Nr. 11
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 85
bewußt an Watteau anklingt. Kavaliere und Pagen sind in
der schimmernden Helle eines Maiensonntages um einen Weiher
gelagert, kosen mit leicht verhüllten Frauengestalten, deren
Körper aus Luft und Wasser geformt zu sein scheinen, so daß
es dem Beschauer unbenommen bleibt, ob er die zarten Ge
schöpfe für Visionen oder wirkliche Wesen nehmen will.
Einige in herkömmlichem Galerieton gehaltene Bilder, unter
denen Josef Bails „Das Mittagsessen der Dienerinnen“ sowie
ein Porträt des Generals Castelnau von Jonas auffallen,
beschließen diese Schaustellung der konservativsten aller
Expositionen französischer Malerei.
Heraldik.
(Wappen und Farben von Deutschösterreich.) Die
Nationalversammlung von Deutschösterreich hat als Wappen
■einen einköpfigen Adler gewählt, der auf der Brust
mit einem rot-weiß-roten Bindenschild versehen ist. Der
Adler trägt die drei Symbole Sichel, Hammer und
Mauerkrone. Der Beschluß deckt sich, wie unsere Leser sich
erinnern werden, im wesentlichen mit den Vorschlägen, die
Ernst Krahl in seinem vielbeachteten Artikel „Wappen und
Farben von Deutschest erreich'‘in der „Internationalen Samm
lerzeitung ‘ (siehe Nr. 5 vom 1 März d J.) gemacht hat. Die
Regierung hat die von Krahl mit historischen Gründen be
legten Vorschläge gerne aufgegriffen und den Maler aufgefor
dert, eine Zeichnung des Wappens herzustellen, ein Auftrag
den t r künstlerisch, wie heraldisch vorzüglich löste. Die Re
gierung hat übrigens auch den von Herrn Krahl aufgeworfenen
Gedanken, die Wapjren aller Länder, die in den Verband des
neuen Staates aufgenommen werden, in einem Schilde zu
verewigen, ins Auge gefaßt. In der Begründung zum Gesetz
entwurf für das Wappen heißt es bezüglich dessen: „Was nun
die Berücksichtigung der Länder in dem Wappenzeichen be
trifft, so kann später, wenn die Konstituante, wie zu erwarten,
eine bundesstaatliche Verfassung beschließt, neben dem ge
bräuchlichen Wappen noch ein großes Staatswappen fest
gesetzt werden, in dem auf dem rot-weiß-roten Mittelschilde
die Wappen der einzelnen Länder angebracht sind. Das ist
aber erst dann möglich, wenn der Länderbestand einschließlich
der allfällig zu erwerbenden Gebiete von Westungarn feststeht,"
(Die Städtewappen des Deutschen Reiches.) Der
neueste Katalog des Antiquariats Graupe in Berlin ver
zeichnet ein für die Chroniken zahlreicher deutscher Städte
wertvolles Werk. Es ist dies das Manuskript der Städtewappen
des Deutschen Reichs. Gezeichnet und gemalt von Fr. Lederle,
Schrift J. Wöhrle, Emmendingen und Freyburg, zirka
1830. Dar Text ist durchwegs von alter Hand sauber und deut
lich geschrieben; er enthält die Erklärung der (numerierten)
Wappen und zugleich eine kurze Chronik der verschiedenen
Städte, die genauen Angaben der Verleihungszeit der Wappen,
die Ursachen der Verleihung usw. Die bis 1700 verliehenen
Wappen sind abgebildet, alle später geänderten oder neu ver
liehenen nur genau beschrieben.
Verschiedenes.
(Fristverlängerung für die Vermögensanmeldung.)
Die Frist für die Vermögensanmeldung in Deutschösterreich
ist bis 30. Juni verlängert worden.
(Die Briefmarken der ungarischen Räterepublik.)
Aus Budapest wird uns berichtet: Die neuen Briefmarken
der Räterepublik werden um den 10. Juni in Verkehr ge
bracht werden. Die neuen Portomarken sind größer als die
derzeitigen Briefmarken. Sie haben die beiläufige Größe der
Stempelmarken. Mit der Herstellung der Marken wurde die
Staatsdruckerei betraut. Die Marx-Marke wird die 20-Hel!er-,
die Petöfi-Marke. die 45-Heller-, die Martinovics-Marke die
60-Heller-, die Georg-Dozsa-Marke die 75-Heller- und die
Engels-Marke die 85-Heller-Marke sein.
(Die St. Georgs-Reliquie Strindbeigs.) Von einem
merkwürdigen Fund wird aus Stockholm berichtet. Im Jahr
1881 veröffentlichte Strindberg einige Aufsätze unter dem
Titel „Auf der Wanderung nach der Spur einer schwedischen
Kulturgeschichte“. Darin berichtet er von einem Funde, der
ihm im Archive der Stockholmer Großkirche (Storkyrka)
gelungen war. Dort hatte er in einem alten Holzkasten mehrere
kleine Kissen aus Brokat entdeckt, auf denen Pergament-
zettel angenäht waren. Strindberg trennte eines dieser Kissen
auf und fand darin ein Stück Pergament, das mehrere in Baum
wolle und Leinen eingeschlagene Knochenreste enthielt. Auf
dem Pergament war in lateinischer Schrift zu lesen, daß der
päpstliche Protonotar Antonius Masth im Jahre 1400 diese
Reliquien des heiligen Georg zum Seelenheile des edlen Herren
Reichsverwesers Sten Sture und seiner Gattin Ingeborg über
lassen und sie in das gleichen Tages errichtete Bild des heiligen
Georg eingeschlossen habe. Nachdem diese Reliquien seit Strind-
bergs Entdeckung verschwunden gewesen waren, hat jetzt
Reichsbibliothekar Dr. Isak Colliin durch einen Zufall die
St. Georgs-Reliquie in einem Schrank der ihm unterstellten
Bibliothek wiederentdeckt. Sie befanden sich in einer Papp
schachtel, die auch eine Aufzeichnung Strindbergs enthielt.
Darin teilt er mit, daß die anderen von ihm entdeckten Re
liquien ihres Inhaltes beraubt gewesen seien. Die noch erhaltene
Reliquie des heiligen Georg werde zum Zwecke ihrer Aufbe
wahrung von ihm bei der Königlichen Bibliothek niedergelegt.
Der. Fund gewinnt geschichtlichen Wert dadurch, daß, wie
sich herausgestellt hat, die die Reliquie begleitende Nieder
schrift auf Pergament eine eigenhändige Aufzeichnung des
erwähnten Protonotars Anton Mästh darstellt. Die Angabe
dieser Aufzeichnung, daß die Reliquie „in das Bild des heiligen
Georg gelegt“ worden sei, läßt sich noch heute nachprüfen
und nachweisen; die der Großkirche entstammende Statue
des heiligen Georg zeigt am oberen Teile der Brust ein Fenster -
chen, hinter dem die heilig gehaltenen Knochenreste zur Ver
ehrung niedergelegt worden sind.
Museen.
(Zwei Bilder vom Kremser Schmidt in der „Modernen
Galerie“.) Der bekannte Wiener Kunsthändler Herr
August Johannes Schelle hat zwei der prachtvollsten Bilder
des Kremser Schmidt zustande gebracht, die er in cheva-
loresker Weise der „Modernen Galerie“ in Wien zu einem
Vorzugspreise überließ. Die Bilder stellen „Judith mit dem
Haupte des Holofernes“ und den „Opfertod der Iphigenie“ dar.
(Das Kaiser Friedrich-Museum in Posen) ist
nach Meldungen polnischer Blätter geschlossen worden.
Sämtliche Beamte wurden abgesetzt. Zum Leiter haben die
Polen Prof. Dr. Koftrzewski, zu dessen Stellvertreter
den geistlichen Professor Dr. Szczesny-Dettlof ernannt.
Das Museum, das 1904 gegründet wurde, enthält die Ra-
czynskische Gemäldesammlung und bedeutende Kunst-
und kunstgewerbliche Sammlungen.
Vom Kunstmarkt.
(Die Sammlung B. Kuppelmayr, München.)
Am 24. Juni und den folgenden Tagen gelangt in der Galerie
Helbing in München die Sammlung des in weiten Kreisen
geschätzten und geachteten Historienmalers Rudolf Kuppel
mayr (f 1918) zur Versteigerung. In den siebziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts von Max Kuppelmayr begründet,
fand die Sammlung in dessen Sohn einen sach- und kunst
verständigen Förderer. Treu den Richtlinien des Vaters
sammelte Rudolf Kuppelmayr, von glücklichen Zeitumständen
begünstigt, seiner Vorliebe für mittelalterliches Kunst-