MAK
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
12. Jahrgang. Wien, 1. August 1920. Nr. 15. 
Frankfurter Auktionen. 
Auktionen künstlerischer und historischer Tendenz 
waren für jede Stadt von jeher ein Faktor Von wesent 
licher kultureller Bedeutung. Welche Rolle sie im Leben 
Frankfurts spielten, davon gibt uns die Festschrift 
Kunde, die das Kunstauktionshaus Rudolf Bang ei 
anläßlich seines fünfzigjährigen Bestandes herausge 
geben hat. Ein gut Stück des wirtschaftlichen Auf 
schwunges dieser Stadt ist gewiß auf das Konto der 
Kunstversteigerungen zu setzen, die bis in die sechziger ■ 
Jahre des 18. Jahrhunderts zurückgehen. 
Es waren Privatsammlungen Frankfurter Patrizier 
familien, die zunächst der Auflösung anheimfielen. 
Unternehmer waren bekannte Frankfurter Maler, Justus 
Jui.cker, Johann Andreas Benjamin Nothnagel, 
Christian Georg Schütz, Daniel Bager, Stöcklin, Matth. 
Finsterwalder, Johann Friedrich und später Johann 
Ludwig Ernst Morgenstern. Den Ausruf besorgten die 
städtischen „geschwornen Herrn Ausrufer“. Unter den 
Besitzern der Sammlungen findet man bedeutende 
Namen, wie Baron von Haeckel, Geheimrat Hüsgen, 
Bansa, Johann Noe Gogel. Die versteigerten Bilder, 
meist der deutschen, holländischen und französischen 
Schule, hatten gute Benennungen, wenn auch der Er 
lös, selbst relativ betrachtet, nur recht bescheiden war. 
Auktionen dieser A r t reichen bis ins erste Drittel des 
19. Jahrhunderts hinein. Dann hören sie plötzlich auf, 
an ihre Stelle treten bedeutende Bücherauktionen, die 
von den Firmen G. F. Kettembeil (bis 1856), Joseph 
Baer (bis 1882) und Isaak St. Goar (1860 bis 1875) 
Veranstaltet wurden. Auch hier fungieren die städti 
schen Ausrufer. Versteigerungen interessanter Münzen 
sammlungen, abgehalten von den Firmen Adolf Heß. 
N.chfolger, Leo Hamburger, Sally Rosenberg und 
Adolf E. Cahn laufen diesen Verkäufen parallel. 
A 1 ktionen von Gemälden und Kunstgegenständen 
vermißt man in dieser Zeit fast völlig. Es kam daher 
einem Zeitbedürfnis entgegen, als 1870 unter der Firma 
Rudolf Bangel ein Auktionsbureau ins Leben gerufen 
würde. Das Neue dieses Privatunternehmens war, daß 
der Veranstalter der Auktionen als sein eigener Aus 
rufer der städtischen Angestellten nicht bedurfte. Ver- 
steig'rt wurde zunächst alles: Möbel, Kleidungsstücke, 
Lebensmittel, jedoch auch schon mehrfach Kunstgegen- 
stär.de, wenn auch ohne besondere Katalogausgabe. Der 
Katalog Njmmer 1 über den künstlerischen Nachlaß 
von Georg Saal, Baden-Baden, mit Vorwort von Pro 
fessor Friedrich Vischer in Stuttgart wurde für die 
Auktion am 13. und 14. März 1876 ausgegeben. Er 
umfaßte 177 Nummern und ergab einen Gesamterlös 
von zirka M 20.000. Als dritte Kunstversteigerung 
folgte im selben Jahre die des Nachlasses von Professor 
Moritz Oppenheim in der Wohnung des Künstlers, 
Mainzer Landstraße Nr. 1. In das folgende Jahr fällt 
die erste Kupferstichauktion der Firma F. A. C. Prestel, 
die als Spezialgebiet die graphischen Künste pflegte. 
Dieser ersten Versteigerung folgten in den kommenden 
Jahren weitere, die zwar nur vereinzelt stattfanden, 
aber durch ihre hervorragende Qualität (wir nennen 
die Sammlungen Goldschmidt, Brentano-Birken 
stock, Schloesser) sich stets lebhaften Zuspruches 
erfreuten. Bei diesen ersten Versteigerungen fungierte 
als Ausrufer Ludwig Bangel (geb. 1850), der älteste 
Sohn des Gründers, der seit dem Gründungstage im 
Geschäft seines Vaters tätig war und noch heute Senior 
chef der Firma ist. Nicht zum wenigsten seiner Um 
sicht, Tatkraft, seinem Unternehmungsgeist und vor 
allem seinem lauteren Charakter ist es zu danken, daß 
sich das Haus zu der heutigen Größe entwickelte. Seit 
1882, dem Todesjahr von Rudolf Bangel, ist weiterer 
Mitinhaber der zweite Sohn des Gründers, Adolf 
Bangel (geb. 1853), der durch seine Pflichttreue und 
unermüdliche Arbeitskraft dem Bruder in jeder Be 
ziehung fördernd zur Seite steht. Die Kunstauktionen 
seit 1876, unter denen die des künstlerischen Nach-' 
lasses von Heinrich Funk (Stuttgart 1879) hervorzu 
heben ist, wurden im großen Saal der Harmonie in 
der Alten Rothofstraße abgehalten, an den bald ein 
Oberlichtsaal angebaut wurde. In diesem Saal fanden 
neben den Versteigerungen periodische und ständige 
Kunstausstellungen statt. Wir finden hier erst 
malig in Frankfurt ein privates Unternehmen, das 
sich nt ben dem Kunstverein im Sinne der heutigen 
Kunsthandlungen und Gemäldegalerien mit der Aus 
stellung von Gemälden befaßte. Unter den Ausstellun 
gen der ersten Zeit ragen zwei Sammlungen der Galerie 
Fleischmann, München, der Galerie Wimmer, Mün 
chen, eine Sammlung der Berliner Kunsthandlung 
Eduard Schulte und eine Kollektion erster moderner 
Meister aus dem Jahre 1887 hervor. Die Ausstellungen 
wurden weiter ausgebaut und zu einem tonangebenden 
Faktor des Frankfurter Kunstlebens, als die Firma 
1888 in das eigens erbaute Haus Nene Mainzerstraße 66 
übersiedelte. In diesen Geschäftszeitraum (1888 bis 
1899) fallen die wichtigen Kollektivausstellungen von 
Hans Thoma, Fritz Prölß, Wilhelm Trübner und 
Wilhelm von Kaulbach neben regelmäßigen Be-
	        
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