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Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 15 
kleinen Minaturen, Gent-Brügge, nach 1500, Kleinoktav, 
Fr. 49.200. 
Einbände. Nr. 52, Polybius-Manuskript des Oonnetable 
Anne de Montmorency, Fr. 19.600; Nr. 56, Bern. Daniello, 
La Poetica, 1536, mit Emblemen des Demetrius Canevarius, 
Leibarzt Urbans VIIJ., Fr. 14.100; Nr. 58, Instruktionen des 
Marino Grimani Venedig, 16. Jh„ Fr. 40.200; Nr. 60, Vene 
zianischer Einband in orientalischem Sti', 16. Jh., Fr. 21.100; 
Nr. 72, Sahir Fargadi, Gedichte im Manuskript, Persien, nach 
1500, Fr. 30.000. * 
Die Geschichte eines Werkes von Peter Vischer. 
Auf dem Umwege über Frankreich erhält man 
Nachricht von einem unbekannten Werke Peter 
Vischers, des großen deutschen Meisters des 16. Jahr 
hunderts. 
Im Museum des Schlosses von Montr,ottier, das 
ein Mäzen, Flerr Mares, der Florimontakademie von 
Annecy in Savoyen testamentarisch vermacht hat, 
befinden sich zwei Basreliefs in Bronze, zwei Friese und 
zwei Giebelfelder. Einer dieser Friese stellt eine von Zen 
tauren verfolgte Volksmasse dar, die eine Furt durch 
watet, der andere zwei nackte Kämpfer, die auf Del 
phinen reiten. Von den zwei Giebelfeldern, in Wappen 
schildern, macht das eine einen Kampf zwischen 
Reitern und Männern zu Fuß in einem Flusse ersicht 
lich; das andere einen Kampf zwischen Männern und 
Zentauren, die wütend aufeinander losgehen. Das 
eine Wappenschild zeigt eine Harpyie, das persönliche 
Abzeichen Kaiser Karl IV.; das andere Schild mit 
dem Wappen der Stadt Nürnberg führte den Kon 
servator des Schloßmuseums Herrn Ser and auf die 
Spur der Herkunft der vier Basreliefs. 
Aus kunstgeschichtlichen Werken wußte man’ 
daß in demselben Jahre, in welchem Kaiser Maxi 
milian sich wegen Ausschmückung seines Grabmals 
in Innsbruck an Peter Vischer wandte, dem berühmten 
Bildhauer und Gießer noch eine zweite Arbeit über 
tragen wurde. Die Fuggers in Augsburg, damals 
die reichsten Bankiers Europas, bestellten bei ihm ein 
prachtvolles Bronzegitter für ihre Grabkapelle in 
der Sankt Annenkirche. Dieses Gitter, das der Nürn 
berger Stadtrat im Jahre 1530 angekauft hatte, 
um damit sein Rathaus zu schmücken, ist unglück 
licherweise 1809 spurlos verschwunden; aber einer 
im Germanischen Museum zh Nürnberg auf bewahrten 
Zeichnung ist zu entnehmen, daß sämtliche Motive 
des Gitters sich auf die dekorative Kunst Oberitajiens 
stützten. 
Von der Kenntnis dieser Tatsachen ausgehend, 
setzte sich Herr Serand mit dem Germanischen Museum 
in Nürnberg in Verbindung und erlangte, daß letzteres 
ihm eine Kopie der erwähnten Zeichnung zukommen 
ließ. Die von dein französischen Gelehrten aufgestellten 
Vergleiche ließen keinen Zweifel mehr aufkommen 
über die Richtigkeit seiner Vermutungen bezüglich 
des deutschen Ursprunges und der Urheberschaft, 
der vier Basreliefs. Seine weiteren Nachforschungen 
enthüllten ihm noch eine merkwürdige, ja geradezu 
abenteuediche Geschichte. 
Wie schon mitgeteilt, bestellten die Fuggers bei 
Peter Vischer das Kapellengitter. Dieser legte ihnen 
einen Plan, vor, den die Fuggers annahmen. Mittler 
weile vollzog sich aber eine Wandlung in dem Künstler, 
der von der Gotik zur italienischen Renaissance über 
ging. Er änderte dementsprechend den ursprünglichen 
Plan des Gitters und vollendete mit Hilfe seiner zw r ei 
Söhne, Peter jun. und Hans, das Werk. Die Erben der 
Brüder Fugger, die inzwischen (1525) gestorben waren, 
verweigerten die Annahme des Gitters, weil es dem 
ersten Plane nicht entsprach. Daraus entwickelte sich 
ein Prozeß, in dessen Verlauf Peter Vischer und als 
bald auch Peter jun. starben. Der überlebende Sohn 
und Bruder Hans Vischer erhielt von den Erben Fugger 
eine Entschädigung und verblieb im Besitze des Gitters, 
das er ein Jahr später (1530) an die Ratsherren von 
Nürnberg verkaufte, die das Werk für den großen 
Rathaussaal bestimmten. Dieser neuen Verwendung 
entsprechend hatte Hans Änderungen vorzunebmen, 
die 1540 beendigt waren. 
Nach der Schlacht von Austerlitz wurde auf Grund 
des Preßburger Vertrages die Freistadt Nürnberg 
Bayern zugeschlagen. Das Gitter mußte entfernt 
und als „altes Metall“ verkauft werden. Es wurde 
in 168 Teile zerlegt. Um zumindest ein Andenken an 
das Kunstwerk zu bewahren, nahmen mehrere Kenner, 
Künstler und Liebhaber eine Zeichnung davon. 1806 
wurden die Bestandteile einem Kaufmanne von Fürth 
verkauft, der sie an einen Nürnberger abgab, welcher 
seinerseits wieder das Metall nach Frankreich schaffen 
ließ, wo Bronze für die Kanonen, deren die napoleo- 
nische Armee bedurfte, ein gesuchter Artikel war. 
In Frankreich brachte der Kanonengießer Frerejean 
aus Lyon die Gitterstücke an sich. Überrascht von der 
Schönheit der vier Basreliefs, konnte er sich nicht ent 
schließen, alle umzugießen, bewahrte die Basreliefs, 
die dann Herr Leon Mares erbte und nach dem Museum 
seines Schlosses in Montrottier übertragen ließ, wo 
sie endlich die Aufmerksamkeit eines Fachkundigen 
erregten, der ihren Spuren mit Erfolg nachging. 
Die Entdeckung Serands ist nicht bloß von all 
gemeiner künstlerischer Bedeutung, da der Name Peter 
Vischer sich an sie knüpft; sie hat für Frankreich eine 
besondere Wichtigkeit, weil dieses Land von Vischer- 
schen Schöpfungen sich bisher nur des Besitzes kleiner 
Porträtbüsten des alten Künstlers (im Louvre) und 
einer Plakette „Orpheus und Eurydike“ von Peter jun. 
(in einer privaten Sammlung) bewußt war. 
Das G-ermanische Museum in Nürnberg hat bereits 
einen hohen Preis für die vier Basreliefs geboten, 
aber die Franzosen geben natürlich die Prachtstücke 
nicht her, abgesehen davon, daß eine Veräußerung 
durch die Widmungsurkunde formell untersagt ist. 
Chronik. 
BIBLIOPHILIE. 
(Ein Fund aus dem Goethekreis.) Der Bssuch der 
Kaiserin Mutter Maria Feodorowna von R i3 and iti Wei 
mar, der Mutter der E:bgroßherzogin, hat Goethe bekannt 
lich mit einem Mtsksnzuge gefeiert, bei der er selbst der Chor 
führer war Und als solcher am meisten von all den vielen Dar 
stellern zu sp-schsn hatte. Nun hat Phi.ipp Rath eine kleine 
Schrift gefunden, die in keiner bekannten Goethebibliothek 
vorhanden ist und die ein zweites, bei diesem Besuch aufge- 
führtes Festspiel enthä't, mit denselben, darin aufgeführten 
Personen wie im Masksnzuge, nur nicht so vielen, wenn auch
	        
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