Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich. *
13. Jahrgang. Wien, 1. Februar 1921. • Nr. 3.
Die Kanstschätze von Kiesheim.
Aus Salzburg wird uns geschrieben:
Nach dem Rummel mit den Kunstschätzen des
Stiftes Nonnberg nun der mit den Schätzen von
Schloß Kiesheim. Seit Wochen bildet es das Tages
gespräch Salzburgs, daß die Sammlungen des ver
storbenen Erzherzogs Ludwig Viktor durch Ver
mittlung eines Pariser Kunsthändlers an ein spanisches
Konsortium, an dessen Spitze ein Herr Evarista San
Sagaseta, steht, um den. Betrag von einer Million
Schweizer Franken verkauft wurden. Es will hier
niemanden in den Sinn, daß die Abwanderung der
Schätze ins Ausland nicht verhindert wurde. Vom
Finanzministerium weiß man es längst, daß es keine
Hemmungen kennt, wenn es sich darum handelt,
„Geldquellen“ zu erschließen — von ihm wird ja bekannt
lich sogar der Verkauf der herrlichen Gobelins des
Kaiserhauses aufs emsigste betrieben — aber der Landes
rat und das Staatsdenkmalamt, so glaubt man wenig
stens, hätten eine andere Aufgabe, als zu jeder Ver
schleppung von Kunstbesitz Ja und Amen zu sagen.
Diese müßten, sollte man meinen, die getreuen Hüter
unserer Kunstschätze sein, nicht aber, wie es leider
geschehen ist, selbst die Hand dazu bieten, daß unser
so schwer heimgesuchtes Vaterland noch mehr ver
arme. Der Landesrat hat den wohl berechtigten An
griffen der Lokalblätter eine Erklärung entgegen
gesetzt, in der das Hauptgewicht auf den Umstand
gelegt wird, daß es nicht das Land Salzburg, sondern
die nicht näher bezeichnete Erbin des Erzherzogs war,
welche die Kunstschätze von Kiesheim, die eine
Attraktion des Landes zu bilden berufen waren, Herrn
Sagaseta und Konsorten auslieferte. Der springende
Punkt ist aber nicht, wer den Verkauf bewerkstelligt,
sondern daß er mit Zustimmung des Staatsdenkmal
amtes und des Landesrates erfolgte. Daß die Erbin
die Gegenstände so gut als möglich an den Mann zu
bringen bemüht war, ist von ihrem Standpunkt zu ver
stehen und zu entschuldigen, nicht so aber das Vor
gehen des Landesrates. Der hätte schon aus landes
patriotischen Gründen sein kräftigstes Veto gegen
den Handel einlegen müssen. Man fragt sich hier,
ob Land und Stadt nicht mehr davon gehabt hätten,
wenn die Sammlungen dem Lande erhalten worden
wären, als von dem „perzentuellen Anteil an
dem Kauferlös“, den sich das Landesamt, wie es
in der Erklärung ohne Scheu zugibt, gesichert hat.
Wie recht hat der Verein für Heimatschutz, wenn er
in seinem Protest gegen diesen Verkauf sagt: „Vor
allem muß der Verein seinem Bedauern Ausdruck
verleihen, daß Kreise, welche in der Wahrung ideeller
Güter unserer gefühlsarmen Zeit vorangehen sollten,
diesen Weg der Bargeldbeschaffung eingeschlagen
haben, noch dazu in einer Weise, auf die unwieder
bringliche Werte verschleudert wurden."
Wenn es einen Trost in der Sache gibt, so ist es der,
daß die Firma Sagaseta nicht alles, was der Prachtbau
Fischer von Erlachs in Kiesheim an Kostbarkeiten
barg, ins Ausland bringt. Nein, Sagaseta prüfte alles
und behielt das Beste, wozu unter vielem anderen
ein reizender Isabey, ein Gainsborough, die wunder
volle Kassette, die Napoleon I. seiner Braut, der Erz
herzogin Maria Louise, zum Geschenk gemacht hatte,
prachtvolle Fayencen, sieben Kassetten mit Gold
bestecken, Silbergeräte gehörten, aber so manches,
was namentlich für Österreich von Wert ist, wurde
ausgeschieden und wird im Mai d. J. im Dorotheum
in Wien versteigert werden und vielleicht auch, so
wollen wir es wenigstens hoffen, in Wien, beziehungs
weise in Österreich bleiben.
In erster Linie sind es Bilder österreichischer Maler,
die in Wien unter den Hammer kommen sollen, allem
voran die Waldmüller, die den Stolz des Erzherzogs
Ludwig Viktor bildeten. Es sind deren vier, und zwar
das Porträt des Kaisers Franz, „Mutter und Kinder“,
„Alte Frau“ und ein Blumenstilleben. Der Schätzwert
der vier Gemälde, die aus der besten Zeit des Künstlers
stammen, beträgt 2,600.000 Kronen. Von Peter Fendi
befinden sich die Gemälde „Sklavin“ und „Mönche“
sowie die Skizze des kleinen Erzherzogs Franz, des
späteren Kaisers Franz Josef. Erzherzog' Ludwig-
Viktor hatte sie vor Jahren in Wien bei einer Auktion
um 200 Kronen erstanden; heute wird sie mit 10.000
Kronen bewertet und wird vielleicht noch mehr er
zielen.
Wir finden unter den Bildern, die nach Wien
kommen sollen, weiters einen Bassano (Junge
Italienerin), einen Defregger (Dirndl), einen Bürkel
(Schmied in Winterlandschaft), einen Tischbein
(Römische Ruine), einen Marko (Ideale Landschaft),
ein Stilleben von F. X. Petter, einen Gabriel Max
(Mädchen mit Veilchen), Stilleben von Preyer und
Schödl, einen Ranftl (Kinder und Kutschpferd) usw.
Stark ist das Familienporträt in der Sammlung des
Erzherzogs Ludwig Viktor vertreten. Wir begegnen
da einer Miniatur des zweijährigen Franz Josef von
Leopold Lieb, einen übermalten Stich von Franz
Josef als Kind, ein Bildnis eines Erzherzogs Karl
Ludwig von Johann Baptist Lampi, Porträts von