Seite 212 Internationale Sammler-Zeitung Nr. 19
darstellungen. Die Jagd hat zu jeder Zeit die Kunst
interessiert. Es finden sich deshalb sowohl kostbare
Originalzeichnungen des 16. bis 19. Jahrhunderts
als auch Kupferstiche aller Art aus demselben Zeit
raum. Es fehlt nicht ein herrlicher Abdruck des Hubertus
von Dürer oder die seltene große Löwenjagd von Rem-
brandt. Es finden sich die wundervollen Jagdfolgen
Ridingers und unter den Zeichnungen manches
qualitätreiche und seltene deutsche Blatt aus dem
16. Jahrhundert. Niemals aber hat es umfangreichere
Produktion von Jagdbildern gegeben wie im England
des 18. und 19. Jahrhunderts, und diese farbigen
englischen . Schabkunstblätter und Aquatintablätter
von und nach Alken, Bunbury, Davis, Eariom, Harris,
Hoppner, Hunt, Morland, Northkote, Pollard, S. W.
und I. Reynolds, Rowlandson, Smith, Stubbs, Suther
land, Turner, I. und W. Ward, Wolstenholme, Woollett
bilden bei weitem die wertvollste Grüppe der Samm
lung. Es kann hinzugefügt werden, daß diese 1100 bis
400 farbigen englischen Blätter sich fast ausnahmslos
in tadellosen frühen Abdrucken vorfinden, wie sie
nur ganz vereinzelt sonst einmal in Deutschland vor-
zukommen pflegen und auch in England selten
sind.
Eine Besonderheit bildet eine kleine Abteilung
von englischen Originalaquarellen von Alken,
Hills und Rowlandson, die selbst in ihrem Heimatland
zu den größten Seltenheiten zählen. Endlich beschreibt
der Katalog noch eine Sammlung von etwa dreißig
persischen Miniaturen verschiedener Jahrhunderte
mit Jagddarstellungen, die allein schon eine .kostbare
kleine Sammlung für sich ausmachen, da sich ganz
frühe Blätter darunter finden.
Die Versteigerung findet am 11. und 12. November
statt. Der Katalog, ein reiches Bilderbuch seiner Art,
mit nicht weniger als fünf Farbendrucken und sieben
undsechzig Lichtdruck- und Autotypietafeln, kostet
Mk. 50 —, Man wende sich deshalb unter Einsendung
des Betrages an C. G. Boerner, Leipzig, Universitäts
straße 26.
Chronik.
BIBLIOPHILIE.
(Eine j apan-Bibliothek.) Die bedeutendste Bibliothek
auf dem gesamten Gebiet des Kunstgewerbes und der Künste
Japans kommt in den Handel. Das Antiquariat Graupe in
Berlin hat sie.aus dem Nachlaß des verstorbenen japanischen
Generalkonsuls Gustav J aco by, dessen Arbeiten über Schwert
zierarten und Waffen Alt-Japans in Fachkreisen hochgeschätzt
sind, übernommen. -
(Bismarcks dritter Band.) Die seit' Jahren heiß-
umstrittene Herausgabe des dritten Bandes von Bismarcks
Gedanken und Erinnerungen ist, nunmehr erfolgt. ; Die bei
Cotta erschienene erste Auflage in der Höhe von 200.000
Exemplaren ist. schon vergriffen. Es befindet sich jedoch
ein. Neudruck in großer Auflage unter der Presse, der im
November ausgegeben wird.
BILDER.
(Ein angeblicher Rembrandt.) Kürzlich machte die
Nachricht von einem neuentdeckten Rembrandt die Runde
durch die Presse, den angeblich Herr Kronig, der vor Jahren
einmal eine kurze Zeit das Museum in Haarlem geleitet hat, in
der Hauptsache aber Zögling und Adept von Dr. Bredius im
Haag ist, in der Galerie Doria in Rom gefunden haben will.
Wie deutsche Kenner inzwischen festgestellt haben, kann von
einer berechtigten Zuschreibung des bisher dem Bernardo
Strozzi zugewiesenen Porträts eines, bärtigen Greises an Rem
brandt keine Rede sein.
GRAPHIK.
(Neue Arbeiten von Slevogt.) Max Slevogt. hat
mehrere graphische Folgen vollendet, die im kommenden
Winter bei Bruno Cassirer erscheinen sollen. Es sind Illustra
tionen zur Anabasis des Xenöphon, .32 Federlithographien, die
in das unter dem Titel „Die tapferen Zehntausend“ erschei
nende Buch eingedruckt werden, 57 Lithographien zu dem
Märchen „Die Insel Wak“ und 42 Zeichnungen zu Kinder-
liedern, Tierfabeln und Sagen, die Ö. Bangemann unter
Slevogts Aufsicht in Holz geschnitten hat.
(„Reichsdrucke.“) P. W. schreibt in der „Frankfurter
Zeitring“: Während des Krieges bat mich einmal ein Mann
aus dem Berliner Osten, eine’ Sammlung von Kupferstichen,
Radierungen und Holzschnitten anzusehen, die er aus einem
Nachlaß, ich glaube, es war der Nachlaß eines Juristen, be
kommen hatte. Er, der nur entfernte Beziehungen zu Kunst
hatte, wußte nicht recht, was es für eine Bewandtnis habe mit
den vielen hundert Blättern, die ihm da in zehn und mehr
Mappen wohlgeordnet zugefallen waren. Nach einem sorgfältig
geführten Verzeichnis waren es die schönsten und bedeutendsten
Holzschnitte und Stiche von Dürer, Cranach, Holbein, Rem
brandt, Beham, Graf, Bruegel und vielen anderen; deutsche,
französische und niederländische Meister der Graphik von
einigen primitiven Holzschneidern an bis zu Chodowiecki-
waren in vorzüglicher Auswahl und guten Drucken vertreten.
Daß es Originale nicht sein konnten, wußte der Mann immerhin,
denn daß einen) eine-so lückenlose Folge der besten Meister
werke der Graphik in den Schoß fallen würde, wäre phan
tastisch gewesen. Ich zeigte ihm denn auf der Rückseite der
Blätter einen kleinen, runden Stempel mit dem Aufdruck:
„Faksimilereproduktion der Reichsdruckerei“. Vor etwa
40 Jahren hat nämlich die Reichsdruckerei nach Anweisungen
von Lippmann, dem damaligen Direktor des Berliner Kupfer
stichkabinetts, begonnen, eine große Folge von etwa 800 Blät
tern alter Graphik in technisch vollendeter Wiedergabe heraus
zubringen. Diese Drucke waren so vollkommen, wie überhaupt
Reproduktionen sein können; sie waren so originalgetreu, daß
man sich, um Mißbrauch zu verhüten, entschließen mußte,
auf der Rückseite jenen kleinen Stempel aufzudrucken. Ur
sprünglich wurden sie nur in Mappen ausgegeben, seit zwanzig
Jahren waren sie aber auch als Einzelblätter (durch die Berliner
Kunsthandlung Amsler & Ruthardt) zu beziehen. Da der
Preis sehr billig war — zwischen 90 Pfennig und drei Mark — so
hatte damit, wie jener Jurist, mancher Kunstfreund Gelegenheit,
sich für wenig Geld eine Art privates Kupferstichkabinett
anzulegen. Leider sind diese Drucke nicht ganz so volkstümlich
geworden, wie sie es verdient hätten. Wozu aber noch immer die
Möglichkeit besteht. Die Reichsdruckerei hat sich nämlich
entschlossen, unter dem Namen „Reichsdrucke“ diese
Graphik wieder herauszugeben, und zwar im eigenen Verlage.
Die Herstellungskosten sind allerdings gestiegen, so daß die
Blätter jetzt zwischen 5 und 200 Mark, die meisten zwischen
15 und 20 Mark kosten. Noch immer also besteht die Möglich
keit auch für die breitesten Massen, diese vorzüglichen, diese
täuschend originalgetreuer! Meisterwerke der Graphik für die
Sammlermappe oder als Wandschmuck zu erwerben.
(Deutsche Graphik im Haag.) Das Museum im Haag
hat unter seinen neuen Erwerbungen auch eine Reihe von
Blättern neuer deutscher Graphik sich gesichert. Besonders
gut sind unter diesen Ankäufen Oskar Kokoschka und Käthe
Kollwitz vertreten.