Nr. 6
Seite 4?
Internationale Sammler-Zeitung
die Buchstaben j. \Y. auigema.lt hat, die mit einem
grünen Eichenkranz umgeben . sind, Die Jahreszahl;
ist in zwei gleiche Teile getrennt, daß zwischen 18 und 36
der Vers angebracht ist, daß wenn, dich das Beste
nicht vergnügen kann, an dir der Fehler liegt.
Daran reiht sich eine Ehrengedenkscheibe, die
aus Anlaß der Feier des Namensfestes der Freiin Anna
von Brandhof am 25. und 26. Juli 1849 gestiftet
worden ist. Die fast ganz verwitterte Scheibe aus
dem Jahre 1868, die von dem Hochgeborenen Herrn
Hans von Rebenburg, dem warmen Freund der
Grundlseer Bevölkerung, der von Jugend auf allen
bäuerlichen Betätigungen großes Interesse entgegen
brachte, wie Mautner sagt, gestiftet worden ist, zeigt
eine fünfzackige Krone und unter derselben das Reben
burgische Wappen und darunter noch die Spuren der
Bemalung.
Eine größere Anzahl von Scheiben aus den siebziger .
Jahren des vorigen Jahrhunderts finden sich noch vor,
die alle neben manch guter Malerei doch in der Mehrzahl
die bäuerliche Hauskunst in schablonenhafter Malerei
auf weisen. Mögen sie nun in ihrer Ausführung sein wie
sie wollen, so sind sie doch ein Denkmal der echten
Volkskunst, die uns Tracht, Sitte und Volkscharakter
in seiner Eigentümlichkeit und Vergangenheit vor
Augen führen.
Schon weit besser gemalte .Schützenscheiben, die
von tüchtigen fertigen Malern gemalt wurden, befinden
sich zu Frankfurt am Main in den Sälen und Neben
räumen des städtischen Oberforsthauses sowie auf den
bürgerlichen Schießständen. Es sind Scheiben, die zu
meist aus der ältesten Frankfurter Schützengesellschaft,
den Urschützen, gegründet 1469, stammen. Die älteste
Scheibe trägt die Jahreszahl 1610 und stellt das Lebens
licht dar. Die Umschrift lautet: „Flamma vitae brevis
est." Die nächstältesten Schießscheiben rühren aus.
den Jahren 1695 her und sind meist nur mit dem alten
Frankfurter Adler geziert. Eine Scheibe aus dem
Jahre 1697 zeigt eine zerbrochene Säule und die von
1699 ist mit einem bunt gemalten Pfau, der auf der.
Erdkugel sitzt, bemalt. Dann folgen noch etwa 70 reich
bemalte Schießscheiben, die aus den Jahren 1703 bis
1799 stammen. Mehr als 100 Scheiben stammen aus
den Jahren 1800.
Bei allen diesen Schießscheiben tritt das echte
künstlerische Moment neben ihrem ansehnlichen Alter,
in den Vordergrund. Auch hierbei finden win Tütedefi:
neben Gedenkscheiben, Erinnerungs-, Jux- und Ehren
scheiben solche, die uns wichtige Frankfurter Loka'l-
ereignisse, vaterländischer und fremdländischer Ge
schichte vor Augen führen. Es fehlt auch nicht an
Darstellungen aus der biblischen Geschichte, des
Sagenkreises oder Ansichten der alten Stadt Frankfurt
am Main und Umgebung. Auch Landschaften, Tier
stücke, Jagdstücke, Genrebilder, Porträts, Blumen-
und Wappenstücke sind vertreten. Wir treffen bei diesen
Scheibengemälden Künstlernamen an, die einen Ruf
weit über ihrer Vaterstadt hinaus genossen haben.
Es sind dies zum Beispiel Burger, Bamberger, Diel
mann, Ehrhardt, Grüner, Geist, Goeb’el, Hendschel,
Hasteihorst, Rumpf, Roos, Schütz, Schrey, Seekatz
u. a. m.
Als eine. der bedeutendsten Scheiben in künstle
rischem Wert als Gemälde ist die von dem Frankfurter
Maler Schwarz im Jahre 1857 gemalte Scheibe, im
Werte von mehr als M 1000, die den „ungarischen
Saudieb“ darstellt.
Aus dem Jahre 1711 stammt eine Schützenscheibe,
die vom Maler F. Unsin gemalt ist und die Kaiser
krönung auf dem reich illuminierten Römerberg dar-
stcllt. Man sieht, wie der im Dom gekrönte Kaiser
Karl VI., der letzte Habsburger, seinen feierlichen
Einzug zum. Römer, dem ehemaligen Rathaus von
Frankfurt am Main, hält. Umgeben, von den Kurfürsten
und deren Abgesandten, schreitet der Kaiser im Krö
nungsmantel unter goldenem Baldachin zum Kaiser
saal, der sich heute noch im Römer befindet. Edel
knaben tragen die.Reichsinsignien voraus; Hellebardiere,
Fackelträger, Reiter und blasende Herolde begleiten
den Zug des Neugekrönten. Ratsherren in dicken
weißen Zopfperücken stehen zum Empfang vor dem
Römerportal bereit, indes prächtige Staatskarossen
neben der Freitreppe halten. Im Hintergründe des
Bildes erblicken wir, an den Römer anschließend, die
altbekannte Häuserfassade des Römerbergs und die
mit einem Vorbau, dem Wächthaus versehene Nikolai
kirche. In der Mitte steht der Gcrechtigkeitsbrunnen
und etwas weiter rückwärts die mit Brettern umgebene
Ochsenküche. Am linken Bildrande steht neben dem
Neptunbrunnen eine Standarte, mit dem deutsch
österreichischen Doppeladler, aus dessen Brustschild
roter und weißer Wein in eine bereitstehende Bütte
fließt. Auch schwebt ein gekrönter Doppeladler mit
den Reichsinsignien und einem Lorbeerzweig in beiden
Fängen friedlich in der Mitte des Bildes. Oben links
und rechts ist das Wappen der damaligen beiden
Kriegszeugherren von Barkhausen und Humbracht
aufgemalt. Unten links und rechts an den Enden
eines Spruchbandes sind die Wappen der damaligen
beiden Urschützenmeister Freyeis und Breckel an
gebracht.
Eine mittelgroße Ehrenscheibe aus dem Jahre 1820
zeigt uns die alten bürgerlichen Schießstände auf dem
Fischerfeld und war dem Obristen J. G. Winkler von
seinen Freunden zum 'Gebursfagsfest 1 am 24. Juli 1820
gewidmet worden. Aus dem Jahre 1835 stammt eine
Scheibe, die den ehemaligen Schneidwall, das einstige
Bollwerk und Befestigungsgürtel von Frankfurt. am
Main darstellt. Von dem Maler Dielmann .stammt
eine Scheibe aus dem Jahre 1844, die das ehrwürdige
..Standbild Karls des Großen auf der alten Mainbrücke
dajrstellt.
„Münchhausens Entenflug“ betitelt sich eine prächtig
im Kolorit stehende.Sehie%.clieib'e, die von dem Frank
furter Maler Häistc Ihorst im Jahre 1851 gemalt
worden ist. Als Schluß dieser älteren Schützenscheiben
nenne ich noch die Ehrenscheibe; die dem alten Ober
zeiger Zelmer I aus Isenburg bei Frankfurt am Main
im Jahre 1855 gewidmet wurde, aus Anerkennung für
seine trefflichen Dienste, die er den Schützenbrüdern
als gewichtigster und tüchtiger Zeiger geleistet hat.
Man sieht ihn, ähnlich nachgebildet, mit einem grünen
Eichenkranz auf dem Kopfe, in der Rechten die Schieß
scheibe und in der Linken den Löffel haltend, gewichtig
dastehend.
Hieran reihen sich dann Jubiläumsscheiben, Vor
stands- und Wappenscheiben späterer Jahre bis zum
Jahr, 1910 an, die prächtig gemalt sind und alle durch
ihre oft komische Ausdrucksweise für sich selbst und
ihren damaligen Zweck sprechen.