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Internationale Samm ler - Zeitu n g 
Nr. 1 
erste in Rom (von den gleichen Meistern) gedruckte 
Buch war wiederum eine Cicero-Ausgabe, der 1467 
veröffentlichte Erstdruck der Epistolae ad familiäres. 
Die erste Ausgabe des Horaz ist vermutlich 1470 in 
Venedig, der Satyren des Juvenal ebenfalls von 
N. Gallus (Han) in Rom (woferne ihr nicht der Vene 
diger Druck gleichen Jahres von Vindelinus da Spira 
vorausging) gedruckt worden. Den Anspruch, die 
editio princeps der Opera des Publius Ovidius Na so 
zu sein, dürfte die 1471 in Bologna von Balthasar 
Azoguidius veröffentlichte Ausgabe behaupten können, 
obschon auch die im gleichen J ahre in Rom von Sweyn- 
heim und Pannartz veranstaltete ihn vielleicht erheben 
würde. 1470 waren des Gaius Crispus Sali, stius 
Bellum Catilinarium et Ingurthinum von Vindelinus 
de Spira in einer Auflage von 400 Abzügen (die Durch 
schnittsauflagen der Wiegendrucke betrugen 200 bis 
500 Abzüge) gedruckt worden, höchstwahrscheinlich 
zum ersten Male und um 1473 die Opera des Tacitus. 
Der erste gedruckte griechische Klassikertext dürfte, 
vermutlich von T. Ferrandus etwa 1474 in Brescia 
hergestellt, die Batrachomyomachia gewesen sein. 
Theocrit und Hesiod hat, um 1480, Bonus Accursius 
in Mailand zu einer Editio princups vereinigt. 
Die erste griechische Homer-Ausgabe Bartolommeo 
di Libri in Florenz, seinem Namen Ehre machend, 
gedruckt. 1494—1495 gab Aldus Manutius einen 
Quartanten, in dem er verschiedene griechische Werke 
zusammen gedruckt hatte, heraus, die älteste Aldine. 
Von den 28 editiones principes griechischer Klassiker 
dieser' Offizin sind des Aristophanes Komödien 1498, 
die Tragödien des Sophokles 1502, des Euripides 
1503, des Aeschylus 1518 (?), die Reden des De 
mosthenes 1504, die Geschichtswerke des Herodot 
und des Thukydides 1502, die Gesamtausgabe des 
Aristoteles in fünf Foliobänden 1495—1498, die erste 
gritchische Ausgabe der Werke Platos 1513 (die in 
der lateinischen Übersetzung des Marsilius Ficinus 
schon 1491 zu Florenz bei Bernardinus de Choris a 
Simon de Luero für A. Torresanus — veröffentlicht 
waren) bekannt gemacht worden. 
Nach den alten Klassikern kamen die berühmten 
Dichter der Neuzeit an die Reihe: In Italien Dante, 
dessen „Göttliche Komödie" in den Ausgaben Foligno, 
j. Numeister, 1472, Jeri, Federicus Veronensis 1472; 
Mantuae, Georgius et Paulus Teutonici 1472 dreifach 
Erstdruckgeltung; der Erstdruck mit dem Titelwort 
„Divina“ ist freilich erst das in Venedig 1555 von 
Gabriel Giolito de Ferrari gedruckte Bändchen. In 
England hat der erste Wiegendrucker William Caxton 
seine Arbeit damit begonnen, daß er ein englisches 
Buch veröffentlichte (Raoul le Fevre, Recuyell of the 
historyes of troye (Brügge) Calaro Mansion & William 
Caxton um 1474). Seit 1476 in Westminster, druckte 
er hier die Erstausgabe von Geeffrey, Chaucers Canter- 
bury, Tales, und da dieser Druck sehr fehlerhaft war, 
wiederholte er ihn etwa 1484 in einer zweiten ver 
besserten Auflage. Die Caxtons, gleichzeitig als In 
kunabeln hochgewertet, sind von großer Seltenheit, 
von einer anderen, auch literarhistorisch bedeutsamen 
Erstausgabe der.Caxtonwerkstätte (Sir Thomas Malorys 
Morte d’Arthur' Westminster 1485), von der keine 
Handschrift mehr vorhanden ist, sind überhaupt nur 
zwei Abzüge bekannt. Die dramatischen Werke William 
Shakespeares sind bei Lebzeiten des Dichters in 
von ihm anerkannten Ausgaben nicht erschienen. 
Das lag teils daran, daß Dichterruhm Dramatikern 
in der Elisabetheischen Periode nicht zuerkannt wurde 
und das Buchdrama keine Schrifttumsgeltung hatte, 
teils daran, daß der Schauspieler Shakespeare aus 
wirtschaftlichen Gründen keine Verbreitung seiner 
Stücke wünschen konnte. Für ihren Erfolg zeugen 
trotzdem die nicht wenigen schlecht und recht ge 
druckten Einzelausgaben, die sogenannten Quartos, 
die nicht ohneweiters als Raubausgaben zu bezeichnen 
sind. Denn nach dem englischen Verlagsrechte jener 
Zeit war wohl der Besitzer einer Handschrift auch zu 
ihrer Veröffentlichung autorisiert. Abschriften der an 
dem Shakespeare-Theater gespielten Bühnenbear 
beitungen brauchten nicht auf unredliche Weise er 
worben zu sein, sondern konnten auf Nachschriften 
zurückgehen, die stenographierende Zuhörer genommen 
hatten. Daß auf diese Weise die Überlieferung des 
Wortlautes nicht gerade gut würde, zumal da das 
benutzte Stenographiesystem nur ungefähre Wieder 
gaben gestattete, versteht sich von selbst. Trotzdem 
sind die Shakespeare-Quartos von unschätzbarem 
Wert für den Shakespearetext, und die bibliographische 
Würdigung dieser Erstnachdrucke trifft mit ihrer 
bibliophilen zusammen. Die Entdeckung eines bisher 
unbekannten Ouartos, noch die letztverflossenen Jahr 
zehnte brachten dergleichen Funde, pflegt deshalb 
mit Recht gefeiert zu werden, nicht zum wenigsten 
von ihrem Entdecker, dem sie den Milhonärsrang (nach 
unserer Valuta) verleiht, wenn er sich von seinem Schatze 
trennt. Ob die vielgepriesene, von Freunden Shakespeares 
besorgte erste Folioausgabe, unter deren 36 Stük- 
ken 20 zum ersten Male gedruckt wurden, hinsichtlich 
ihres Textes auf Treu und Glauben hinzunehmen ist, 
darüber ist die Shakespeare - Philologie nicht einig. 
Jedenfalls aber sind Mr. William Shakespeares Comedies,. 
Histories Tragedies, Publishes according to the True 
Originale Copies. London, Printed by Isaac Jaggard, and 
Ed. Blount 1623 ein Buch, das selbst den Erstdruck 
sammler strengster Observanz verführen wird, umso 
mehr, als ihr Titelblatt das gepriesene „Martin Droeshut 
sculpsit London" Unterzeichnete Porträt weist. Die 
drei anderen Folios (1632, 1664, 1685) gehören zur 
vollständigen Reihe. 
Bogeng spinnt den Faden natürlich noch weiter, 
wie er der anderen berühmten Erstausgaben Englands,. 
Frankreichs, Spaniens, Portugals, Amerikas usw. liebe 
voll gedenkt. Wir, die wir nur das Wesentlichste aus 
dem sehr lehrreichen Schriftchen ausziehen konnten, 
möchten mit dem schließen, was der Verfasser über die 
Erstausgaben des „Faust“ und der „Räuber“ sagt. 
„Bekanntlich“, heißt es da, ,Jst das Faustfragment 
zum ersten Male in der Göschenschen Ausgabe von 
Goethes Schriften 1787 gedruckt und durch Sonder 
ausgaben verbreitet worden, nicht ohne bibliogra 
phische Verwirrungen der Titelfrage, die O. Denekes 
Untersuchungen gelöst haben. Weit weniger „bekannt 
lich“ aber scheint es zu sein, daß der „ächte“ erste 
Druck des „Faust“ sich im achten Bande der zwölf-, 
dreizehn-, zwanzigbändigen Ausgabe der Werke (Tü 
bingen, Cotta 1806 [1817] — 1808 — 1810 — 1819) 
befindet. Denn der ebenfalls noch 1808 von dem Ver 
leger Cotta veranstaltete Druck, der als erste Ausgabe 
des ersten Teils verehrt wird, ist nach dieser Gesamt 
ausgabe hergestellt worden und Goethe selbst hat ihn,, 
wie er an Zelter schrieb, erheblich später kennen ge 
lernt. Auch der Erstdruck der „Räuber" ist keine ganz 
ungetrübte Bücherlust, da er kaum noch anders auf 
zufinden ist als in einem teilweisen Zweitdruck. Aus 
seinem Schauspiel hatte Schiller zwei Stellen schon im 
November 1780 indem „Versuch über den Zusammen 
hang der tierischen Natur des Menschen mit seiner 
geistigen“ drucken lassen. Die Drucklegung des ganzen 
Werkes, im März und April 1781, scheint aber dann 
noch zu einer Vorausgabe geführt zu haben, die wir
	        
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