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Inter nationale Sammler - Zei tung
die reichen Bestände griechischer und ganz besonders
römischer Kaisermiinzen. Gerade auf diesem Gebiete
ist durch die Erwerbung der Sammlungen einer Gruppe
von Wiener Spezialsammlern (Voetter, Rhode u. a.),
die unter der geistigen Leitung Missongs das Gebiet
der römischen Kaisermünzen planmäßig erforschten,
eine Spezialität von umfassender Bedeutung geschaffen.
Die Bundessammlung von Medaillen, modernen
Münzen und Geldzeichen ist die größte Sammlung
alpenländischer Mittelaltermünzen und von Geprägen
der alten österreichischen Monarchie. Sie ist ferner
besonders hervorragend durch, seltene und vielfältige
Serien von Münzen des 18. Jahrhunderts, die durch
die gleichzeitigen Habsburger zusammengetragen
wurden. Neben der österreichischen Medaille ist eben
falls die Medaille des 18. Jahrhunderts sehr gut ver
treten und die Medaille im Hinblick auf die Kultur
geschichte planmäßig gesammelt. Dazu ist als jüngster
Bestand eine schon recht bemerkenswerte Kollektion
von Geldzeichen, namentlich aus der letzten Zeit
getreten. Der großen, mehrere 100.000 Stück umfassen
den Depotsammlung sind zwei Schausäle mit über
7000 ausgestellten Objekten eingefügt.
Im Hauptmünzamte, Am Heumarkt 1, be
findet sich die sehr bedeutende, leider fast unzugäng
liche Sammlung von Stempeln und Punzen, die für
die Geschichte der Münztechnik sehr wichtig und auf
schlußreich ist. Die Stadt Wien besitzt im Rathaus
eine reiche Suite von Viennensia in Münzen und
Medaillen und die der Stadt gewidmeten Sammlungen
Spöttl und Scholz.
Der numismatische Lehrapparat der Universität
enthält die für die Geschichte der Medizin sehr inter
essante einzigartige Sammlung Brettauer. Ferner
haben das Theresianum und andere Lehranstalten
mehr oder minder bedeutende Kollektionen, so zum
Beispiel die Handelsakademie, kursierendes Geld.
Von besonderer Bedeutung ist die durch Hü bis
Katalog erschlossene ältere Sammlung des Schotten
stiftes (I., Freyung). Es reihen sich an eine große
Anzahl von Privatsammlungen, so die riesige Samm-.
lung des Hauptmannes Hollschek, die altberühmte
Sammlung Coburg, die sehr reichhaltige, aber leider
nicht zugängliche, Sammlung des Marquis Hohen-
kubin, die Arsazidensammlung Petrovits, die große
Römer- und Kärntner Sammlung Trau, die Tiroler
Sammlung Scherer, die modernen Medaillen des
Herrn Kaiser, die würdigen Nachfolger der berühmten
alten Sammlungen Maretich, Walcher, Weltzl
von Wellenheim, Miller von Aichholz usw. usw.
In der letzten Zeit sind zu den alten Metallgeld
sammlungen mehrere recht bedeutende Sammlungen
von Notgeld und anderen Papiergeldzeichen getreten.
Die Bestrebungen der Numismatiker, Sammler
und Forscher sind vereinigt in der schon ö0 Jahre
bestehenden Numismatischen Gesellschaft, die durch
Zusammenkünfte, regelmäßige Vorträge, Herausgabe
einer Jahreszeitschrift und von monatlichen Mit
teilungen für die Pflege der Numismatik sorgt. Von
alters her ist Wien der Sitz einer bedeutenden Medaillen
schöpfung gewesen, die in erster Linie von der Medailleur
akademie des Hauptmünzamtes ihren Ausgang ge
nommen hat, jetzt aber zum größten Teil durch frei
schaffende Künstler besorgt ward. Eine große Auswahl
der Gepräge des Hauptmünzamtes wird durch die
Staatsdruckerei vertrieben und ist frei käuflich,
während die Erzeugnisse der Künstler von diesen selbst
oder durch Vermittlung der Künstlervereinigungen
gekauft werden können. Im übrigen sorgt für Medaillen
und Münzen der in Wien schon seit langem ansässige
Kunsthandel; zu den bekannten Firmen Brüder
Egger, I., Opernring 7, D. Kallai, I., Lobkowitz-
platz 3, WilhelmTrinks, 1., Lugeck 7, und Dr.F. Walla,
I., Mölkerbastei 12, sind in letzter Zeit auch die
Auktionen des Dorotheums getreten, die großen Anklang
finden.
Die Büchermesse
Von Dr. Lothar Ring.
Wenn vor Jahren außerhalb der schwarzgelben
Grenzpfähle irgendwo das Wort ‘„Wien“ erklang, so
stellte sich als unmittelbare. Ideenverbindung die Vor
stellung lukullischer Genüsse, schöner Frauen und
leichtbeschwdngter Walzermusik ein. Die Götterdämme
rung, die der Umsturz über das Capuä der Geister
verhängte, hat in diesen Belangen nur wenig ver
ändert. Noch gibt es hier — für valutafeste Fremde
notabene — reichliche Mahlzeiten, noch blüht ein
wundersamer Frauenflor im sonnigen Frühherbst der
festlichen Stadt, und allenthalben ertönt — soferne
nicht gerade ein Musikerstreik ausbricht — fröhliche
Musik und lockt und wirbt in hundert schmeichelnden
Melodien, die jedermann geläufig sind, da sie in der
gleichen Weise zu aller Herzen reden.
Freilich der Fremde, der sich nicht all sogleich von
den bunten Farben blenden läßt, der findet auch noch
anderes hier. Eine stille Geistigkeit, die sich nicht
mit schrillen Tönen hinausposaunt, sondern abseits
des lärmenden. Alltags durch die Emanation ihrer
inneren Kraft überaus stark und eindringlich wirkt.
Die Wiener Büchermesse ist, wenn auch nur ein
zeitlich begrenztes, so doch ein höchst stilvolles und
zugleich instruktives Denkmal solchen Geschehens.
Hier hat sich die bescheidene, im Hintergründe stehende
Kunst des Buchgewerbes zu hoher und höchster Blüte
entfaltet. Denn es ist für das Buch durchaus nicht
gleichgültig, in welcher Toilette es erscheint. Nicht
der Prunk allein entscheidet. Kultur, Gediegenheit und
der persönliche Geschmack sind die Dominanten des
modernen Buchgewerbes. Sie alle dienen dem Geiste
des Werkes, das solcherart zum idealen Produkte vor
nehmster Zweckkunst wird.
Der Bibliophile kann an der Wiener Büchermesse
seine helle Freude haben. Hier grüßt ihn ein Formen-
und Ideenreichtum, der in den edel-linearejn Innen
räumen des Schw'eizertraktes der Hofburg eine präch
tige Umrahmung gefunden hat. Stundenlang könnte
man an diesem Orte verweilen, um die wumdervollen
Phantasieprodukte der künstlerisch nachschaffenden
Buchgew-erbler zu genießen. Und so überfliegt man
bei der Fülle der Gesichte nur Details. Doch auch
diese sind reizvoll: eine entzückende Chinoiserie in
Schwarz und Gold mit Chamoisunterton, auf feinem
Japankarton abgezogen. Das graziöse Ding heißt
„Die Porzellanpagode" und enthält chinesische
.Lyrik in Nachdichtungen von Otto Wolf gang. Er
schien in einer numerierten Ausgabe von 1ÖÖ0 Exem
plaren als Luxusdruck des Gloriette-Verlages in Wien,
Das Werk wurde in seiner gesamten. Ausstattung
von Viktor Leyrer entwürfen, der auch die 64 figuralen
Bild-, Schrift- und Ornamentenseiten in drei Farben
selbst auf den Stein zeichnete.
Eine andere Edition, monumental durch die Idee,
der sie dient. Das im Verlage Ed. Straehe erscheinende
Museion, das den Veröffentlichungen der National-
bibliothek in Wien dient. Von den geistigen Schätzen
der Nationalbibliothek (früher Hofbibliothek) kann