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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 18
hundert Stücke zählt diese eigenartige Sammlung,
die von A. Riha in seiner Geschichte des Glases im
Altertum als bedeutendste Sammlung syrischer Gläser
bezeichnet wird. Ein kleiner Teil der Sammlung wurde
von dem Sohne des Gründers, Herrn Oskar Zettl er
beigebracht, der ihr nun auch als Besitzer eine wissen
schaftliche Richtung und Ausarbeitung widerfahren
ließ. Herr Oskar Zettler hat durch Herrn Professor
Dr. Ernst von Bassermann-Jordan in München
einen Katalog ausarbeiten lassen, dem als Privatdruck
von bewährten Händen eine so hübsche Gestalt und
gediegene Ausstattung gegeben wurde, wie es dem
erlesenen Zweck, dem das Werkchen zu dienen ' hat,
entspricht.
Der Katalog wird, wie hier erw'älmt sei, gerne von
dem Besitzer der Sammlung, Herrn Oskar Zettler,
in München, Sammlern und Museen kostenlos zur
Verfügung gestellt. Zehn Tafeln vermitteln das Bild,
eines ansehnlichen Teiles der Gläser in geschmack
voller Weise. Der Katalog selbst ist nach den Zweck
formen der Sammlungsgegenstände gesondert —
Kannen, Flaschen, Amphoren, Ölfläschchen, Amprillen,
Salbflaschcn, Phiolen, Balsamarien, Becher, Teller,
Schalen, Näpfe, Töpfchen, Büchsen, usw. — und jedes
Stück nach Größe, Gestaltung, Farbe, Verzierung,
Erhaltungszustand und Fundort beschrieben. Gerade
darin liegt ein Hauptwert der Sammlung, daß die
Fundorte meistens genau bekannt sind, und daß im
Zusammenhänge damit die Klärung des Unterschiedes
zwischen syrischer und gallisch-rheinischer Glas
industrie wesentlich gefördert wird.
Zum größten Teil wurden die Gläser beim Bahnbau
Jaffa—Jerusalem nach fast di eitausendjähriger Ver
schüttung ausgegraben. Fundorte sind insbesondere
Bed-Djubrin, das alte Eleuthoropolis, Beg-Bab und
Askalon. Einzelne Stücke stammen aus Emporium
in Spanien. Nur weniges ist aus dem Handel erworben
und unbestimmter oder unbekannter Herkunft. Größten
teils sind die Gläser tadellos erhalten, was wie ein Wunder
anmutet, wenn man die Gefäße, die oft Wandungen
so dünn wie Eierschalen haben, einer genauen Be
trachtung unterzieht. In ihrer Zartheit erscheinen die
Gläser wie aus einer anderen Welt, wenn man bedenkt,
daß über dem Boden, unter dem sie Jahrtausende
schlummerten, die Zeitgenossen der Christuspassion
schon geschritten sind. Von auffallender Form sind die
Balsamarien, die aus zwei zusammengeschmolzenen
Fläschchen mit einer Art Korbhenkel bestehen. Das
Material ist meist durchsichtiges, zum kleineren Teil
undurchsichtiges Glas. Die technische Behandlung
ist von staunenswerter Vollendung. In den Formen
vereinigt sich hohe 'Linienschönheit mit erfinderischer
Mannigfaltigkeit. Die Verzierungen sind ebenso zart
an sich, wie fein abgewogen im Verhältnis zur Gesamt
form. Vollends die Farben sind von wunderbarem
Reiz, dessen höchste Steigerung allerdings erst die
lange Lagerung in der Erde hervorgebracht hat, in
der Weise der Schillerfarbcn, die bald an die Farben
reihe des Regenbogens, bald an die Flügelpracht
brasilianischer Schmetterlinge, bald an das glimmernde
Grün eines Leuchtkäfers oder an das Rot glühender
Kohlen erinnert.
Diese Formenschönheit, dieser Farbenzauber führen
auf ein Gebiet, auf dem diese ehrwürdigen Schätze
eine verständige Sprache reden und zu Betrachtungen
anregen, welche Geschmackskultur einem Volke eigen
sein mußte, das sich vor ungefähr 3000 Jahren in
seinem Alltag solcher Gebrauchsgegenstände bediente
und dem solche Schönheit auch Alltagsbedürfnis war.
K. M.
Von Hugo Piffl, k. u. k. Oberstleutnant (im Felde).
Pech.
Wir zogen im Jahre 1875 in das alte Postgebäude
in Kremsier ein, in welchem der ehemalige Thurn- und
Taxissche Erbpostmeister als Hausbesitzer wohnte. Unsere
Magd schleppte täglich vom Dachboden des Plauses Papier
zum Unterzünden in die Küche und zu den Öfen, ohne daß
wir Buben davon irgendeine Notiz nahmen. Drei Jahre später
brach in der Realschule ein heftiges Markensammelfieber
aus, das auch mich ergriff und mich bewog, unter dem
erwähnten Unterzündpapier nach etwaigen alten Briefum
schlägen nachzuforschen. Richtig fand ich mehrere mit eigen
tümlichen alten, etwas derb gearbeiteten Marken beklebt.
Ich stieg auf den Boden und erblickte dort einen wohl mindest
anderthalb Meter hohen Haufen Papier, bestehend aus alten
Rezc pissen, Quittungen und dergleichen, aber auch zahl
reichen Briefumschlägen und Zeitungskreuzbändern. Die ver
schiedensten ovalen und rechteckigen Brief- und Zeitungs
marken mannigfacher Färbung hatten hier des Entdeckers
geharrt. Ich sammelte hunderte, verschenkte und tauschte
dutzendweise diese, in meinen Augen sehr minderwertigen
Postwertzeichen, ohne die geringste Ahnung zu haben, daß es
bereits damals seltene Stücke waren, die später horrende
Summen kosten würden. Eines Tages warf meine Mutter mein
primitives Markenalbum ins Feuer, weil ich nicht fleißig in
der Schule gewesen war.
Zehn Jahre später sah ich etliche jener Marken als höchst
seltene Exemplare in einer illustrierten Zeitung abgebildet.
Ich las Werte von 100 bis 120 Gulden angegeben und machte
ein sehr langes Gesicht.
Wieder zehn Jahre später — ich wollte mittlerweile heiraten,
besaß aber nicht die geforderte Heiratskaution —■ erfuhr ich,
daß eine jener Zeitungsmarken den Wert von 15.000, sage
fünfzehntausend Kronen repräsentiere. Der damalige Papier
haufen hatte also im Laufe von verhältnismäßig wenig Jahren,
eine Summe von etlichen hunderttausend Kronen in Umlauf
gebracht. Mir aber blieb das Nachsehen. Nur vier solche Pa
pierchen und ich hätte meine Braut heimführen dürfen und
mir sieben Jahre Wartezeit, Bittgesuche, Protektionssucherei
und" ähnliche Bitternisse erspart. Wie viele andere scheinbar
gänzlich wertlose Dinge wandern in den Papierkorb oder ins
Feuer, 1 die sich später als wertvoll erweisen.