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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 8
eines Juden an den irischen Sänger John Mc. Coxmack
verkauft, der es um eine große Summe für sein Haus in Amerika
erstand. Das Werk, Brustbild eines Juden in einem merk
würdig schief sitzenden Schlapphut und umgelegtcn Reißen
Hemdkragen mit Troddel, ist 38 cm hoch und 30 cm breit und
gehört nach Bode in die Zeit um 1645.
Handschriften.
(Entdeckung eines, alten Musikalienmanuskripts.)
Ein umfangreiches Musikalienmanuskript des 16. Jahrhunderts
wurde in Parma von Prof. Graziano Paolo Clerici entdeckt.
Die Musikanthologie umfaßt 211 geistliche und profane, vier-
bis siebenstimmige Kompositionen in vollständiger Partitur
von italienischen und fremden Meistern des Cinquecento.
Der Vläme Cipriano de Rore nimmt den größten Raum ein;
aber auch Palestrina und Merulo sind in der Sammlung
vertreten. Bei den meisten Kompositionen ist am Schlüsse
der Name des Autors angegeben; ein kleiner Teil nur ist anonym
geblieben. Von den Sonetten Petrarkas sind im Manuskript
achtundzwanzig in Musik gesetzt. Die berühmte zehnstrophige
Kanzone ,,Alla Vergine“ ist durchkomponiert; interessant ist,
daß auch von Petrarkas „Trionli“, der letzte „della Morte“
betitelte Teil vertont wurde.
Heraldik.
(Hindenburgs Wappen.) In seinem soeben erschienenen
Kriegsbuche erzählt Anton Fendrich, der bekannte sozial
demokratische Schriftsteller: In der badischen Hauptstadt,
in der der Feldmarschall sich seine Frau hat antrauen lassen,
zeigte mir ein Freund das Familien Wappen des deutschen
Heerführers. Meine Ehrfurcht vor solchen Schilden und Ge
bilden ist sonst nicht übermäßig groß. Es stimmt nicht immer.
Aber bei Hindenburg ist das Wappen wie eine Offenbarung
seines ganzen Wesens. Da blickt ein starker Stier aus dem
einen Feld, und im anderen zieht friedlich eine Hirschkuh
vor einem grünen Baum vorbei. Den Stier haben schon die
heidnischen Götter als Zeichen der Kraft geliebt; die Hindin
aber ist das frommste der Waldtiere, in dem Güte und Reinheit
die Herrschaft haben. Aus Hindenburgs mächtigem Kopf mit
der kurzen, gewölbten Stirn und dem granitnen Kinn spricht
die ganze Kraft zum Niederringen des Gegners; aber seine
hellen Augen und sein guter Mund künden auch seinen Willen
zum Frieden, So ist er mir erschienen: Unerschütterlich als
Freund, lebensgefährlich als Feind!
Numismatik.
(Münzenversteigerung,) Die schöne Sammlung des
k. k. Baurates Johann Horsky (Wien) gelangt vom
30. April durch Adolph Heß Nachfolger in Frankfurt a. M,
zur Auktion. Sie enthält etwa 5000 griechische, römische und
byzantinische Münzen aus Gold, Silber, Bronze, Billon und
eine kleine numismatische Bücherei. Besonders die römischen
Münzreihen enthalten zahlreiche Raritäten, die man in den
meisten öffentlichen und privaten Sammlungen vergebens
sucht. Horsky besitzt echte Stücke von Kaiserin Tranquillina,
Kaiser Pacatian, von Zenobia, der Königin von, Palmyra,
von dem ägyptischen, unter dem Namen Achilleus bekannten
Usurpator Domitian, von Julian II., dem Zeitgenossen des
Carus, von Martinian, einem Mitregenten des Licinius und
vielen anderen Augusti, Augustae und Cäsaren, darunter auch
von einem gänzlich unbekannten Usurpator, der den Namen
Maximianus getragen hat und dem Zeitalter der Constantine
anzugehören scheint.
Philatelie.
(Neuheiten.) Die Republik Panama, die Republik
Mexiko und der australische Staat der Papuas haben neue
Marken ausgegeben. Die neuen Panamamarken zeigen
blauen Überdruck mit den Worten „Canal Zone“ und gelten
bloß für das zwischen der Republik und den Vereinigten
Staaten vereinbarte Vertragsgebiet. Es handelt sich dabei
um eine malvenfarbige 12-Cent-Marke mit dem Bilde des
Schiffes „Panama“, um eine blaue 13-Cent-Marke mit einem
andern Bilde desselben Schiffes und eine braune 24-Cent-
Marke mit dem Schiffe „Christobal“. Die neuen mexi
kanischen Marken sind zwar auf Befehl des Präsidenten
Carranza hergestellt worden, tragen aber merkwürdiger
weise nicht sein Bikinis, sondern das des Generals Ignacio
Zazagoza. Schließlich hat sich auch Papua, das früher
von Menschenfressern bewohnt war, durch Ausgabe mehrerer
Postwertzeichen der Zivilisation angeschlossen.
(Farbenänderung der 15-Pf-Marke.) Aus Berlin wird
uns geschrieben: Die Postwertzeichen zu 15 Pf werden für
das Reichspostgebiet und Württemberg nach Aufbrauch der
bisherigen Bestände in blauvioletter Farbe ausgegeben
werden.
Verschiedenes.
(Wiener Ausstellung von Kriegsgraphik.) Die
Ausstellung von Kriegsgraphik im Österreichischen Museum
in Wien wird am 22. April geschlossen. — In unserem Artikel
in der vorigen Nummer ist irrtümlich der Dresdener Radierer
Richter genannt. Es soll natürlich heißen Otto Gr einer.
Richter ist der Name des Kunsthändlers, der eines dieser
Blätter ausgestellt hat.
(Ein Erinnerungsbild.) Die Malerin Herma Schlochta
hat eine Radierung angefertigt, die neben ihrem künstlerischen
Werte auch dadurch besonderes Interesse verdient, daß sie
durch eine der letzten Verfügungen Kaiser Franz Josephs
der Familienfideikommiß-Bibliothek eingereiht wurde. Das Bild
stellt den Gasthof „zur alten Post" in Haistatt dar und bringt
in sinniger Weise den 19. August 1853 in Erinnerung, den Tag
der Verlobung Kaiser Franz Josephs mit Prinzessin Elisabeth
von Bayern. Ein, Nachmittagsausflug hatte das hohe Paar
in Begleitung des kleinen Erzherzogs Ludwig Viktor nach Hall
statt geführt, wo es die Glückwünsche der Bevölkerung empfing.
Das Bild ist im Kiosk des Kriegsfürsorgeamtes am Graben
ausgestellt. Das Erträgnis der Vervielfältigungen der Ra
dierung ist den Zwecken der Kriegsfürsorge gewidmet.
(Das Off enbergsche Stammbuch aus dem Mi-
tauer Museum.) Das Provinzialmuseum zu Mitau besitzt
ein kostbares altes Stammbuch, das mit seinem künstlerischen
Schmucke und mit seinen literarischen Eintragungen zu den
besten seiner Art zählt. Mit Genehmigung des Oberbefehls
habers Ost wird es demnächst der in Mitau tätige Professor
Dr. Otto Giemen im Insel-Verlage herausgeben. Der ur
sprüngliche Besitzer dieses kostbaren Stammbuches ist ein
kurländischer Baron Heinrich von Offenberg, der, 1752
geboren, erst dem letzten Herzog von Kurland, dem kunst
sinnigen Herzog Peter, als Kammerjunker, Adjutant, Kammer
herr, Hof- und Reisemarschall und Hofgerichtsrat diente,
dann von der russischen Regierung übernommen wurde und
schließlich als kaiserlich russischer Geheimrat und Präsident
des kurländischen Oberhofgerichts 1827 zu Mitau gestorben
ist. In den Jahren 1778 bis 1786 unternahm er Reisen nach
Deutschland, Holland, England, der Schweiz und Italien
und trat da vielen bedeutenden Künstlern und Gelehrten
näher. Während dieser Reise hat er auch die meisten Hand
zeichnungen und Autogramme, die drei Bände seines Stamm
buches füllen, zusammengebracht. Es sind darin u. a. vertreten:
Chodowiecki, Nicolai, J. W. Weil, Benjamin West-London,
John Francis, Rigaud, die Brüder Kohell. Joseph Fratrel,