Nr. 17
Seite 151
Internationale Sammler- Zeitung
Museen.
(Neuerwerbungen des Germanischen Museums.)
Aus Nürnberg wird gemeldet: Ins Germanische Museum
wurde ein schönes Werk der deutschen Renaissance übertragen,
die Holzverkleidung eines Zimmers aus der Hans Sachs-Gasse
Nr. 9. Pilasterfüllungen zeigen da Engel und weinende Kinder
und die Jahreszahl 1546. Auf einem Schrank, der in die Ver
kleidung eingebaut ist, erscheinen die Köpfe römischer Kaiser,
und im Medaillon der ausdrucksvolle, fast an Karikatur strei
fende Kopf eines Mannes im großen Schlapphut. Die Ar
beiten zeigen die Art des Peter Flötner, der der maßgebende
Meister in der kunstgewerblichen Richtung der deutschen
Renaissance war.
(Vom Berliner Kaiser Friedrich-Museum.) Bei
Eröffnung des Kaiser Friedrich-Museums stiftete Dr. James
Simon in Berlin einen Teil seiner Sammlungen dem Museum,
wo sie in einem besonderen Kabinett vereinigt sind. Nun hat,
wie man uns aus Berlin meldet, Dr. Simon für seine
Abteilung dem Museum eine weitere Anzahl von Kunstwerken
überwiesen. Es sind durchweg Werke der plastischen Kunst,
von der Renaissance bis ins 18. Jahrhundert. Als ältestes
Stück ist eine deutsche vergoldete Bronze, die nach der In
schrift ein Bildnis des Rates und Landeshauptmannes in Öster
reich, des Wolfgang Jörg zu Tolet, gibt und im Jahre 1518
entstand. Noch weitere Porträte aus der Zeit der deutschen
Renaissance sind in der neuen Simonschen Stiftung. Ein
Silberbildnis zeigt den Erbauer des berühmten Ottheinrich-
Baues des Heidelberger Schlosses, den Herzog Ottheinrich
von der Pfalz. Ein Buchsmedaillon verrät die Kunstart des
hervorragenden Medailleurs Friedrich Hagenauer. Unter
den Bildnissen aus der italienischen Renaissance, die Doktor
Sim on überwies, ist das eines Bischofs von Lucca interessant
wegen der Darstellung auf der Rückseite; es ist eine Allegorie,
die die lateinische Inschrift trägt: „Fluten von Tränen und
von Liebe.“ Ein italienisches Kunstwerk von der Hand des
Pomodello gibt ein Doppelmedaillon der deutschen Kaiser
Maximilian und Karl V. Der Bildhauer aus Verona hat
hier eine besonders schöne Leistling geschaffen. Von dem in
Siena gleichfalls im 16. Jahrhundert tätigen Pastorino
stiftete Dr. Simon eines seiner anmutigen Frauenbildnisse.
Das Mitglied einer berühmten Florentiner Familie, die Con-
stanza Rucellai, stellt das Bildnis des Nicola Florentino
dar; es zeigt aul der Rückseite eine Allegorie der Keuschheit.
(Vom Balzac-Museum.) Der Begründer des Balzac
Museums, Baudier de Royaumont, ist in Paris gestorben.
Es war dioTat seines Lebens, das kleine Häuschen Balzacs,
in dem eine Reihe der größten Meisterwerke des Dichters ent
standen, vor dem Untergang zu erretten. Der treue Verehrer
Balzacs hatte vor zehn Jahre den kleinen Besitz in der Rue
Raynouard angekauft und alle Balzac-Reliquien, Manuskripte
und alles, was an das Leben des Dichters erinnerte, darin zu
vereinen gesucht. Leider fehlte es ihm an Geld, und so erschien
eines Tages ein Gerichtsvollzieher, um das Museum mit Beschlag
zu belegen. Zum Glück aber war der Gerichtsvollzieher ein
aufrichtiger Freund der Dichtkunst. Er verfertigte ein genaues
Inventar und gab auf seinem Amtsbogen eine so zartfühlende
und ganz von Ehrfurcht vor dem Genie Balzacs erfüllte Er
klärung der Sachlage ab, daß die Gefahi von dem Haupte des
unglücklichen Balzac-Freundes noch abgewendet und er
im Besitze des Museums belassen wurde. Alle Versuche,-ihn
aus seinem kostbaren Schatz zu vertreiben, blieben erfolglos.
Sein einziger Fehler, so fügt ein Pariser Blatt einem Nachruf
hinzu, war ja auch nur der, daß er arm war. Wäre dies anders
gewesen, so hätte man ihm gewiß eine Auszeichnung verliehen,
und ein Komitee härte sich bereits gebildet, um im Vorraum des
Balzac-Hauses seine Büste aufzustellen.
(Die Londoner Nationalgalerie) hat aus dem Besitz
eines englischen Generals einen bisher unbekannten kleinen
Rembrandt erworben. Es ist eines der sogenannten Philo
sophenbilder; die winzige Figur eines alten Mannes mit seinem
Studienmaterial in einem hohen Raum, dessen Beleuchtung
Rembrandt mit besonderer Hingebung malte. Kenner erklären
das Bild für eine der frühesten Arbeiten des Meisters. Es ist
fast einfarbig in Schwarz und Weiß auf braunem Grund. Aus
dem Beginne seiner Entwicklung besaß die englische Staats
sammlung bisher keinen Rembrandt.
Vom Kunstmarkt.
(Die Auktionen in Budapest.) Aus Budapest wird
uns gemeldet: Die Regierung verständigte die Hauptstadt
Budapest, daß sie dem königlich ungarischen Versatzamt die
Erlaubnis erteilt habe, eine Auktionshalle zu errichten.
Der hauptstädtische Magistrat ordnete hierauf an, daß in
Zukunft alle freiwilligen Lizitationen und Auktionen nur in
dieser Auktionshalle abgehalten werden dürfen. Ander
weitig ohne Erlaubnis des Magistrats abgehaltene Auktionen
werden verboten und sind eventuell mit Brachialgewalt zu
verhindern.
(Versteigerung im Wiener Dorotheum.) Die Auktion,
mit der das Dorotheum in Wien seine Herbstsaison ein
leitet, faßt, die Nachlässe Wilhelmine Stern, Franz von Pru-
szynski und JohannDvoracek zusammen. Von Frau Stern
rühren offenbar die Textilien her, die hauptsächlich aus
geistlichen Gewändern, Kasein, Vespermänteln, Stolen,
Manipeln und dergleichen bestehen. Es sind herrliche Stücke
darunter, die gewiß auch weltliche Sammler reizen werden.
Dvoracek und Prnszynski, die Maler waren und, wie ihre
unter den Hammer kommenden Arbeiten zeigen, gut den Pinsel
führten, sind vorzugsweise durch Aquarelle vertreten. Wir linden
da Kostümstudien aus den österreichischen Kronländern
wie Landschaften und Figurenstücke. Neben ihren eigenen
Werken haben sie Sammlungen von meist modernen Gemälden
und Zeichnungen hinterlassen, aus denen wir Arbeiten von
Bayros, Meggendorfer, Rcznicelc, Hans Schließmann, Seelos,
Rudolf Swoboda und Albert Zimmermann hervorheben möchten.
Unter den Antiquitäten, die gleichzeitig zur Versteigerung
gelangen, befinden sich Altwiener, Meißener und böhmisches
Porzellan, Holzschnitzereien, Biedermeiergläser, Uhren, Waffen
und Mobiliar.
(Die erste Herbstauktion bei Rudolph Lepke.)
In Rudolph Lepkes Kunstauktionshaus in Berlin findet am
8. Oktober und den folgenden Tagen die erste große Ver
steigerung von Antiquitäten, alten Möbeln, Gobelins und Orient
teppichen statt. Der mit 25 Tafeln ausgestattete Katalog
enthält unter anderem die Nachlässe des kürzlich verstorbenen
bekannten Berliner Künstlers Professor Wilhelm Lucas von
Cranach und des wirklichen Geheimrats von Borwitz-
Harttenstein-T.ichterfelde. Am ersten Vormittag kommt
eine selten schöne Kollektion von Möbeln zum Ausruf: alte
Aubissongarnituren, Schränke, Sitzmöbel, Kredenzen und
anderes Mobiliar aus den Epochen der Renaissance bis zum
Empire. Daran schließt sich eine große Zahl plastischer
Werke: italienische Stuck- und Marmorrelicfs, gotische und
barocke Holzskulpturen, zum Teil ersten Ranges. —- Der
Nachmittag des ersten Tages, bringt Porzellan der ver
schiedensten Manufakturen. — Den Vormittag des zweiten
Tages füllt die große Abteilung der antiken und modernen
Orientteppiche, denen sich besonders hochwertige antike
Gobelins sowie einige Silbergeräte und Gläser anreihen.
Eine weitere große Abteilung des Katalogs nehmen dieFayencen
und das Steinzeug ein, die Arbeiten aller wichtigen Manu
fakturen enthalten. Der Schluß des Katalogs ist den Metall
arbeiten gewidmet: Vasen, Figuren, Leuchter, Uhren und
Geräte aller Art in Bronze, Eisen, Zinn, denep, auch , einige
alte Waffeneingereiht sind. Die Ausstellung findet vom 5. bis
7. Oktober von 10 bis 2 Uhr statt. Der Jgatalog wird auf.Wunsch
kostenlos versandt.