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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 17
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Die Ausstellung der Altkunsthändler.
Von den Veranstaltungen im Rahmen der Theater-,
Konzert- und Kinomesse nimmt das Interesse des
Kunstfreundes und Sammlers in erster Linie die Aus
stellung der Altkunsthändler in Anspruch, die
im Sankt Lukas-Saale des Künstlerhauses
(Eingang von der Akademiestraße) eine würdige Unter
kunft gefunden hat.
Ein stilvolles Plakat mit einer Amphora, von der
Künstlerhand des Malers Carlo Graupa entworfen,
dient dem Besucher als Wegweiser zu dem Saale, den
der feine Geschmack Graupas zu einer wahren Sehens
würdigkeit gestaltet hat. Die Raumkunst feiert hier
einen seltenen Triumph: es wird augenfällig, welch
großartige Wirkungen ein sicheres und zweckbewußtes
Arrangement zu erzielen vermag. Fünfzehn Kojen, ge
füllt mit köstlicher Habe, breiten sich vor uns aus,
aber man empfängt durchaus nicht den Eindruck
einer großen Warenhalle, man fühlt sich förmlich in
ein Museum versetzt, wo die segensreiche Himmels
tochter, Ordnung, waltet. Und wie das Gesamtbild, so
auch die Wirkung im einzelnen. Die Kojen, die durch
eine Draperie aus grünem Samt miteinander, verbunden
sind, heimeln durch den Geschmack und die Eleganz
an, mit denen sie ausgestattet sind. Auch hier nirgends
der Eindruck der Überladenheit, obwohl der Raum
sehr gut ausgenützt ist und sich in jeder Koje eine
recht ansehnliche Zahl von Bildern und Kunstgegen
ständen befindet. In nuce, eine Ausstellung, die eine
vorteilhafte Vorstellung von der Leistungsfähigkeit
des Wiener Antiquitätenhandels gibt und den Veran
staltern alle Ehre macht.
Rechts vom Eingänge des Saales grüßt uns die
Tafel der Sanct Lucas-Galerie, die einen sehr
sehenswerten Ausschnitt aus ihren Beständen an
Kunstwerken bietet. Dieselbe Mannigfaltigkeit, wie bei
ihren sonstigen Ausstellungen. Unter den Gemälden
fallen zunächst die prächtigen Primitiven ins Auge:
älteste niederländische Kunst wetteifert mit den frühe
sten französischen Meistern. Besonders möchten wir
„Die Vermählung Mariens“ hervorheben, die holländi
scher Provenienz ist und um 1420 zu datieren wäre.
Br oncino, der noch in den Traditionen der Primitiven
wurzelt, erscheint mit einer Darstellung von „Venus
und Amor", der Meister von Flemale ist durch eine
Madonna vertreten. Von Holländern nennen wir
Honthorst, dessen „Geigenspieler“ ein Gegenstück
zu der aus Reproduktionen bekannten „Lautenspiele
rin" ist. Hondecoeter gibt seinem „Hühnerhof“
durch den einbrechenden Habicht dramatisches Leben.
An Guido Reni gemahnt ein „Ecce homo", wie denn
überhaupt die italienischen Schulen ausgezeichnet. re
präsentiert sind. Ein Porträt Philipp des Schönen weist
alle Vorzüge der Tizian-Schule auf, eine „Bekehrung“
spiegelt die Art des Bassano wieder. Von packender
Wirkung ist das Gemälde „Cäsars Tod" des Kremser-
Schmidt, eines der besten Profanbilder des Meisters.
In „Golgatha‘4 finden wir Emanuel Mozart auf den
Spuren Breughels, dem er vielfach nicht nachsteht.
Die Landschaft hat unter andern in Köninck und
Cagnard, einem Barbinzon-Schüler, treffliche Reprä
sentanten. Ein Frauenporträt von Bray trägt die
Marke der berühmten Galerie Kaunitz. Die Darge
stellte scheint ein Mitglied der Familie Kaunitz-Metter
nich zu sein. Von modernen Meistern seien erwähnt:
Kaulbach (Pastellporträt), Rudolf von Alt („Belag-
gio“ und „Monreale") u a.
Eine Reihe vorzüglicher alter Skulpturen aus Holz
und Elfenbein geben den Gemälden ein hübsches
Relief. Wir finden eine gotische Pieta, einen Christus
in spanischer Renaissance, eine „Büßende Magdalena“,
von Johann Schmidt, demVater des Kremser-Schmidt,
usw. Von den Porzellanen sei auf ein Prachtstück hin
gewiesen, eine Vase aus Royal Sevres von Triot, das
mit dem. Bildnisse des jungen Napoleon geziert ist.
Es war dies ein Geschenk des Kaisers an Josefine
Beauharnais und stammt aus dem Nachlasse des
Herzogs von Leuchtenberg.
Von der Galerie Sanct Lucas wendet sich unser
Blick auf die gegenüberliegende Koje der Antiquitäten
firma Richard Klein. Hier werden wir durch eine
Kollektion von Miniaturen gefesselt,die ein eingehenderes
Studium verdienen. Gabriel v. Max ist mit einem
prachtvollen Vollbild „Rheingold“ vertreten Franz
v. Lenbach mit einem Selbstporträt, das aus herzog
lichem Besitz den Weg hierher gefunden hat. Gute
Gläser und Porzellane vervollständigen die Ausstellung
und machen den Besuch der Koje lohnenswert.
Franz Wipfls Koje wird durch Jordaens „Bohnen
königsfest“ mit Leben erfüllt. Dieses buntbewegte Bild
ist ein Museumsstück und sollte seinen Platz in einer
öffentlichen Sammlung finden. Interessant ist auch
ein Altarbild von Abraham van Diepenbeeck. Die
Spezialität der Firma scheint aber in den Bronzen zu
liegen, deren sie eine gute Auswahl bietet. Neben chine
sischen Bronzevasen müssen wir das Augenmerk auf
die Statuette der Dubarry lenken, die auf einem Mar
morsockel. ruht. Ein deutscher Renaissancekasten und
Möbel aus einer Zeit Maria Theresias komplettieren die
Exposition.
Die Ausstellung der Firma Heinrich Fischer
gipfelt in zwei reizenden Bildchen, die sie mit Recht
Boucher zu weist. Bemerkenswert sind auch zwei
flämische Bilder aus dem 18. Jahrhundert, wie ein
Christus aus einer älteren italienischen Schule. Unter
den Miniaturen stehen die Arbeiten Peters hervor,
die auch signiert sind. Den. sonstigen Inhalt der Koje
bilden Porzellane verschiedener Manufakturen, Bronzen,
Teppiche, ein holländischer Paravent, Barockstühle
und türkische Waffen.
Edwin Groß mann führt uns ein entzückendes
Alt-Wiener Interieur vor, in dem auch der schmetternde
Kanarienvogel nicht fehlt. Der Tisch ist einladend
mit Alt-Wiener Porzellan gedeckt, ein Klavier aus dem
Etablissement Konrad Graff sorgt für die Tafelmusik.
Eine Sehenswürdigkeit für sich bildet die Koje
des Heinrich Satori. Auf den prachtvollen Maria
Theresia-Möbeln sind Alt-Wiener Porzellane und Kost
barkeiten aus. Renaissance- und Empiresilber zu
harmonischer Wirkung geeint. Bilder von Meistern
wie Waldmüller, Miereveldt, Simon de Vos,
Tenniers, Hoppner und Wegner, Miniaturen von
Füger und Dulmont geben den Wandschmuck ab.
Leopoldine Bradacek, die besonders antike Möbel
kultiviert, bringt einen Intarsienschrank aus der
Maria Theresien-Zeit von ungewöhnlich aparter Form,
eine Original-Louis-XVI.-Garnitur, selten schöne Ba
rockvitrinen, zw'ei Vortragsfahnenstangen als Sänften
montiert und andere interessante Stücke.
R. Königsfest führt sich mit seltenen orientali
schen Teppichen, Waffen und indischen Möbeln gut ein.
A. J. Loibl bietet eine mit Geschmack zusammen
gestellte Sammlung von Werken der Malerei ver
schiedener Epochen. Das Hauptstück ist das große
Gemälde „Goethe am Hofe Karl Augusts von Weimar"
von Pa echt. Eine Handzeichnung hält die charakte
ristischen Köpfe fest und erleichtert so auf dem Ge
mälde die Auffindung der Persönlichkeiten, die dem
kleinen Fürstenhofe ein besonderes Lustre aufgedrückt