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Seite 28 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. 4- 
Die Bibliothek Georg Hirth. 
Als letzten Teil der Sammlungen Dr. Georg Hirth 
bringt das Antiquariat Emil Hirsch in München 
die Bibliothek des bekannten Schriftstellers und Ver 
legers. 
Hirth erkannte, wie Dr. H. Buchheit im Vorwort 
des Katalogcs hervorhebt, als erster das Elend der 
Buchausstattung der achtziger Jahre und ohne sich 
lange auf theoretische Auseinandersetzungen einzu 
lassen, schuf er durch praktische Beispiele der jetzt 
an der Spitze stehenden deutschen Buchkunst 
das Fundament durch Herausgabe und Förderung 
mustergültiger Publikationen. Auf seine Anregung 
hin entstanden Butschs „Buchornamentik der 
Renaissance“ und Muthers „Deutsche Bücher 
illustration der Gothik und Renaissance“, beide muster 
gültig im Druck und heute noch vorbildlich in der 
Wiedergabe der Illustrationen in Originalgröße. Von 
seinen eigenen Arbeiten sei neben der Herausgabe 
der Neudrucke alter Kunstbücher nur hingewiesen 
auf die Bände des klassischen Formenschatzes mit den 
mannigfaltigen Beispielen für den Buchschmuck und 
auf die fünf Bände des kulturhistorischen Bilderbuches, 
die auch heute noch reichhaltigste Quelle für Buch 
illustration vom frühen Holzschnitt bis zu den zier 
lichen Kupfern Chodowieckis mit besonderer Be 
rücksichtigung der großen französischen Stecher. 
Der Auktionskatalog enthält eine Anzahl Werke, 
die Dr. Hirth für die genannten Publikationen und für 
seine kunstgewerblichen Forschungen benutzte, so: 
Von italienischen illustrierten Inkunabeln den Asop 
von 1491 mit reichem Bildschmnck in knappster 
Linienführung in straffem architektonischen Rahmen, 
dann das klassische Werk der Frührenaissance, die 
Hypnerotomachia in der ersten Ausgabe von 1499, 
in dem Type und Illustration in selten erreichter 
Harmonie zusammenklingen. Von den frühen deutschen 
Drucken — die frische Schönheit des nicht restlos 
ausgeglichenen alten Druckes gewährt stets einen 
besonderen Reiz gegenüber dem modernen Muster 
druck von größter Korrektheit, die immer eine gewisse 
Kühle ausströmt — sind zu erwähnen der Johann 
Zainer-Druck von 1774. der Druck von Günther 
Zainer mit dem Eintrag des gelehrten Abtes Georg 
Wankhauser von Raitenhaslach; ferner illustrierte 
Werke, der gleichfalls bei Günther Zainer erschienene 
deutsche Äsop mit lebendigen Zeichnungen, die die 
neuere Kunstforschung in den Kreis des Hausbuch- 
mcisters zu setzen versucht hat und noch ein drittes 
Werk aus gleichem Verlag, das reich illustrierte ur.d 
altkoloriertc seltene Werk des Rodericus von Zarnora: 
Spiegel des menschlichen Lebens, eines der vielen 
Schätze aus der berühmten Buxheimer Bibliothek; 
ein St. Hieronymus mit knorrigen Holzschnitten und 
eines der heißumstrittensten Bücher der neueren 
Kunstforschung, das Buch S. Brigitta, an dem Dürer, 
wenn auch nicht mit ganzem Herzen, Anteil an der 
Illustrierung hatte. Hingewiesen sei noch auf den 
kraftvollen Druck der bayrischen Freiheyten von 1514. 
der vielleicht zu einer würdigen typographischen 
Herausgabe unserer neuen Verfassung anspornt. Von 
den Illustratoren der Renaissance sind vertreten Hans 
Holbein, Urs Graf, Wechtlin, Hans Baidung Grien, 
der Kölner Anton Woensam von Worms, ferner in 
einem Buch vereinigt Burgkmair, Schäuffelein und 
Weiditz und schließlich Peter Flötner, dessen Über 
setzung italienischer Renaissance in deutsches antiki- 
sches Empfinden besonders lehrreich in dem Vergleich 
der beiden Vitruvausgaben ist. Weiteres Material für 
seine Publikationen fand Dr. Hirth in dem Vecellio 
mit den zahlreichen Kostümbildern des Deutschen 
Christoforo Guerra, dem gleich angeschlossen sei das 
Journal des Luxus und der Moden, unentbehrlich für 
die Kostümkunde vom Ausgang des 18. Jahrhunderts. 
Für das Mltmgeschichtliche Bilderbuch lieferte reiches 
Material die vollständige Topographie Meiians, deren 
Besitz den einstigen Inhaber dieser stattlichen Bände, 
den Herzog von Dalberg, einigermaßen trösten mußte 
über seine verlorene Länderherrlichkeit; das fast 
vollständige Theatrum Europaeum, ikonographisch 
die Hauptquelle für den dreißigjährigen Krieg, und 
das Werk: De leone belgico, eine gleiche reiche Quelle 
für die vorhergehende Zeit, während Montfaucons 
bänderreiches Werk nur durch die reiche Ausstattung, 
ohne gioße antiquarische Treue, in Frage kommt. 
Wiederum reiche Beiträge lieferten die französischen 
Architekturwerke, die reich illustrierten Bände von 
Blondei. Briseux, Delafosse, Le Pautre und Jombcrt, 
die zu der bei Dr. Hirth reich vertretenen Abteilung 
Kunst gehören, die auch neuere gesuchte Werke ent 
hält, so die ersten Bände des Jahrbuches der kunst- 
historischen Sammlungen des Kaiserhauses mit der 
prächtigen Sonderausgabe der Ehrenpforte ur.d des 
Weisskunigs, die wertvollen Veröffentlichungen der 
internationalen chalkographischen Gesellschaft mit den 
grundlegenden Arbeiten von Lehrs über den Meister 
des Amsterdamer Kabinetts (Hausbuchmeister), und 
von Kristeller über Jacopo de Barbari, endlich noch 
Seidels Prachtwerk über Friedrich den Großen und 
die französische Malerei seiner Zeit und die Werke der 
Gebrüder Goncourt. 
Die letzteren Werke leiten über zu dem Haupt- 
bestand der Sammlung, den Werken des 18. Jahr 
hunderts. Sie stammen zum größten Teil aus der Biblio 
thek des Grafen Max Preysing. fast alle in warm 
braunen Ledereinbänden, über die sich der matt 
schimmernde Aufdruck wie Einer Goldstaub legt» 
Ein kunterbuntes Bild von den geistigen Interessen 
eines hohen Herrn am Ende des 18. Jahrhunderts 
spiegelt sich in dieserBibliothek wieder. Neben Schriften, 
die von Moral und Edelmut triefen, die unendliche 
Reihe der histoires galantes, memoires secrets, lettres 
indiscrets, neben den Schriften clor alten Philosophen 
die Werke von Voltaire, Rousseau, Friedrich den 
Großen. Die diplomatischen Berichte des proteus 
artigen Chevalier d’Eon und die Geschichte der Eisernen 
Maske interessieren im. gleichen Maße wie die Reisen 
Cooks und Mungo Parks oder eine Abhandlung über 
die Bauchrednerkunst, wie ebenso natürlich die fran 
zösische Revolution im Vordergründe steht. Ihren 
schönsten Schmuck enthalten viele der so sorgsam 
eingekleideten Bücher jedoch durch die Vignetten und 
Bilder der französischen und deutschen Meister, denen 
Dr. Hirth eine besondere Liebe zugcwenclet hatte. 
Von den Franzosen nennen wir Gravelot, Cochin, 
Eisen, alle drei vertreten in der schönen Rousseau 
ausgabe und dem Boccacio, St. Aubin; von den 
Deutschen Verfielst, Qeser, Metteoleitner und endlich 
Chodowieeki, auf dessen Stiche zu Lavaters Werk be 
sonders hingewiese.i sei. 
Wie schon bemerkt, liegt der Wert der zuletzt 
besprochenen Abteilung auch in ihren schönen Ein 
bänden, die noch in einer besonderen Abteilung heraus 
gegeben sind; zu erwähnen der reiche deutsche Re 
naissanceeinband mit dem eingepreßten Besitzer 
vermerk des Augsburger Schriftstellers, Herausgebers 
und Übersetzers Paulus Welsei, ein Kölner Einband,
	        
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