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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 1
berichtet wird, durch Schenkung in den Besitz einer der
reichsten Privatsammlungen gelangt, Es handelt sich um die
Bibliothek des kürzlich verstorbenen Großgrundbesitzers
Dr. Julius Todorescu, deren Wert schon vor Jahren auf
Millionen geschätzt wurde. Besonders reich ist die Bibliothek
an Hungaricis, an magyarischen Druckerzeugnissen aus der
Zeit vor 1711, an Inkunabeln vor 1500, an slawischen und
rumänischen Urdrucken. Auch lateinische und cyrillische
Missale von großem Werte finden sich in der Bibliothek. Nicht
nur für den Inhalt der gesammelten Bücher, auch für deren
äußere Form bekundete Toderescu große Sorgfalt. Fr bereiste
ganz Europa und beschäftigte englische, französische und
skandinavische Buchbinder von Weltruf, um seinen Büchern
ein stilgerechtes Gewand zu geben. Sein Plan, die Bibliothek
nach dem berühmten Muster der Bibliothek im Condepalast
zu Chantilly aufzustellen und einzurichten, will jetzt seine
Witwe in einem Saale des ungarischen Nationalmuseums
durchführen.
Bilder.
(Die Sammlungen Henry Erichs.) Der verstorbene
Multimillionär Henry C. Frick hat, wie aus New York
gemeldet wird, seinen Palast in der Fifth Avenue mit seinen
kostbaren Kunstsehätzen der Stadt New York als ein für sich
weiter bestehendes Museum hinterlassen. Der Wert des Ge
bäudes beträgt 5 Millionen Dollars, der der Kunstwerke wird
auf mindestens 15 Millionen Dollars geschätzt, so daß das
Vermächtnis im ganzen wenigstens einen Wert von 20 Millionen
Dollars darstellt. Frick war der bedeutendste Nebenbuhler
des verstorbenen Morgan auf dem Gebiete des Kunstsammelns,
und er erwarb nach Morgans Tode die beiden berühmtesten
Gruppen von Kunstwerken, die er besessen', die Panneaux
Fragonards, die dieser für die Dubarry malte, und die
C arl and-Porzellane, die einzigartige Sammlung chine
sischen Porzellans, für die Morgan 4 Millionen Dollars bezahlt
hatte. Fricks Sammlung umfaßt auch eine Anzahl Werke von
Rembrandt und Franz Hals.
(Zustandegebrachte Bilder.) Aus Dresden wird
berichtet: Aus der Berliner Nationalgalerie waren im September
v. J. zwei Lucas Cranacji (Luther und Melanchthon) ge
stohlen worden, ferner ein Schnorr von Carolsfeld. Ihn
entdeckte dieser Tage der Kunstschriftsteller Meier-Graefe
in einer Dresdener Kunsthandlung. Es gelang, den Verkäufer,
der auch die beiden Cranaclis angeboten hatte, nach einem
Fluchtversuch des Überraschten zu verhaften. F.r nennt sich
Dr. v. L. und will die Bilder von dem berühmten Unbekannten
gekauft haben.
(Diebstahl einer Miniatur.) ln der Auktionsausstellung
der Kunstfirma August Johannes Schelle im Dorotheum
in Wien ist eine Elfenbeinminiatur von Andrea de Castro ge
stohlen worden. Die Miniatur, die mit K 6000 bewertet war,
stellt einen jungen Mann in schwarzem Kock und weißerWeste
dar und ist signiert: ,,A. de Castro 1825." Größe 8-5:7 cm.
Handschriften.
(7 Yi Millionen Kronen für Shakespeares „Venus
und Adonis".) Aus London wird gemeldet: Bei der Kunst
versteigerung in der Britwellbiicherei wurde Shakespeares
„Venus und Adonis" aus dem Jahre 1599 um 15.100 Pfund
verkauft. (Nach dem gegenwärtigen Stande unserer Valuta
würde diese Summe einem Betrage von 7)4 Millionen Kronen
entsprechen.)
Numismatik.
(Notgeld.) Die Stadtgemeinde Steyr in Oberösterreich,
die bereits Gutscheine zu 10 und 20 Hellern ausgegeben hat,
bereitet jetzt Kassenscheine zu oO Hellern vor. Der Kassenschein
zu 50 Heller ist nebst der Wertbenennung und dem Texte
im Unterdrück mit nur 50 und mit eitlem improvisierten Siegel
versehen, das dem Scheine das Gepräge eines amtlichen Do
kumentes verleiht. Auf beiden Seiten, die Umrahmung ab
schließend, sind kleine Abbildungen des Steyrer Rathauses
und der Stadtpfarrkirche eingezeichnet. Die Rückseite ist mit
dem Stadtwappen ausgestattet und trägt ebenfalls die Wert
bezeichnung. — Bei der Grazer Gemeindesparkasse wurden
Landesgutscheine zu 10, 20 und 50 Heller ausgegeben.
(Kriegsnotgeld in Bayern.) Nach Mitteilungen des
Staatsministeriums der Finanzen in München wurden in
Bayern von Gemeinden und sonstigen öffentlichen Körper
schaften ausgegeben an Kriegsnotgeld für M 138,435.486-83;
davon für M 9,218.400-83 in Metallgeld ; für M 136,217.086-—
in Papiergeld. Auf Oberbayern (33 Ausgabestellen) treffen
M 589.184-78 Metallgeld, nämlich M 37.677-35 in 5 Pfennig-,
M 120.343-40 in 10 Pfennig, M 303.052-50 in 15 Pfennig-,
M 5040-— in 20 Pfennig-, M 123.071-50 in 50 Pfennig-Werten.
In Papiergeld wurden in Oberbayern ausgegeben zusammen
M 35,595.068-—, davon für M 1500' — in 5 Pfennig-, M 18.468-—
in 10 Pfennig-, M 51.900-— in 25 Pfennig-, M 1,133.200- —
in 50 Pfennig-, M 5,120.000 — in 5 Mark-, M 5,020.000’—-
in 10 Mark-, M 14,150.000-— in 20 Mark , M 10,050.000 —
in 50 Mark-, M 50.000'- in 100 Mark-Scheinen. München hat
in Metallgeld für M 300.000'— in 15 Pfennig - Stücken aus
gegeben, an Papiergeld für M 35,000.000'—.
Philatelie.
(Fünf gültige Markenausgaben.) Der Umsturz hat
mancherlei auf den Kopf gestellt, insonderheit das Marken-
wesen. So kommt es, daß in Bayern derzeit eine Unzahl von
Frankierungsmöglichkeiten eines gewöhnlichen Briefes bestehen.
Es gelten im Postverkehr: 1. Ludwigmarken, 2. dieselben über
druckt mit „Volksstaat Bayern", 3. Überdruck „Freistaat
Bayern", 4. Germania mit Überdruck „Freistaat Bayern“,
5. Kriegsbeschädigten-Marken. Bemerkt sei noch, daß die
neuesten Germania-Bayern-Freistaat gegen die im Frühjahr
erfolgte linksrheinische Ausgabe einen etwas fetteren Druck
der Worte „Freistaat Bayern" zeigen sollen. Jedenfalls wird
aber eine Stempelungsunterscheidung links- und rechts
rheinisch Platz greifen, da die letzte Ausgabe nur rechts des
Rheins zur Freimachung von Briefen verwandt werden darf,
dagegen linksrheinisch infolge der Einsprache der französischen
Besatzung nicht gestattet ist.
(Zum Preisausschreiben für neue (1 eutsche Brief
marken.) In der Zeitschrift „Deutscher Verkehr" schlägt
Staatsminister Dr. F. Schmidt vor, die Meister der deutschen
Kultur durch die Briefmarken immer aufs neue, auch dem
Ausland, ins Gedächtnis zu rufen. Er hat dazu folgende Liste
aufgestellt, Dürer, nach dem Selbstbildnis von 1498 im Prado;
Luther, nach dem Gemälde ehemals in der Sammlung von
Kaufmann von L. Cranach; Leibniz, nach Stich von Bernigeroth
Bach, gemalt von Haußmann, gestochen von J. G. Kutner 1774;
Lessing, nach W. Tischbein; Kant, Stich von Schnorr; Goethe,
nach der Marmorbüste von Schadow in der Nationalgalerie;
Schiller, nach der Danueckerschen Büste; Schinkel, nach dem
Pastell von Franz Krüger im Beuth-Schinkel-Museum; W.
v. Humboldt, gezeichnet von Franz Krüger, lithographiert
von Oldermann; Beethoven, nach der Gipsbüste von Dietrich;
Schopenhauer, photographiert nach dem Leben; Bismarck
und Moltke, nach Lenbach; L. von Ranke, nach dem Gemälde
von Julius Schräder; Richard Wagner, Brahms, Mommsen,
Menzel, Helmholt/, und Rob. Koch, in guten Photographien
nach dem Leben. Die entsprechenden Bildervorlagen sind dem
Reichspostministerium bereits eingereicht worden.