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Internationale Sam mler-Zeit u ng
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sich kaum der Fachmann, geschweige denn der Laie
eine Vorstellung machen. Der antike ägyptische und
griechische Papyrus, die Bücher des antiken Orients,
die mit den sublimenten malerischen Mitteln eines
vertieften religiösen Gefühles geschmückten Schriften
des byzantinischen Mittelalters und der geistlichen
Renaissance bis zu der zu höchster technischen Voll
kommenheit gediehenen Luxusedition unserer Tage
bildet eine Sammlung von überwältigender Vielfalt
und Größe. Die Redaktion des Museion geht nun
daran, unter der Ägide des Strache-Verlages einiges
aus diesem überquellenden Reichtum in Gestalt von
Neudrucken, Studien und kleineren Abhandlungen der
internationalen Öffentlichkeit zu unterbreiten. Guil-
laurne de Lovris: „Der Roman von Rose“, in H. Fahr
manns Übersetzung, neu bearbeitet von Joseph Gregor.
Mit einer Einleitung von Emil Winkler und acht
farbigen Lichtdrucktafeln, nach den Miniaturen der
Handschrift Cod, 2592 des 14. Jahrhunderts, Quart,
und Joseph von Kurz’ ..Teutsche Arien“, heraus
gegeben nach der Handschrift Cod. 12.706-9 von
Max Pirker (zum Subskriptionspreise von Mk. 500,
respektive Mk. 600), sind die ersten erlesenen Früchte
des Unternehmens. Ein soziologisch höchst originelles
Werk des Museions ist Robert Lachs’ mit reizenden
Lichtdrucktafeln gezierte „Geschichte des Gesellschafts
tanzes im 18, Jahrhundert“.
Einige entzückende Mappenwerke mit köstlichen
Originalradierungen von Eggeier (Illustrationen zu
Schnitzlers „Reigen“), Heinrich Revy usw. stellt der
Verlag Frisch & Co. zur Schau.
Mit einer Fülle interessanter und buchtechmsch
glänzender Neuerscheinungen präsentierten sich die
„Wila", der Tal-, Rikola- sowie der Rhombus-Verlag.
Daß die Verleger aus dem Reiche gleichfalls mit den
glänzendsten Editionen vertreten sind, ist bei dem
hohen Niveau des deutschen Büchermarktes eine
Selbstverständlichkeit. Der Wiener Büchermesse mag
es zum höchsten Lobe gereichen, daß sie neben der
deutschen Konkurrenz in allen Ehren bestehen kann,
Unsere Uhrensammlungen.
Von Alexander Grosz.
„Vieles Sammeln ist nicht schwer, schönes Sammeln
desto mehr “ Wohl jeder Sammler wird diesen Aus
spruch bestätigen können, besonders aber der Uhren
sammler. Hier kommt es nicht allein auf die Beurteilung
der äußeren Gestaltung, der Dekoration, den jedem
verständigen Auge sonst erkennbaren künstlerischen
äußerlichen Wert des Gegenstandes an. Die Beurteilung
der Uhr nur von dieser allgemeinen Seite aus nähme
der Sammlung den Namen, den man ihr gibt. Eine
Uhr ist doch ein Zeitmesser und besteht nicht nur aus
einem Gehäuse, sondern auch aus einem in diesem
Gehäuse“ eingeschlossenen kleinen, kunstvoll ausge
führten Mechanismus, der ebenso wie das Gehäuse
selbst all den verschiedenen Zeitaltern entsprechenden
Veränderungen, Verschlechterungen oder Verbesserun
gen unterworfen war und die Merkmale seiner Ent
stehungszeit in sich birgt.
Diese Merkmale nun verstehen, beurteilen und
schätzen zu können, ist eine Wissenschaft für sich,
die nur durch liebevolles, jahrelanges, praktisches
Studium der Geschichte der Zeitmeßkunst erworben
werden känn. Das Studium dieser Wissenschaft er
schließt die Kulturgeschichte der Völker aller Zeiten,
es offenbart so schöne, so herrliche Momente mensch
liehen Wissens und Schaffens, daß die Kenntnis der
selben schon an und für sich für all die aufgewendefe
Mühe reich lohnt.
Ein unvollkommenes, sehr schlecht ergänztes, oder
ein Werk, das einer ganz anderen Epoche entspricht
als das zum Gehäuse gehörige, wird beim Uhrenkenner
und -liebhaber einen Zwiespalt hervorrufen, der ihm
den Gegenstand, sei er sonst noch so kostbar, zum
Teil entwertet.
Der Anblick einer schönen antiken Uhr sollte eben
derart auf die Phantasie des denkenden Sammlers ein
wirken, daß er sich auch ganz in das Zeitalter der Uhr
zurückversetzt fühlt, die Vorgänge, die sich bei der
Herstellung derselben abspielten, nieder miterlebt. Um
diesen Eindruck hervorzurufen, ist es nötig, daß Werk
und Gehäuse einheitlich sind, derselben Zeit entstammen
und im großen und ganzen ihr altes Gepräge erhalten
haben, auch wenn einzelnes zum Teil restauriert werden
mußte.
.Wie alle größeren Städte, hat auch Wien eine ganz
stattliche Anzahl Privatsammlungen, die teils den Auf
bau der Uhr im allgemeinen zeigen, teils sich auf eine
bestimmte Art oder eine bestimmte Zeit der einzelnen
Stücke der Sammlung beschränken. Diese Sammlungen
sind natürlich nur schwer und nicht immer zugänglich.
Ich selbst besitze auch eine Sammlung interessanter,
hübscher Uhren aller Epochen, die ich, soweit es meine
Zeit erlaubt, ganz gerne bereit bin, den sich dafür
interessierenden Messebesuchern zu zeigen und zu
erklären.
In unseren Museen besitzen wir ganz hervor
ragende Uhrensammlungen, die Stücke von unschätz
barem Werte aufweisen. An erster Stelle wäre wohl da
das Kunsthistorische Staats- (früher Hof-)Museum
am Burgring, das uns im Hochparterre, Saal XVIII,
das Schönste des Schönen bietet. Eine Anzahl auser
lesenster Stücke der Renaissance, des XVI. bis XVIlL
Jahrhunderts, kleine Turmuhren in feuervergoldeter
Bronze, darunter die berühmte sogenannte Schatz
kammeruhr des Jeremias Metzker, Augsburg 1560,
Automatenuhreu, astronomische Uhren, Sonnenuhren,
Astrolabien, Horoskope, Taschenuhren in jedweder
Form der Renaissance bis zum 18. Jahrhundert, eine
kleine Totenkopfuhr, herrliche emaillierte und mit
Steinen belegte Uhren des 17. Jahrhunderts, alles in
einer künstlerischen Ausführung und prachtvollen Er
haltung, die das Entzücken jedes Kenners und auch
Laien bilden. Der größte Teil stammt aus dem Familien
besitze der jeweiligen Regenten, wurde nur wenig be
rührt und restauriert, daher auch seine einzig gute
Erhaltung. Nur schwer trennen wir uns von diesem
Saale des Museums, das auch in den nebenanliegenden
Räumen das Schönste vom Schönen der. Gold- und
Silberschmiede und Edelsteinschleifkunst zeigen kann.
Versäumen wir auch nicht, die jetzt zugänglichen
Wohn-, Empfangs- und Zeremoniensäle der ehemaligen
Hofburg zu besichtigen und die dort befindlichen Uhren
anzusehen, von welchen die älteren Datums kostbare
und interessante Stücke aufweisen. Unter diesen nimmt
die große Uhr Maria Theresias einen hervorragenden
Rang ein. Dieses Wunderwerk der Uhrmacherkunst
wurde von Ludwig Knaus irr Darmstadt 1761 ange
fertigt und war ein Geschenk des Herzogs von Hessen-
Darmstadt an Maria Theresia zu ihrer silbernen Hoch-
zeitsfeier.
Eine große Sehenswürdigkeit ist das erst vor kurzem
eröffnete Uhrenmuseum der Stadt Wien, das iji