Seite 118
Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 15/16
Chronik.
Bibliophilie. Handschriften.
(Kostbare Klassikerausgaben.) Der neueste Lager
katalog von Joseph Baer & Co. in Frankfurt a. M. weist u. a.
ein sehr schönes Aristotelesmanuskript aus der Zeit
Karls V. von Frankreich auf. Die Miniatur auf der erstenSeite,
die Aristoteles mit seinen Schülern darstellt, ist die Arbeit
eines der besten Künstler am Hofe dieses kunstsinnigen Für
sten. Wahrscheinlich war es der Hofminiator Jean Le Noir,
dem Delisle, „Recherches sur la librairie de Charles V.‘‘ die
Miniaturen der „Bible de Jean, de Sy" zuweisen möchte. Dem
Manuskript steht an Wert nicht viel ein Exempar von Ciceros
„De oratore“ nach, aas eingedruckte und von Miniaturisten
aus^emalte Holzschnittumrahmungen enthält. Derartige Bor
düren hat Wen delin von Speier nur in einzelne, für besondere
Persönlichkeiten herausgegebene Exemplare der bei ihm er
schienenen Bücher mit der Hand eindrucken lassen. Sie ge
hören nicht nur zu den ältesten bekannten Holzschnittbor
düren, sondern überhaupt zu den frühesten Erzeugnissen
Venezianischer Holzschneidekunst. Prince d'Essling hat in
seinem Werke „Livres ä figures venetiens" sämtliche ihm be
kannt gewordenen Bücher, die in dieser Weise ausgeschmückt
sind, verzeichnet, die Bordüren und Initialen auf farbigen
Tafeln abgebildet. Von dem vorliegenden Werke führt er nur
ein Exemplar der Wiener Hofbibliothek an, das aber eine
andere Bordüre enthält. Den unteren Teil unserer Boroüre
bildet er auf einer Tafel (Bd. 1 p. 112 ff.) ab nach einem Exem
plar des Quintius Curtius, „Historia Alexandri Magni" (Hain
.5878) ab; die übrigen Teile der aus drei Holzstöcken bestehenden
Umrahmungsindihm unbekannt geblieben,ebenso die ebenfalls
eingedruckten Initialen. Das Berliner Exemplar dieses Buches
enthält überhaupt keinen Buchschmuck.
(Ein Hans Sachs-Fund.) Prof. Dr. Georg Stuhlfauth
von der Berliner Universität veröffentlicht aus dem Besitz dei
Preußischen Staatsbibliothek ein bisher unbekanntes Werk des
Hans Sachs. Es ist ein Einblattdruck, den Hans Sachs mit
Seinem Namen und der Jahreszahl 1524 unterzeichnet hat.
Er reimt hier viele fromme Verse nach Matthäus 7 über das
Haus des Weisen, das auf dem Felsen gebaut ist, und das
Haus des unweisen Mannes, das auf Sand steht. Das wird
dann noch in einem großen Holzschnitte versinnbildlicht. Den
Künstler des Holzschnittes vermutet Stuhlfauth in Erhard
Schön, einem Nürnberger Schüler Aibrecht Dürers.
(Liederbuch dreier Freunde.) Im neuesten Katalog
des Antiquariats Paul Graupe findet sich ein Werk verzeichnet,
das äußerst selten imHandel auftaucht. Es ist das,,Liederbuch
dreier Freunde“,Theodor Mommsens, Theodor Storms und
Tycho Mommsens, das 184:5 in der Schwersschen Buchhan-
lung in Kiel erschienen ist. Die Dichtungen der Brüder Momm-
sen sind nie wieder gedruckt worden und auch Storni hat diese
seine ersten poetischen Versuche nur zum Teil in seine „Ge
dichte“ aufgenommen. Dies Liederbuch wurde kurz nach seiner
Ausgabe von den Verfassern aus dem Handel gezogen, nur
wenige Exemplare waren schon in festen Händen.
(Vier große wissenschaftliche Bibliotheken) sind
in den Besitz der Buchhandlung Gustav Fock in Leipzig über
gegangen: die Bibliothek des Professors Kehr, Göttingen
(Chirurgie), des Professors Oppenheim, Berlin (Neurologie),
des Professors Philippovich, Wien (Nationalökomie), und des
Professors Raye, Würzburg (Mathematik).
(Berlioz’ Briefwechsel.) Der Bibliothekar des Pariser
Konservatoriums Tier so t beschäftigt sich, wie aus Paris
gemeldet wird, mit der Ausgabe des Briefwechsels von Hektor
Berlioz. Der Komponist hat viele, bisher der Öffentlichkeit un
bekannte Briefe hinterlassen. Der erste Band, der eine Neuauf
lage erfährt, betitelt „ich „Romantische Jahre“ und die zweite
soeben erschienene Sammlung ist von Tiersot unter dem Titel
„Der wandernde Musikant“ zusammengefaßt worden.
(Scott-Manuskripte unter dem Hammer.) Eine
größere Menge von Manuskripten und Korrekturbogen von
Romanen Walter Scotts wurde bei *Sothe.by in London
versteigert. Das von dem Dichter selbst geschriebene Manu
skript des „Quentin Durward", das aus 243 Blättern besteht,
wurde für 700 Pfund verkauft. Die Handschrift des Werkes
„The Betrothed“ mit 143 Blättern brachte 265 Pfund. Kor
rekturbogen von „tvanhoe“, „Bride of Lammermöor“ und
„Legend of Montrose“ mit zahlreichen Verbesserungen und
Hinzufügungen Scotts wurden für 41 Pfund und die mit
vielen Zusätzen Scotts versehenen Druckbogen von „Fortunes
of Nigel“ und „Quentin Durward“ mit 123 Pfund verkauft.
Die Handschrift von Scotts Epos „Der Herr der Inseln“ er
ziehe 350 Pfund, neun Seiten der Handschrift von „The
Reivers Wedding“ bi achten 21 Pfund und die sieben Blatt-
umfassende eigenhändige Niederschrift einer Ballade 18 Pfund.
Ein Brief Scotts an die Erbauer des von ihm so lange be
wohnten Schlosses von Abhotsford, Sanderson und Paterson,
wurde für 12 Pfund 10 Schilling verkauft. Auf derselben
Versteigerung erzielte das Autogramm eines Gedichtes von
Btirns 100 Pfund,
(Bronsart v. Schellendorfs Memoiren.) Ein Memoi
renmanuskript von Hans Bronsart v. Schellendorf ist
in Leipziger Privat besitz aufgefunden worden. Die
Schrift umfaßt die Jugendzeit und die Studien- und Wander
jahre, wobei Liszt, Wagner, Berlioz, Cornelius u. a, gestreift
werden.
Medaillen.
(Eine Den kmünze zu Ehren der Gefallenen.) Ein
vom deutschen Reichswehrminister und vom preußischen
Kriegsminister Unterzeichneter Erlaß besagt: Die Grabstätten
der Gefallenen und gestorbenen Krieger zu sichern und auszu
gestalten, waren die Behörden in all den Kampfjahren unab
lässig bemüht. Großes und Schönes ist getan, eine Riesenarbeit
bleibt aber noch zu lebten, wenn jedes deutsche Kriegergrab
würdig geschmückt und dauernd gepflegt werden soll. Dazu
bedarf es jedoch reichlicher Geldmittel, die der Staat in seiner
jetzt bedrängten finanziellen 1 .age allein nicht aufzubringen
vermag. An alle ergeht daher der Ruf: Helft den staatlichen
Behörden ihre schwere, unaufschiebbare und uns allen heilige
Aufgabe der Kriegergräberfürsorge zu erfüllen und erwerbt
zum äußeren Zeichen Eurer Mitarbeit die von bekannter Künst
lerhand geschaffeneEisenden kmün ze.die auch alsSchmuck-
stück getragen werden kann. Der Reinerlös aus dem Verkauf
fließt dem vom preußischen Kriegsministerium verwalteten
Fonds für Kriegerehrungen zu. Die Truppenteile und alle
militärischen Dienststellen werden ersucht, den Vertrieb der
Münze auch außerhalb des Heeres nach Möglichkeit zu fördern.
Der Preis der Münze beträgt im einzelnen M 2‘70 und bei Bezug
von mindestens 20 Stück M 2’50. Die Bestellung erfolgt mittels
Postkarte als „Heeressache“ bei der „Staatlichen Beratungs
stelle für Kriegerehrungen. Abteilung D", Berlin SW. 11,
Prinz-Albrecht-Straße 8, von wo auch Formulare für Bestell
listen und Bestellkarten sowie Aufrufe für die Werbearbeit an-
gefordert werden können.
Numismatik.
(Auktion.) Am .18. August und den folgendenTagen findet
bei Math. Lempertz in Köln die Versteigerung derNachlässe
Gottfried Draeger (Köln) und Ludwig Fahrbach (Köln)
statt. Die Sammlungen umfassen Münzen und Medaillen der
Antike, des Mittelalters und der Neuzeit, besonders gut ist die
Römerzeit vertreten.