlung Hering
instruktiver, weil vollständiger: ein Spezialherrscher
auf dem Gebiet der Schlosser-, Werkzeug- und Fein-
schmi 'dekunst wird von der Durchsicht der Bestände
Herings vielen Nutzen ziehen können. Was hier den
Künstler anregte zu sammeln und zu erwerben, war
der bei alten Gegenständen auch des täglichen Gebrauchs
immer wieder begegnende Überschuß an Kunstent
faltung in Hinsicht auf eine gefällige Form, ein gelegent
lich schmückendes Ornament u. a.
Es hieße indes dem Ganzen Unrecht tun, wollte
man nur die Eisen- und Waffensammlung envähnen.
Da ist in erster Linie eine Fayencekollektion, die
sich in jeder Hinsicht sehen lassen kann. Es befinden
sich Glanzstücke der süddeutschen Keramik, wie die
frühen Hanauer Krüge, die Nürnberger Arbeiten, mit
einem signierten Stück von Marx (Schwarzlotdekor)
und verschiedene Seltenheiten, wie die Hubertus
schüssel, beziehungsweise der Hubertuskrug. Es wäre
ferner der reichhaltigen plastischen Abteilung, die
namentlich an kleinen Stücken, wie dem Altaimodell,
feine Arbeiten besitzt, der Edelmetallgegenstände,
worunter sich vielerlei aus Nürnberg befindet, zu ge
denken. Das Mobiliar ist an Zahl nicht stark, mehr
als Rahmen zu der Sammlung von Geräten vertreten,
wie auch die Gemäldesammlung ein ausschließlich
dekoratives Interesse verfolgt. Man fühlt aus allem
den behaglichen Sammlergeist eines Münchner Künst
lers, der aus dem Gedonkreise erwuchs und selbst als
Pate der jüngeren Generation—- es sei des verstorbenen
gut befreundeten Ignaz Taschner gedacht — so nahe
stand.
Der mit sechzehn Lichtdrucktafeln ausgestattete
Katalog ist durch die Galerie Helbing zum Preise von
M 3.— zu beziehen.