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Seite 22 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. 3 
denen Kunst oder Künstelei einen besonderen Wert 
verleihen sollten, ähnlich wie den curiosa artificalia 
der spätmittelalterlichen Wunderkammern. 
Dieser ganz unermeßliche Reichtum an Erzeugnissen 
von unbeschreiblicher Mannigfaltigkeit sank mit den 
Bauwerken, die sie bargen, im Anstürme der Barbaren 
völker in Schutt und Asche, und nur der Zufall rettete 
davon das eine oder andere der Nachwelt. Unverletzt 
erhalten blieb aber im allgemeinen, was profanen 
Zwecken für immer entzogen werden sollte: die Aus 
steuer der Toten. Auch sie war nach Art und Wert 
verschieden, denn man entnahm sie jeder Art von 
Besitz, vom unscheinbaren, wertlosen Gegenstände, 
der als Liebesgabe der Hinterlassenen der Seele des 
Abgeschiedenen die Wanderung nach dem Jenseits 
erleichtern und sie vor Gefährden bewahren sollte, 
bis zu den kostbarsten Erzeugnissen aus wertvollstem 
Material, die man in den mit weltlicher Pracht aus 
gestatteten Grabkammern zusammenhäufte, damit 
sie auch im Reiche der Verstorbenen dem Ankömmling 
die bevorzugte Stellung verschaffen, die er auf Erden 
eingenommen hatte. 
Wenn nun aber auch in der Wut des Kampfes 
um Sein oder Nichtsein die alte Welt mit ihrem Besitz 
zertrümmert wurde und die siegreichen Volksstämmc 
noch nicht imstande waren, einen Ersatz dafür zu 
schaffen, so fehlte es ihnen doch weder an den dafür 
notwendigen Geistesgaben, noch an Interesse und 
Willen. Letzteres beweisen schon die zahlreichen 
Überlieferungen spätrömischer Schriftsteller von der 
Nachahmungssucht römischen. Wesens, wenigstens in 
seiner äußeren Erscheinung, durch germanische Edle. 
Und wenn diese auch fehlten, würden doch die Grab 
beigaben deutlich genug bekunden, wie begierig diese 
Völker nach der spärlichen Hinterlassenschaft des \ 
Feindes waren, üijd wie sehr sie danach strebten, 
davon, sobald die Möglichkeit vorhanden war, nach- 
zuforschen, was sie für besitzenswert hielten. Mit der 
vermehrten Einsicht in diese früheren Zustände ge 
winnen wir sogar die .Überzeugung, daß gewisse: Tech 
niken, wie sie sich während der Herrschaft Roms 
diesseits der Alpen entwickelt hatten, so z. B. die 
Glasbereitung im Verlaufe der'Völkerwanderungs- 
zcit überhaupt nicht untergingen, und daß von den 
Werkstätten, wo sie ursprünglich _betrieben wurden, 
auch fernerhin die Produkte als Handelsware ihren 
Weg in weit entfernte Gegenden fanden. Dabei bleibt 
allerdings die Frage nach der Volkszugehörigkeit der 
kunstreichen Handwerker eine offene. Die Bearbeitung 
der Edelmetalle war den Germanen nicht fremd, 
berichtet doch Cäsar schon 53 v. Chr. Ton den Sueven, 
sie pflegen ihre Trinkhörner am Rande mit Silber 
einzufassen, und ebenso gedenkt Tacitus 47 n. Chr. 
^cr Silbergruben der Mattiaken. am Taunus. Trotzdem 
kam den Bergbau noch eine geringe Bedeutung zu- 
Erst im Jahre 778 werden uns auch Goldwäschereien 
im Rheine bezeugt, und um 860 gedenkt Ottfried 
ihrer in seiner Evangelienharmonie. Wir dürfen darum 
auf die tendenziöse Bemerkung des Tacitus in seiner 
„Germania“, er wisse nicht ob Huld oder Zorn der 
Götter den Germanen Gold und Silber versagt habe, 
kein zu großes Gewicht legen. Und wenn er beifügt, 
daß er damit nicht behaupte, es bringe keine Gebirgs- 
ader Germaniens diese Metalle hervor, vergißt er, 
was er in den Annalen darüber geschrieben hatte. 
Vollends unzutreffend ist auch seine weitere Bemerkung, 
Besitz und Gebrauch dieses Metalles berühre sie nicht 
weiter, und man treffe bei ihnen silberne Gefäße als 
Geschenke neben irdenem Geschirr zu gleichem. Ge 
brauche, obwohl die Grenzvölker infolge der Stetigkeit 
der Handelsbeziehungen Gold und Silber zu schätzen 
wissen, auch einige römische Münzgepräge kennen 
und darunter wählen. Denn diese Behauptung steht 
im schroffen Gegensätze zu der Gier nach Gold und 
edlen Steinen, von der die Überlieferung als von einer 
schlimmen Leidenschaft dieser Völker so vieles zu 
erzählen weiß. Auch wurde, diese Schwäche von ein 
sichtigen Männern wohl erkannt, so, wenn z. B. der 
Anonymus Valesianus meldet, daß Theoderich 
der Größe das Gold mit dem bösen Geiste verglichen 
habe. Wie sehr trotzdem, der Wunsch nach dessen 
Besitz ihre Phantasie erfüllte, enthüllt uns besonders 
die nordische Mythologie; und nochAdam vonBremen 
schildert den Ländestempel, zu Upsala als ganz aus 
diesem Metall erbaut und zudem mit einer goldenen 
Kette über dem Dache..Das beweist genügend, wie noch 
in historischen Zeiten selbst geistliche Gelehrte unter 
diesem Banne standen, Ähnlich phantastisch klingt 
-es auch, wenn andere Schriftsteller pns von den Gold 
schätzen germanischer Fürsten erzählen, so Prokop 
von denen des Vandalenkönigs Gelimer und des 
Ostgotenkönigs Theoderich cles Großen, um deren 
Besitz sogar die letzten Kämpfe in Italien ausgefochten 
wurden. Wie eifersüchtig man darauf war, daß solche 
nicht in die Gewalt des Feindes übergingen, geht aus 
der von Jornandes geschilderten, durch Platens 
Gedicht allbekannt gewordenen Bestattung Alarichs 
im Busento hervor, ln Ekkehards kampffreudigem 
Sange von Walther. und Hildegund verdunkelt diese 
Goldgier sogar die besten an dem Germanenvolke 
gerühmten Eigenschaften, da sie Hildegund als Schatz 
meisterin der Königin Ospirin zur Untreue gegen ihre 
Herrin verleitet, König Günther und seine Genossen 
zu Wegelagerern macht und Hagen die alte Freundes 
treue, wenn auch nicht ohne Bedenken, brechen läßt. 
Walthari stellt sogar den Besitz dieses Gutes über das 
fernere Schicksal seiner Braut, indem er dafür sein 
Leben einsetzt. (Fortsetzung folgt.) 
Schweizer und Nürnberger Zinn. 
Von Alfred Walcher R. v. Moltheini (Wien). 
Die Zinnsammlung des Herrn Konsul J.*) gibt in | 
erster Linie ein geschlossenes Bild der Erzeugnisse des 
Schweizer Zinngießerhandwerkes im 17. und 18. Jahr 
hundert; in zweiter Linie enthält sie mehrere hervor 
ragende Arbeiten des gleichen Handwerkes in Nürnberg, 
wo sich dieses Gewerbe bald-nach 1600 zu besonders 
*) Die Versteigerung findet am 4. Februar bei Albert 
Ken de in Wien sfatt. 
schönen und künstlerisch wertvollen Erzeugnissen 
emporgeschwungen hat. 
Die Schweizer Sammlung umfaßt sämtliche Kan 
tone, soweit sie sich an der Verarbeitung dieses Metalles 
überhaupt betätigten. Hinsichtlich der künstlerischen 
Form verdient Bern durch seine Kannen mit langem 
Ausgußrohr den Vorzug. Ein ornamental gebildeter 
Steg oder ein solcher in Form eines Armes mit Puffen-
	        
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