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Nr. 21
Internationale Sammler-Zeitung
Wirkung kennen. Es fehlen auch nicht etliche Proben
neuer englischer Graphik, von Brangwyn, Strorig,
Carnbron, Rackham. ebensowenig wie die Begründer
des Impressionismus Delacroix, Corot, Monet.,
Troyon. Besonders bemerkenswert sind dann an der
Fensterseite noch ein paar Blätter junger Münchner
Künstler, wie Georg Bovel und Edm. Stepper, die
in den durchaus vereinfachten Stil ihrer Landschaften
zeigen, daß sich zum Glück heute bereits unter den
Jüngsten wieder ein Hang zum Einlenken auf die
ewige Lehrmeisterin aller Kunst, auf die Natur, be
merkbar macht.
*
Gleichzeitig mit dieser im besten Sinne des Wortes
modernen Ausstellung ist in dem großen Saale der
National (Hof-)Bibliothek eine Auswahl von
Architekturzeichnungen des 17. und 18. Jahr
hunderts aus den Beständen des Kupferstichkabinetts
dieser Bibliothek exponiert, die in erster Linie den
Fachgelehrten, ajrer ebenso den gebildeten Laien, den
Wiener Theaterfreunden (und welcher Wiener wäre das
nicht?) wirklich seltene Genüsse zu verschaffen ge
eignet sein dürfte. Nachdriicklichst sei hier auf die
„österreichischen Kunstbücher" (im Verlag Ed. Holzel,
Wien) verwiesen, die ein prächtig ausgestattetes und
gedrucktes Heft diesen erlesenen Schätzen gewidmet
haben. Dr. Alfred S t i x erzählt da einleitend die Ge
schichte dieser Sammlung und weist darauf hin, daß
wir aus ihr die „grandiose Entwicklung der römischen
Barockarchitektur des. 17. Jahrhunderts" erkennen
können. Ein deutscher Gelehrter, Philipp Freiherr
v, Stosch hat diese Schätze gesammelt, einer jener
früher so häufigen Typen, Diplomat, Gelehrter, Samm
ler und Händler zugleich, der sich lange Zeit selbst in
Rom aufgehalten und dort eine als „Atlas Stosch"
bekannte Karte Roms hat hersteilen lassen; dieser
Atlas wurde im Jahre 1779 für Wien angekauft. Gerhard
van Swieten, der damalige Präfekt der Hofbibliothek,
hat das'Wertstück um den für die damalige Zeit sehr
hohen Preis von 12.500 Gulden angekauft. Dazu traten
dann später bedeutsame höfische Stiftungen für die
Bibliothek, darunter namentlich eine große Zahl von
Theaterdekorationen, deren Geschichte zu den reiz
vollsten, aber auch seltsamer Weise zu den noch immer
am wenigsten erforschten Gebieten der Kunstwissen
schaft gehört.
Wie Dr. Dagobert Frey in der überaus gelehrten
Einführung in die Ausstellung sehr richtig erläutert,
ist die Handzeichnung gerade des Architekten ein
unfehlbares Dokument für das Genie, für die beispiel
lose Kleinarbeit dieser vom großen Publikum leider
noch immer nicht nach Gebühr geschätzten Bau
künstler. Wer mit Unvoreingenommenheit gegen den
„spröden Stoff“ vor die Vitrinen tritt, dem wird sehr
bald die verborgene Schönheit aufgehen, die in den
geometrischen Zeichnungen, die dann besonders in
den malerischen Skizzen aller Art in die Erscheinung
tritt. All’ diese italienischen Künstler des 17. und
18. Jahrhunderts, die uns da ihre Entwürfe zu Kassetten
decken, Gewölben, zu Festdekors und Brunnen (da
runter zur berühmten Fontana Trevi in Rom) zeigen,
sind Meister der Gliederung, sind Instrumentalsten
der Dekoration, sind Tondichter des Ornamentes. Hier
wollen wir die Künstlerfamilie der- Galli-Bibiena
herausgreifen, die die Gesamttheaterdekoration des
17. und 18. Jahrh nderts in Italien wie in Frankreich,
Deutschland und Österreich bestimmend und weg-
leitend beeinflußt haben. Wie sich aus der streng
symmetrischen Bühne des Palladio die Barockszene
entwickelt, wie dann im 18. Jahrhundert die „moder
nere Unruhe der Gliederung" eintritt, durch die „Über
eckstellung des Bühnenraumes", das geht aus diesen
Prachtblättern eminent deutlich hervor. In Wien war
es später besonders der Architekt Ferdinand v. Hohen
berg, der die Tradition der Bibiena selbständig fort
geführt und klassizistisch abgewandelt hat. Dr. N,
Versteigerung von Luxusdrucken.
Wähi’end Paul Graupe in Berlin, Jacques Rosen
thal in München und andere hervorragende Antiqua
riate Deutschlands schon seit mehreren Jahren mit
größtem Erfolge Auktionen von Luxusdrucken ver
anstalten, ist in Wien bisher merkwürdigerweise noch
niemals der Versuch unternommen worden, derartige
Versteigerungen durchzuführen. Die große Gemeinde
der Wiener Bibliophilen wird daher dem Antiquariat
von Gilhofer & Ranschburg besonderen Dank
wissen, daß es ihr nun endlich einmal die ersehnte
Gelegenheit gibt, ihre Bibliothek durch Erwerbungen
der vielbewunderten Erzeugnisse der deutschen, eng
lischen und französischen Pressen zu erweitern.
Am 10. und 11. Dezember bringen Gilhofer &
Ranschburg in ihren Auktionslokalitäten, I., Bogner
gasse Nr. 2, eine Bibliothek kostbarer Luxusdrucke in
handgebundenen Ganzleder- und Pergamentbänden
— das. Produkt viel jähriger Sammeltätigkeit eines be
kannten Wiener Bücherliebhabers — unter den Hammer.
Die Sammlung enthält die erlesensten Erzeugnisse
der englischen Doves- and Keimscott - Press, die
schönsten Bücher der ersten deutschen Pressen, wie
die Bremer und Ernst Ludwig-Presse, Hundertdrucke,
Luxusausgaben des Georg-Müller- und des Insel-Verlages,
gebunden in künstlerische Ganzlederbände. Es finden
sich darunter der fünfbändige Boccaccio in Ganz
leder, die von C. Schüddekopf besorgte Ausgabe der
sämtlichen Werke Clemens Brentanos; die . Me
moiren Castellis, die Schriften Kürnbergers, Thür
heims „Mein Leben", Perlen romanischer Prosa
(Heptameron, Masuchio, Straparola usw,). Daran
schließt sich die dritte und vierte Reihe der Publika
tionen der Marees-Gesellschaft, die Faksimileausgabe
der Guttenberg-Bibel aus dem Inselverlag in der illu
minierten Luxusausgabe, in prachtvolle Ganzleder
bände gebunden, außerdem Pergamentdrücke, Vorzugs
ausgabe aus Japan, gedruckt von Dulac und Rack
ham, illustrierte Werke in schönen Luxusbänden, die
große, sechzehnbändige Wiener Ausgabe von „Tausend
und einer Nacht", illustriert von F. von Bayros, in
blauen Seidenbänden usw.
Eine besondere Zierde der Sammlung bilden die
von den berühmtesten Radierern mit Originalgraphiken
illustrierten Bücher. Wir begegnen hier Namen wie
Max Liebermann, Slevogt, Meid, Kolb, Anders
Zorn, Pechstein, K. Walser usw. Von den vi len
Prachtstücken möchten wir namentlich hervorheben
die beiden großen Werke von Nolhac über Fra-
gouarcl und Boucher in Exemplaren auf Japan,
in wundervolle, blaue, französische Maroquinbände
gebunden. Sämtliche Tafeln in dreierlei Tönen.
Der fachmännisch redigierte Katalog erscheint in
den nächsten Tagen und kann vom Antiquariat Gil
hofer & Ranschburg in Wien bezogen werden.
Der Auktion geht eine Ausstellung voraus, die am
6. Dezember beginnt.