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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
9. Jahrgang. Wien, 1. November 1917. Nr. 21. 
Georg Mössel. 
Ein Gedenkwort vom Hofrat A. M. Pachinger (Linz). 
Unter den Menschen, die sich aus Sammlerinteresse, 
Beruf oder Geschäftssinn mit alter Graphik beschäftigt 
haben, wird es in Süddeutsehland und Österreich 
wenigstens, wohl wenige geben, denen der Name 
Mößel fremd geblieben ist.. Er war einer der letzten 
Vertreter jenes Händlertypus, bei dem der Kunst 
liebhaber stets über dem Geschäftsmann gestanden 
ist. Er hat wohl zwei Generationen von Sammlern 
erstehen sehen, war den Alten ein lieber Freund und 
Berater, den Jungen ein allzeit aufrichtiger Lehrer und 
Helfer. Gewiß ist, daß Georg Mößel von jung und alt 
wie ein verstorbener naher und' lieber Verwandte;, 
betrauert wird. 
Mößel war am 16. Jänner 1841 zu Nürnberg 
geboren und bildete sich zuerst an der dortigen Kunst 
gewerbeschule zum Architekten und Kunstgewerbler 
aus. Er war in seiner Jugend eine lebensfrohe und 
schönheitsdurstige Natur, eine echt germanische, blond 
bärtige Gestalt. 
In den siebziger Jahren war Georg Mößel in den 
Nürnberger Künstlergesellschaften eine bekannte und 
sehr gerne gesehene Persönlichkeit. Er war ein ge 
schätzter Sänger, eifriger Turner und begeisterter 
Verkünder der Kunstschätze seiner Vaterstadt. Sein 
nie versiegender Humor, sein kaustischer Witz hat ihn 
auch bis zu seinem Lebensende nicht verlassen. Unbe 
dingte Ehrlichkeit gehörte zu seinem Wesen und kenn 
zeichnete ihn so sehr, daß ihm von allen Seiten aus 
seinem Kundenkreise im Kunsthandel ein in Erstaunen 
setzendes, aber sehr gerechtfertigtes Vertrauen ent 
gegengebracht wurde. 
Frühzeitig fing Mößel an, von einer gleichgesinnten, 
geistig hochstehenden Hausfrau unterstützt, in seinem 
Heim als Sammler und Liebhaber die verschieden 
artigsten Schätze, hauptsächlich Möbel und kunst 
gewerbliche Arbeiten, zusammenzutragen. Der jungen 
Ehe erblühte Kindersegen und wie bald fünf kräftige 
Jungen heran wuchsen, fehlte es in den Räumen an 
Platz. Die zusammengetragenen Kunstschätze, die 
noch immer mit unverminderter Liebhaberei vermehrt 
wurden, gingen bald über den eigenen Bedarf und 
mußten zum Teil im Verkaufswege abgestoßen werden. 
So wurde Ende der siebziger Jahre aus dem Liebhaber 
und Sammler ein Händler. Aber dieser Händler blieb 
trotz allem bis an sein Lebensende ein Liebhaber, ein 
Schätzer und Kenner alter Kunst. 
Im Jahre 1878 gründete Mößel in Nürnberg am 
Albrecht-Dürcr-Platz ein Antiquitätengeschäft, mit 
dem. er großen Erfolg hatte. Aber schon im Jahre 1884 
siedelte Mößel nach München über. Es war für deri 
aufstrebenden, in der Fremdenstadt Nürnberg zu 
Ansehen gelangten Geschäftsmann gewiß kein leichter 
Entschluß, die Dürerstadt zu verlassen. Die Landes 
hauptstadt, die Residenz des kunstsinnigen Königs 
Ludwig II. aber lockte durch die Möglichkeit, den 
heranwachsenden Söhnen eine bessere Ausbildung 
leichter bieten zu können. So errichtete Mößel in 
München am „Rinder mar kt“ wieder einen — im 
Anfang recht bescheidenen — Antiquitätenladen. Im 
gleichen Hause schlug er auch sein Heim auf, das 
mehr einem Museum oder einem Künstleratelier im 
Geschmacke der achtziger Jahre, als der Wohnung 
eines Händlers glich. Bald hatte sich hier dem viel 
seitig erfahrenen, kunstliebenden Manne wieder eine 
kleine, stetig wachsende Gemeinde von Sammlern 
angegliedert und Mößel hatte, lange ehe andere ähn 
liche Geschäfte daran dachten, den ersprießlichen 
Gedanken gefaßt und durchgeführt, der Kunsthandlung 
ein Auktionshaus für Antiquitäten und alte Graphik 
anzugliedern. 
Der ruhelose, stets nach praktischen Neuerungen 
strebende Geist ließ Georg Mößel Umschau halten 
in anderen deutschen und ausländischen Großstädten. 
Er bereiste ganz Deutschland, Österreich, Italien und 
Frankreich. Auch die damals schon bestehenden großen 
Kunstauktionshäuser der englischen Metropole zog er 
in den Kreis seiner Studien und, was er Praktisches 
in der Fremde fand, suchte er in München, das ihm 
bald zur zweiten Heimat geworden war, zu verwerten. 
Von diesen Forschungsreisen konnte der Fremden 
gegenüber so zugeknöpfte alte Herr in seinen letzten 
Lebensjahren noch viel Interessantes erzählen. Lustig 
blitzten dabei seine blauen Augen hinter der scharfen 
goldenen Brille und seine Lippen prägten des öfteren 
Witzwortc, die später ihre Runde in weiten Kreisen 
machten.
	        
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