Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
12. Jahrgang. Wien, 15. September 1920. Nr. 17.
Dubletten aus den sächsischen Staatssammlungen.
Die Stücke, die diesesmal aus den Beständen der
ehemaligen königlichen, jetzt staatlichen Sammlungen
zu Dresden durch Rudolph Lepke zur Versteigerung
gelangen, entstammen, wie die der ersten Versteigerung
im Herbst vorigen Jahres, in ihrer Mehrzahl wieder
der Porzellansammlung, dann auch dem Historischen
Museum und der Gewehrgalerie. Doch sind jetzt noch
eine ganze Reihe von dem Grünen Gewölbe angehören
den Stücken hinzugekommen sowie einige bedeutende
Bilder der Gemäldegalerie. Sie stellen zum größten
Teile wieder Doppelstücke dar, an denen viele der
genannten Sammlungen so reich sind, im übrigen
solche, die wegen des Vorhandenseins vieler verwandter
in den betreffenden Sammlungen entbehrlich erschienen.
In der Hauptsache gehören sie jenen alten Beständen
an, die der ebenso pracht- wie kulturliebende König
August der Starke sowie sein nicht minder kunst
begeisterter Nachfolger König August III. von Polen
irn 18. Jahrhundert zusammengebracht haben und die
die Grundlage der weltberühmten Sammlungen Dres
dens geworden sind. Ein Teil dagegen stamm.t noch
aus früheren Jahrhunderten, während der Rest durch
Schenkungen oder Kauf erst in späterer Zeit in die
Sammlungen, gelangt ist.
Aus dem Bestände der Gemäldegalerie sind
neun Bilder beigestellt worden, die mit Ausnahme
einer noch Poussins Einfluß verratenden Landschaft
der venezianischen Schule des 18. Jahrhunderts ange
hören.. Damals hat im Pastell wie in der Porzellan
plastik der Sinn des Jahrhunderts für zarte Anmut
und sinnliche Heiterkeit seinen, glücklichen Ausdruck
gefunden. So stehen an erster Stelle vier Pastelle von
der Hand, der berühmtesten Vertreterin dieser damals
neu aufkommenden Technik, Rosalba Carrieras,
die jenem einzig reichen Galeriebesitz von über andert
halbhundert Werken dieser Künstlerin angehören und
die schon im Jahre 1765 dem Venustempel zu Pillnitz
als Schmuck dienten. Unter den für Rosalbas Stil
besonders bezeichnenden drei Bildnissen schöner Frauen
ragt das Porträt der „Dame in gelbem Hermelinmantel“
durch Eleganz der Erscheinung» und Farbengeschmack
hervor. Auch ihre selteneren religiösen Darstellungen
sind durch ein Brustbild der betenden Magdalena ver
treten. Von den zeitgenössischen Landschaftern Vene
digs tritt Marco Ricci mit einer wirkungsvollen Ve
dute auf, der „Landstraße über dem Tal“, die 1738
durch den Unterhändler Rossi aus Venedig nach
Dresden kam. Auch der bekannte Dresdener Hofmaler
Ch. W. E. Dietrich hat Beziehungen zu Venedig.
Er genoß dort als Meister der idyllischen Landschaft,
der sich an die holländischen Italianisten anlehnt,
hohen Ruhm. Als Probe dieser Gattung bietet die Ver
steigerung seine „Nymphen unter Felsen“, während
den ungewöhnlich vielseitigen und wandlungsfähigen
Künstlör als Nachahmer Watteaus und seines Schülers
Laueret zwei galante Szenen vertreten.
Von den Porzellanen der Auktion gehören an
200 Nummern allein der Frühzeit der Meißner Manu
faktur an. Böttger-Steinzeug und Böttger-Porzellan
kommen in zahlreichen Exemplaren unter den Hammer
ferner plastische Werke Kändlers und zahlreiche
Geschirre Hörolds. Den Hauptbestandteil bilden je
doch die Doppelstücke der so reichen, fast einzig da
stehender chinesischen Porzellanabteilung der
Sammlung. Unter ihnen sind alle Gruppen der Samm
lung vertreten. Zum ersten Male kommen hier einige
jener berühmten kobaltblau bemalten, hinsichtlich
technischer wie künstlerischer Ausgestaltung gleich
bewundernswerten Monumentalvasen zur Versteigerung,
die immer zu den wichtigsten Hauptstücken der Samm
lung gerechnet worden sind. Zu ihnen zählt man auch
die sogenannten „Dragonervasen“, so benannt, weil
August, der Starke sie einst bei Abtretung eines Dra
gonerregiments an , König Friedrich Wilhelm I. von
Preußen von diesem mit in Zahlung genommen hat.
Unter den japanischen Porzellanen finden w r ir die
so lebhaft bemalten, noch in die erste Hälfte des 17. Jahr
hunderts fallenden,, nach dem ersten Urheber ihrer
Bemalung „Kakyemonporzellan“ genannten Stücke,
die wohl selten auf dem Markte, auftauchen.
Den Beschluß der der Porzellansammlung ent
nommenen Exemplare bilden einige Tassen, die als
Wiener anzusprechen sind, die italienischen Majoliken,
darunter vor allem Proben des nur in der Sammlung
bisher vertretenen, mit dem kursächsischen Wappen
versehenen, aller Wahrscheinlichkeit nach in der wenig
bekannten Fabrik von S. Quirico bei Sienaim 17. Jahr
hundert für den kursächsischen Hof angefertigten
Eßgeschirrs, die Bayreuther sowie holländischen, kurz
vor Böttger hergestellten roten Tonwaren und endlich
die Gläser, unter denen eine jener wohl dem 17. Jahn
hundert angehörenden, bisher nur in der Porzellansamm
lung nachweisbaren tiefgrünen Schalen und sonstigen
Gefäße von bisher wohl gänzlich unbekanntem Ursprung
besonders hervorzuheben wäre.
Aus dem „Grünen Gewölbe“ kommen fast nur
Elfenbeinarbeiten aus dem 18. und Anfang des
19. Jahrhundert, zumeist italienischen Ursprungs,