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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 15/1«
der Amtlichen Berichte aus den preußischen Kunstsammlungen
einen längeren Nachruf, in dem er die außerordentlichen
Fähigkeiten des zu früh verstorbenen Meisters in helles Licht
rückt. Hauser war. wie Bode hervorhebt, der beste und zugleich
die billigste Restaurator. Wie ein Arbeiter aus guter alter Zeit
berechnete er sich in der Regel die Stunden, die er an einem
Bilde arbeitete, und verachtete die Anmaßung ..moderner"
Restauratoren, die ihr Honorar • auch wenn die Arbeit nur
ganz leicht ist - nach dem Preise des Bilde? richten, das ihnen
zur Herrichtung übergeben ist. Um so mehr war er erfreut,
wenn ihm für die Restauration von dem dankbaren Besitzer,
namentlich von den großen Kunsthändlern von Paris und T.ou
don, für die er seit langer Zeit besonders schwierige Restau
rationen wertvollster alter Gemälde auszuführen pflegte, oft
das Fünf- oder Zehnfache des verlangten Preises gezahlt wurden.
Besonderer Meister war Hauser in der Restauration von Rem-
brandts Gemälden; wohl an die hundert Bilder des Künst
lers sind durch seine Hände gegangen. Durch die Vorsicht und
das Geschick, womit er die Meisterwerke Rembrandts zu
reinigen und in ihrer ius|> ünglichen Frische zur Geltung zu
bringen wußte, hat er den Händlern, hat er den Besitzern sol
cher Bilder manche Million verdient. Um nur ein Beispiel zu
nennen, sei das große Bild der Saskia von 1635 erwähnt, zu
dessen Rückkauf nach einem Brande Bode den Be itzer Graf
Luckher für 4-000 Alark fast zwingen mußte und daß dann
nach seiner Instandsetzung durch Hauser für eine halbe Million
an Edmond de Rothschild verkauft worden ist. Trotzdem,
trotz aller Sorgfalt und Geschicklichkeit., hatte auch Hauser
unter dem Neid und der Gehässigkeit des Auslandes gegen die
jungen Berliner Sammlungen zu leiden, namentlich in Paris
pflegte man, meist ohne je in Berlin gewesen zu sein, die Bildei
der Berliner Galerie als ,,verputzt und auflackiert" zu bezeich
nen und Hauser neben Bode die Schuld dafür zu geben; man
sollte nur einmal in eine Galerie wi. die von Rudolf Kann gehen,
wenn man sehen wolle, wie unberührte Gemälde aussehen
müßten. Und doch hatte gerade Hauser diese Sammlung instand
gesetzt, wie er auch die Herstellung der durch ältere Restaura
tionen zum Teil arg beschädigten Bilder der Sammlung Andre
Jacquemart in Paris, wie er die der Galerien des Herzogs
von Westirrinster, von Alfred Beit Alfred Morrison und
andere bekannter englischer Sammlei im laufe der Jahre be
sorgt hat.
Museen.
(Diebstahl einer Bronzestatuette.) Aus dem Grünen
Gewölbe im früheren königlichen Schlosse in Dresden ist
eine Bronzestatuette eines römischen Kriegers gestohlen
worden. Die Figur hatte schwarzbraune Färbung, ist voll
gegossen und 80 Zentimeter hoch. Ihr Wert wird mit 5000 Mark
angegeben.
(Wiedereröffnung des Mailänder Museums Poldi-
Pezzoli.) Aus Mailand wird uns geschrieben : Zu den eigen
artigsten Kunstsammlungen Italiens gehört das hiesige Museo
Pöldi-Pezzoli, das sich in der vornehm und geschmackvoll aus
gestatteten Wohnung jenes Mannes befindet, dessen Lebens
werk es war, all das Schöne zusammenzutragen, das er seiner
Vaterstadt hinterließ, als er 1870 starb. Seitdem hat sich die
Erbschaft des Patriziers Gian Giacomo Poldi-Pezzoli durch
Spenden kunstsinniger Mailänder beträchtlich vermehrt und der
Katalog zählt fast 1000 Nummern. Im Februar 1918 war diese
reiche Sammlung, in 42 Kisten verpackt, nach Rom gesandt
worden, um sie gegen etwaige Kriegsschäden zu schützen. Jetzt
ist sie aber wieder zurückgekehrt, und eine würdige Feier be-
zeic.hnete die Neueröffnung des herrlichen Museums. S- ine
Schätze wurden übrigens in letzter Zeit durch einige Schen
kungen vervollständigt; durch ein prächtiges Gemälde Lorenzo
Lottos, durch eine eigenartige Tafel Morettis, des Cremoneser
Malers des 15. Jahrhunderts, durch ein Elfenbeinkreuz spani
sche! Schule. Freilich reichen diese Kunstwerke nicht an jene
heran, die den kostbaren Grundstock der Sammlung bilden,
an das rührende Frauenbildnis des Piero della Franc es ca,
an die ergreifende ..Beweinung Christi" von Giovanni Bellini
und die. einzigartigen Gemälde der Solario, Boltraffio und
Da Sesto.
(Das Rodin-Muse um ■ in Paris.) Wir entnehmen
Pariser Blättern, daß das Museum Rodin eröffnet wurde.
Damit ist der Herzenswunsch und das Testament des Meisters
erfüllt. Ei hatte seine noch in seinem Besitz befindlichen
Werke dem Staate vermacht unter der Bedingung, daß seine
sämtlichen Schöpfungen im Hotel Biron vereinigt würden.
Kr liebte es nie, einzelne Werke auszustellen, weil die wahre
künstlerische Atmosphäre nur in einer Gesammtausstellung
geschaffen werden kann. Er wählte auch selbst den Raum.
Im letzten Jahrzehnt seines Lebens bewohnte Rodin ein
altes Palais aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, das für
den Marschall Biron erbaut worden war. Später wurde es
Eigentum eines Mönchsordens und ging bei der Vertreibung
der Kongregationen vor dreizehn Jahren an den Staat über,
der die einzelnen Räumlichkeiten als Ateliers vermietete. So
kam auch Rodin hinein. Er gewann es so lieb, daß er es als
Museum für seine Werke ein Zürich teil wünschte. Der Staat
wand sich jahrelang in bureaukiarischen Schwierigkeiten, ehe
er sich entschloß, dem Willen des größten französischen Künst
lers der Gegenwart gerecht zu werden. Wie es v scheint, hat
man nun etwas sehr Schönes geschaffen. Im Erdgeschoß be
finden sich die bekannten Meisterschöpfungen, denen weniger
bekannte Jugend werke beigegeben sind. Das Obergeschoß
birgt die Antikensammlung Rodins, in der sich viele schöne
Stücke aus dem Altertum und dem französischen Mittelalter
befinden. Alan lernt in dem neuen Museum Rodin auch als
Maler kennen, namentlich in den Landschaften aus dem Walde
von Soigne bei Brüssel, wo er die fahre des Exils nach der
Kommune von 1871 verbracht hat.
(Das Museum der 'Friedensdokumente,) Die Iran-
zösische Regierung hat die Erinnerungsgegenstände, die auf
den Versailler Frieden vom 28. Juni d. J. bezug haben und
unter denen auch die vielerwähnte goldene Feder nicht fehlt,
mit der Cletnenceau'im Namen der französischen Republik
das Vertragsdokument unterzeichnet hat, nunmehr in der
Bibliothek von Versailles unterbringen lassen, mit der auch
ein kleines, aber an historischen Schaustücken sehr bemerkens
wertes Museum verbunden ist Das Museum steht an Reich
haltigkeit der Bibliothek nicht nach. Da ist der prachtvolle,
mit Gold und Edelsteinen verzierte Bischofsstab aus Kristall
aufbewahrt, den die Königin Bianca von Kastilien im
Jahre 1236 der Abtei von Meaubuisson geschenkt hat, neben
einem anderen, der ebenfalls ans Meaubuisson, jedoch aus
dem 16. Jahrhundert stammt, der in wundervoller Gold
schmiedearbeit dargestellt ist und das Wappen der im Jahre
1524 gestorbenen Abtissin Antoinette de d'Jnteville trägt.
Dann besitzt das Museum zahlreiche Gouachen von Bailly
sowie die Aquarelle Cochms, die Szenen von der Hochzeit
des Dauphins im Jahre 1745 darstellen. Ein Saal ist der Er
innerung an Charlotte Gordav gewidmet; ihr Bett mit dem
weiß-blauen, verblaßten Himmel und ihr kleines, kupfernes
Waschbecken mit dem Familienwappen haben darin Auf
stellung gefunden. Dann sieht man Porträts von Alarat und
der jungen Heldin selbst, sowie ein Faksimile ihres letzten
Briefes, der mit den Worten beginnt: „Adieu, mein lieber
Papa...". Zahlreiche, vorzügliche Porträts berühmter Per
sönlichkeiten, so von Corneille« Neffen Choiseul, der du
Ba.rrv, des Generals Hoche, zieren, ebenso wie Büsten von
Voltaire, Rousseau und anderen die Säle. Radierungen.
Medaillen, kostbare Porzellane, Spitzen und Elfenbeingegen
stände vervollständigen die Sammlung. Im Mittelsaal ist
eine schöne Harfe zu sehen, die der Lautenmacher Marie
Antoinettes verfertigt hat. ln diesem Saal sind auch drei
berühmte Verträge unterzeichnet worden; jener vom Jahre
1768, der Korsika an Frankreich abtrat, ferner der Vertrag